Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

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Die bekannteste Tropenrasse ist die der Haussa- 
länder (elwa unter 10° nördl. Br.), die ausschließ- 
lich zum Reiten verwendet wird. Sie vermehrt sich 
nur schwach. Wohltmann bemerkt in seiner Zu- 
sammenstellung tropischer Hausthiere: „Das Haussa- 
Pferd, welches ein Abkömmling der Berberrasse zu 
sein scheint, und in einer groseen und einer ungemein 
ausdauernden kleinen Varietät vertreten ist, ist vielleicht 
neben dem eigentlich arabischen Pferde die einzige 
Rasse, welche für die rein tropischen Kolonien in 
Afrika in Frage kommen kann. Bei guter Haltung 
und rationeller Ernährung ist es daselbst vielleicht 
züchtungs= und leistungsfähig. An die Einführung 
europäischer Pferderassen in den Tropenländern ist 
nicht zu denken, da diese sich nicht derart akklimatisiren, 
daß eine gedeihliche Fortpflanzung möglich wäre.“ 
Ueber die in Togo gemachten Erfahrungen sagt 
eine Denkschrift,“) nachdem sie die fehlgeschlagenen 
Versuche, Esel und Maulthiere einzuführen, erwähnt 
hat: „Am längsten halten sich noch die aus den 
Haussaländern nach der Küste gebrachten kleinen 
Pferdchen, wenn sie in einigermaßen gutem Zustande 
ankommen.“ 
Wirthschaftliche Bedeutung werden Pferde in 
Ostafrika kaum je gewinnen, sicher nicht in der Rich- 
tung, um die es sich hier handelt. Auch als Reit- 
thiere sind gewisse Eselrassen und das Kreuzungs- 
produkt beider, Maulthiere, vorzuziehen, die wir nun 
eingehender zu besprechen haben werden. 
5. Der Esel. 
In wärmeren Ländern, wo man dem Esel eine 
bessere Pflege angedeihen läßt, hat sich derselbe als 
ein leistungsfähiges Packthier erwiesen. Indische 
Berichte geben seine Tragkraft auf 120 bis 160 Pfund 
an; was ihm für die hier behandelte Frage beson- 
dere Bedeutung verleiht, ist der Umstand, daß eine 
ausdauernde Rasse bereits im Lande lebt und zu 
dem gewünschten Zweck schon heute beuußt wird. 
Es ist der graue, mit schwarzem Rückenkreunz ver- 
sehene Waniamwesiesel, den auch die Massai in großen 
Herden halten, weshalb man ihn hier gewöhnlich 
Massaiesel nennt. Auch von Eingeborenenkarawanen 
werden die Thiere zum Elfenbeintransport benupt. 
Die von Europäern zu Reitzwecken mitgebrachten 
Esel gehören meistens der edleren und größeren 
Maskatrasse an; häufig sind auch im Küstenlande 
Kreuzungsprodukte der beiden genannten. Diese haben 
sich nach den Erfahrungen unserer Expedition im 
Binnenlande ausdauernder erwiesen als der reine, 
meist weißsarbige arabische Schlag. 
Der Massaiesel ist hübscher und stärker als sein 
miHachteter deutscher Vetter; im Allgemeinen ist 
er ein genügsames, dabei aber recht stumpssinniges 
Thier. Ich habe ein Paar hier auf der Station, 
die ich bei mehreren Steppenreisen als Packthiere 
verwandte. Sie trugen mannhaft und in gleich- 
*) Deutsches Kolonialblatt 1893, Beilage zu Nr. 24. 
  
mäßigem Tempo ihre Last, aber die Bedächtigkeit 
ihres Marsches hielt die Expedition meistens auf. 
Im Durchschnitt mochten sie 3½ km pro Stunde 
zurücklegen. Versuche, die Thiere zum Reiten zu 
verwenden, scheiterten an eben dieser Langsamkeit. 
Nur durch nachhaltiges Prügeln sind sie in Trab 
oder Galopp zu versetzen, und schon nach kürzester 
Zeit fallen sie wieder in ihren bedächtigen Schritt 
zurück. Mag es auch Ausnahmen geben, so sind 
doch diese Massaiesel durchaus nicht mit der im 
Orient bekannten Rasse bezw. den dortigen Rassen 
zu vergleichen; jene besitzen Kraft mit Munterkeit 
und Schnelligkeit gepaart, unsere allein Kraft. 
Man muß diese Erfahrungen zur Grundlage 
machen, wenn es sich um die Verwerthung der Esel 
zum Gütertransport in ausgedehnterem Maße handelt. 
Bei den noch vor einigen Jahren im Kilimandjaro- 
gebiet häufigen Zusammenstößen mit Massai fielen 
zahlreiche Esel in die Hände der Deutschen. Im 
Februar vorigen Jahres sahen wir mehrere Hundert 
erbeutete Thiere in Tanga ankommen. Da sich 
neuerdings im Lande selbst eine Verwendung ge- 
sunden hat, so hielt man die serner erlangten Esel 
am Kilimandiaro fest, wo nun bezüglich ihrer Leistungs- 
fähigkeit folgende Erfahrungen gesammelt wurden: 
In der Niederung finden sich im Winkel zwischen 
Pangani und Ronga ausgedehnte Ablagerungen eines 
technisch verwendbaren Süßwasserkalkes. Von dort 
bezieht die im Bau begriffene Moschistation ihren 
Kalkbedarf. Zum Transport werden die erbeuteten 
Massaiesel verwendet, worüber mir Kompagnieführer 
Johannes Ende Februnar d. Is. eingehende Mit- 
theilungen machte. Seit dem 15. Oktober 1893 be- 
fanden sich 94 Esel im Dienst, zu denen im Februar 
15 weitere kamen. Von ihnen waren zu gleicher 
Zeit 30 bis 60 mit Kalkholen beschäftigt, während 
die übrigen in Aruscha-tschini ruhten. Jeder Esel 
trug durchschnittlich 120 Pfund Kalk, dazu die aus 
Rinderhäuten gefertigten Tragtaschen. Es kam aber 
auch vor, daß Esel mit 150 Pfund belastet wurden. 
Die gesammte Weglänge von Moschi bis zum Kalk- 
plaßz jenseits Aruscha beträgt rund 50 km. Diese 
wurde von den unbelastet thalwärts marschirenden 
Eseln in zwei Tagen mit Arnscha als RNastsiation 
zurückgelegt. Die beiden Märsche sind sehr ungleich: 
1. Moschi—Aruscha 10 Stunden, 
2. Aruscha—Kalkplaß 3 - 
18 Stunden. 
Beladen brauchten die zurückkehrenden Thiere 
meist vier Tage, deren Marschzeit sich folgendermaßen 
vertheilte: 
1. Kalkplatz—Aruscha 
2. Aruscha—Nyoro (Wassertümpel in 
der Steppe) 
3. Nyoro—Ranfluß 1 event. zusammen- 4 
4. Raufluß — Moschi gezogen 3 
17 Stunden. 
4 Stunden, 
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