Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

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dürsen, vorausgesetzt, daß sie reichliches und nahr- 
haftes Futter erhalten und daß die Hiße nicht 
sehr drückend ist, namentlich die Sonne nicht zu 
heiß niederbrennt.“ 
Er berechnet dann seinerseits die Aequivalenz der 
Leistungsfähigkeit des Elefanten und schließt folgen- 
dermaßen: 
„Entweder der Weg muß kurz oder die Last 
muß gering sein; weite Strecken und große Lasten 
zugleich gehen selbst über die Kräfte des Elefanten. 
Frrthümlicherweise kam man zu dem Ergebniß, 
daß die Dienste eines Elefanten bei Expeditionen 
in Afrika die von etwa 100 und mehr Trägern 
zu ersetzen vermöchten. Man würde aber dem 
Elesanten, da er straßenlose Gebiete und sicherlich 
nicht bloß ebenes festes Gelände zu begehen hätte, 
nur die in Indien ermittelte kleine Bürde zu- 
muthen können, nämlich 350, bestenfalls 500 kg. 
Das wären Lasten, welche 14 bis 20 Träger be- 
duem fortschaffen können. Und wenn nun die 
Expedition mit Hülfe des Elefanten auf die Dauer 
im Durchschnitt doppelt so große Tagemärsche 
zurücklegte, wic sie mit Trägern allein sie auszuführen 
vermöchte (es wäre das, da die Mitglieder doch 
größtentheils zu Fuß nebenher zu gehen hätten, 
eine sehr hohe Durchschnittsleistung), so ist schließlich 
die Leistungsfähigkeit eines Elefanten für afrika- 
nische Expeditionen bestenfalls der von 28 bis 
40 Trägern gleich zu achten. Dabei ist immer 
noch vorauszusetzen, daß alle sonstigen Verhälknisse 
sich nicht schwieriger als in Indien gestalten.“ 
Als Vorzug der Elefanten gegenüber ander- 
weitigen Lastthieren wird in dem citirten Bolan- 
schen Werkchen weiter ausgeführt, daß sie auch in 
den feuchten fieberschwangeren Wäldern Mittelafrikas 
aushielten, welche die Verwendung von Kameelen, 
Pferden, Maulthieren und Eseln unmöglich machten 
und den Ochseubetrieb wegen der Tsetsefliege sehr 
einschränkten. Solche Gebiete kommen in der deut- 
schen Kolonie überhaupt nicht in Betracht. 
Was lehren nun die mit Elefanten bisher in 
Ostafrika gemachten Erfahrungen? Es kamen fast 
ausschließlich indische zur Verwendung und zwar in 
drei Fällen in größerer Zahl, denen sich in jüngster 
Zeit ein mit zwei Thieren unternommener Versuch 
anschließt. Die drei ersten Versuche, deren Daten 
der Generalsekretär der deutschen Kolonialgesellschaft?) 
ie zusammengestellt hat, betreffen 
. die englische Expedition nach Abessinien 
1867/68 
8 
die von Gordon Pascha 1877 nach dem 
Sudan gebrachten Thiere, 
. die ostafrikanische Expedition auf Veranlassung 
des Königs der Belgier 1879/80. 
Im ersten Falle handelte es sich um 44 indische 
Elefanten, die wesentlich den Zwecken der Expedition 
# 
  
Votemeyer: ähmung des afrikanischen Elefanten. 
Lerlh 1891. gah 5“ 
  
selbst dienen sollten. Sie überstanden sowohl den 
Schiffstransport wie den langen Gebirgsweg bis 
Marsala recht gut, wo ihnen namentlich die Beför- 
derung des Artilleriematerials zufiel. Auf der ganzen 
Expedition gingen fünf der Thiere zu Grunde, die 
übrigen 39 kehrten wohlbehalten in ihre Heimath 
zurück. Die tägliche Nation eines Elefanten bekrug 
175 Pfund Hen, 25 Pfund Mehl, 2 Unzen Salz, 
wozu 15 Pfund Brennholz zum Kochen des Mehls 
kamen. 
Die beiden anderen Versuche, größtentheils mit 
indischen Elefanten, sollten der Zähmung ihrer afri- 
kanischen Vettern dienen, einerseits im Sudan, an- 
dererseits am Tanganyika. 1877 schickte Gordon 
vier vom Vizekönig überwlesene indische Elefanten 
nebst einem afrikanischen aus den Gärten von Gesiruh 
nach dem Sudan, wo sie zunächst in Dufli als 
Arbeitsthiere Verwendung fanden. Ihre indischen 
Führer wurden enklassen, nachdem sie die ägyptischen 
Soldaten in der Behandlung unterwiesen hatten. 
Ueber das Schicksal der Thiere verlautete lange Zeit 
nichts. Als Innker 1884 nach Makraks kam, fand 
er dort zwei Elefanten am Leben, die aber nicht 
verwerthet wurden, weil man mit ihnen nicht um- 
zugehen wußte. 
Die ostafrikanische Expedition im Auftrage des 
Königs der Belgier brach mit vier indischen Elefanten 
im Juli 1879 von Dar-es-Saläm auf. Jeder 
Elefant trug 1000 Pfund. In Mpwapwa, wo 
längere Rast gemacht wurde, ging das ersie Thier 
ein, am 23. September folgte weiter im Innern 
das zweite, ohne daß, wie auch bei jenem, eine 
äußere Todesursache erkennbar gewesen wäre; im 
Dezember verstarb in Karema das dritte und end- 
lich im Juni 1880 das vierte und leßte. Als 
wahrscheinlicher Grund des Mißerfolges wurde ge- 
äußert, daß ein verwöhnter indischer Elefant in so 
dürren Gegenden, wie sie auf der Reise zu passiren 
waren, nicht mit den am Wege wachsenden Kräntern 
und schlechtem Trinkwasser zu erhalten sei. 
Aber es ist nicht der Tod allein, welcher bei 
diesen Elefantenexperimenten einen Strich durch die 
Rechnung macht, sondern wie sich auf der gegen- 
wärtigen Reise des Grafen Götzen zeigte, anscheinend 
auch Untauglichkeit überhaupt. Freilich sind darüber 
die Ansichten getheilt. Während Popelin, ein Mit- 
glied der vorgenannten belgischen Expedition, noch 
jenseits Mpwapwa die Ansicht äußerte: „Der Elefant 
ist ein Lastthier par excellence!“, sah sich Graf 
Götzen auf dem Marsche ins Seengebiet noch im 
Küstenlande veranlaßt, seine beiden Thiere (Indier) 
als unbrauchbar zurückzuschicken. Eine definitive 
Aufklärung, worin diese Unbrauchbarkeit bestanden 
hat, ist mir noch nicht bekannt geworden. Einerseits 
hieß es, die Elefanten wären nicht durch den Pangani 
zu bringen gewesen, was sehr unwahrscheinlich ist, 
andererseits meinte man, ihr Besiber habe rechtzeitig 
die Unmöglichkeit eingesehen, mit ihnen die weiten 
Steppen zu durchaueren.
	        
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