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Die bekannteste Tropenrasse ist die der Haussa-
länder (elwa unter 10° nördl. Br.), die ausschließ-
lich zum Reiten verwendet wird. Sie vermehrt sich
nur schwach. Wohltmann bemerkt in seiner Zu-
sammenstellung tropischer Hausthiere: „Das Haussa-
Pferd, welches ein Abkömmling der Berberrasse zu
sein scheint, und in einer groseen und einer ungemein
ausdauernden kleinen Varietät vertreten ist, ist vielleicht
neben dem eigentlich arabischen Pferde die einzige
Rasse, welche für die rein tropischen Kolonien in
Afrika in Frage kommen kann. Bei guter Haltung
und rationeller Ernährung ist es daselbst vielleicht
züchtungs= und leistungsfähig. An die Einführung
europäischer Pferderassen in den Tropenländern ist
nicht zu denken, da diese sich nicht derart akklimatisiren,
daß eine gedeihliche Fortpflanzung möglich wäre.“
Ueber die in Togo gemachten Erfahrungen sagt
eine Denkschrift,“) nachdem sie die fehlgeschlagenen
Versuche, Esel und Maulthiere einzuführen, erwähnt
hat: „Am längsten halten sich noch die aus den
Haussaländern nach der Küste gebrachten kleinen
Pferdchen, wenn sie in einigermaßen gutem Zustande
ankommen.“
Wirthschaftliche Bedeutung werden Pferde in
Ostafrika kaum je gewinnen, sicher nicht in der Rich-
tung, um die es sich hier handelt. Auch als Reit-
thiere sind gewisse Eselrassen und das Kreuzungs-
produkt beider, Maulthiere, vorzuziehen, die wir nun
eingehender zu besprechen haben werden.
5. Der Esel.
In wärmeren Ländern, wo man dem Esel eine
bessere Pflege angedeihen läßt, hat sich derselbe als
ein leistungsfähiges Packthier erwiesen. Indische
Berichte geben seine Tragkraft auf 120 bis 160 Pfund
an; was ihm für die hier behandelte Frage beson-
dere Bedeutung verleiht, ist der Umstand, daß eine
ausdauernde Rasse bereits im Lande lebt und zu
dem gewünschten Zweck schon heute beuußt wird.
Es ist der graue, mit schwarzem Rückenkreunz ver-
sehene Waniamwesiesel, den auch die Massai in großen
Herden halten, weshalb man ihn hier gewöhnlich
Massaiesel nennt. Auch von Eingeborenenkarawanen
werden die Thiere zum Elfenbeintransport benupt.
Die von Europäern zu Reitzwecken mitgebrachten
Esel gehören meistens der edleren und größeren
Maskatrasse an; häufig sind auch im Küstenlande
Kreuzungsprodukte der beiden genannten. Diese haben
sich nach den Erfahrungen unserer Expedition im
Binnenlande ausdauernder erwiesen als der reine,
meist weißsarbige arabische Schlag.
Der Massaiesel ist hübscher und stärker als sein
miHachteter deutscher Vetter; im Allgemeinen ist
er ein genügsames, dabei aber recht stumpssinniges
Thier. Ich habe ein Paar hier auf der Station,
die ich bei mehreren Steppenreisen als Packthiere
verwandte. Sie trugen mannhaft und in gleich-
*) Deutsches Kolonialblatt 1893, Beilage zu Nr. 24.
mäßigem Tempo ihre Last, aber die Bedächtigkeit
ihres Marsches hielt die Expedition meistens auf.
Im Durchschnitt mochten sie 3½ km pro Stunde
zurücklegen. Versuche, die Thiere zum Reiten zu
verwenden, scheiterten an eben dieser Langsamkeit.
Nur durch nachhaltiges Prügeln sind sie in Trab
oder Galopp zu versetzen, und schon nach kürzester
Zeit fallen sie wieder in ihren bedächtigen Schritt
zurück. Mag es auch Ausnahmen geben, so sind
doch diese Massaiesel durchaus nicht mit der im
Orient bekannten Rasse bezw. den dortigen Rassen
zu vergleichen; jene besitzen Kraft mit Munterkeit
und Schnelligkeit gepaart, unsere allein Kraft.
Man muß diese Erfahrungen zur Grundlage
machen, wenn es sich um die Verwerthung der Esel
zum Gütertransport in ausgedehnterem Maße handelt.
Bei den noch vor einigen Jahren im Kilimandjaro-
gebiet häufigen Zusammenstößen mit Massai fielen
zahlreiche Esel in die Hände der Deutschen. Im
Februar vorigen Jahres sahen wir mehrere Hundert
erbeutete Thiere in Tanga ankommen. Da sich
neuerdings im Lande selbst eine Verwendung ge-
sunden hat, so hielt man die serner erlangten Esel
am Kilimandiaro fest, wo nun bezüglich ihrer Leistungs-
fähigkeit folgende Erfahrungen gesammelt wurden:
In der Niederung finden sich im Winkel zwischen
Pangani und Ronga ausgedehnte Ablagerungen eines
technisch verwendbaren Süßwasserkalkes. Von dort
bezieht die im Bau begriffene Moschistation ihren
Kalkbedarf. Zum Transport werden die erbeuteten
Massaiesel verwendet, worüber mir Kompagnieführer
Johannes Ende Februnar d. Is. eingehende Mit-
theilungen machte. Seit dem 15. Oktober 1893 be-
fanden sich 94 Esel im Dienst, zu denen im Februar
15 weitere kamen. Von ihnen waren zu gleicher
Zeit 30 bis 60 mit Kalkholen beschäftigt, während
die übrigen in Aruscha-tschini ruhten. Jeder Esel
trug durchschnittlich 120 Pfund Kalk, dazu die aus
Rinderhäuten gefertigten Tragtaschen. Es kam aber
auch vor, daß Esel mit 150 Pfund belastet wurden.
Die gesammte Weglänge von Moschi bis zum Kalk-
plaßz jenseits Aruscha beträgt rund 50 km. Diese
wurde von den unbelastet thalwärts marschirenden
Eseln in zwei Tagen mit Arnscha als RNastsiation
zurückgelegt. Die beiden Märsche sind sehr ungleich:
1. Moschi—Aruscha 10 Stunden,
2. Aruscha—Kalkplaß 3 -
18 Stunden.
Beladen brauchten die zurückkehrenden Thiere
meist vier Tage, deren Marschzeit sich folgendermaßen
vertheilte:
1. Kalkplatz—Aruscha
2. Aruscha—Nyoro (Wassertümpel in
der Steppe)
3. Nyoro—Ranfluß 1 event. zusammen- 4
4. Raufluß — Moschi gezogen 3
17 Stunden.
4 Stunden,
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