Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

nach — nachdem ich den ganzen unteren Ver- 
bindungspfad vom äußersten Westen bis zum Osten 
begangen und aufgenommen habe — am meisten die 
Stelle, wo er von dem aus der Landschaft Non 
kommenden Bergfluß Rau geschnitten wird. Dies 
ist der einzige Punkt, wo der Weg üppigere Hoch- 
waldvegetation durchschneidet, wo reichliches Wasser 
vorhanden ist, wo sich kulturfähiges Land so tief am 
Bergfuß hinunterzieht und klimatisch zusagende Be- 
dingungen für Europäer zu herrschen scheinen. Es 
ist daher nicht zu verwundern, daß sich hier vor 
wenigen Monaten der erste deutsche Kilimandjaro- 
Kolonist niedergelassen hat. Ich werde den Punkt 
der Kürze halber zukünftig als „Rau“ bezeichnen. 
Von hier wendet sich der gleichnamige Fluß in 
einem nach Nordosten geöffneten Bogen dem Pangani 
zu, in welchen er etwa zwei geographische Meilen 
oberhalb des Ronga einmündet. Alle bisher ge- 
gebenen kartographischen Darstellungen des Fluß- 
laufes (von Höhnel, Meyer, Baumann) sind 
unzutreffend. Der Fluß passirt meistens dichtere 
Baumsteppe, die theilweise den Charakter eincs 
Steppenwaldes annimmt, und bildet eine Meile ober- 
halb seiner Mündung die südliche Begrenzung des 
Kulturlandes von Kahe. 
Halten wir die natürlichen Zwischenpunkte Kahe 
und Rau fest und schließen wir den für die nächste 
Zeit wichtigsten Endpunkt der Kilimandjaro-Küsten- 
straße, die Moschistation, als dritten an, so zerfällt 
die Theilstrecke nach der Einzeichnung auf beigefügtem 
Plane in folgende drei Etappen: 
1. Ronga—Kahe 24 km 
2. Kahe—Rau 27 - 
3. Rau— Moschi 6/2 - 
Es bleibt noch die Tracirung der Route zu er- 
läutern. Ich habe dieselbe von Ronga bis nahe der 
Raumündung aus das linke Panganiufer verlegt, und 
zwar aus folgenden Gründen. Schon früher wurde 
die Wahrscheinlichkeit betont, den Pangani noch ober- 
halb Nonga als Schifffahrtsstraße zu benutzen, und 
ich bin überzeugt, daß dies bis zur Raumündung 
auf keine wesentlichen Schwierigkeiten stößt. Ich 
habe aber bei der jetzigen Rontenaufstellung aus 
gleichfalls früher dargelegten Gründen einstweilen 
von einer Verwerthung dieser Strecke abgesehen, 
wünsche aber, daß die Möglichkeit offen gehalten 
wird. Daher ist es angezeigt, den Fluß nicht durch 
eine Brücke zu sperren und die von ihm ausgehende 
Straße dort beginnen zu lassen, wo elwa die ver- 
längerte Schifffahrt einmal ihr Ende erreichen wird. 
Der Hinblick auf die weitere Entwickelung der Dinge ist 
dann besonders wichtig, wenn es sich wie hier um 
bauliche Anlagen handelt, die ein vorgerückteres 
Stadium entwerthen oder gänzlich werthlos machen 
kann. Das ist das Eine. Der zweile Grund, wes- 
halb die Landstraße nicht dicht bei Ronga bezw. ober- 
halb der Mailejamündung den Pangani überschreitet, 
liegt darin, daß das ganze Dreieck zwischen Ronga 
und Pangani mit Aruscha und weit darüber hinaus 
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in der Regenzeit Ueberschwemmungen unterworfen 
ist. Das linke Ufer des letztgenannten Flusses steigt 
dagegen sogleich zu einer flachen Terrasse an, welche 
dauernd trocken bleibt und durch Vegetation wenig 
oder gar nicht behindert wird. Daß die Straße sich 
weiterhin an den Rau hält, entspricht dem Wasser- 
und Schattenbedürfniß der Karawanen, was der- 
jenige verstehen wird, der tagelange Steppenmärsche 
durch offenes Land hinter sich hat. Nahe westlich 
Kahe, wo die den Rauwald hervorrufende Boden- 
feuchtigkeit nachläßt, ist über den Fluß eine Brücke 
zu schlagen. Dieselbe dient einem doppelten Zweck. 
Einmal gestattet der Uebertritt der Straße auf das 
linke User die allzu starken Flußkrümmungen abzu- 
schneiden, andererseits dürfte sich hier zweckmäßig ein 
Seitenast nach den östlichen Dschaggalandschaften 
Kilema, Marangu u. s. w. abzweigen. Diejenige 
Strecke des jehzigen unteren Verbindungsweges, welche 
von den Flüssen Rau und Dehn eingeschlossen wird, 
ist im ganzen Verlauf desselben die längste, die in 
vorgerückter Trockenzeit kein Wasser hat. Es empfiehlt 
sich schon deshalb, sie beim Küstenverkehr derjenigen 
Landschaften, die nicht darauf angewiesen sind, zu 
vermeiden. Zudem bedeutet die angegebene Seiten- 
verbindung für die ösllichen Gebiete eine erhebliche 
Wegkürzung. Ihr entsprechend müßte am Dehn- 
oder Himoübergang der Ringstraße ein ähnlicher 
Stapelplatz wie in Rau angelegt werden, von dem 
die Interessenten des Ostens ihre Güter abholen 
bezw. zu dem sie sie hinbringen. 
Wie soll nun auf dieser Route durch die 
Kilimandjaroniederung der Gütertrausport bewerk- 
stelligt werden, und wie weit ist dazu ein Ansbau der 
Straße erforderlich? 
Der Wunsch, die vorgeschlagene Küstenverbindung 
des Kilimandjaro nicht von vornherein mit zu hohen 
Anlagekosten zu belasten, läßt mich zunächst nur zur 
Anwendung von Packthieren rathen. Als solche sind 
nach den früheren Ausführungen Maulthiere den 
Eseln vorzuziehen. Für sie brauchte der Weg nur 
in genügender Vreite ausgeschlagen zu werden, eben 
genug ist das Land a priori. Dazu kommt eine 
weitere Erwägung, die ich schon andentete. Es 
schließen sich an den horizontalen Theil der Strecke 
die zum Berge aufsteigenden Seitenwege. Man wird, 
wenn überhaupt die Erschließung des Landes in 
plaumäßiger Weise vor sich gehen soll, diese Berg- 
wege mit möglichst gleichmäßiger und geringer 
Steigung durch Einschaltung von Serpentinen kon- 
struiren. Aber die natürlichen Verhältnisse legen dem 
doch Beschränkungen auf, an die man ohne Kenntniß 
der Oertlichkeit vielleicht nicht denkt. Der ganze 
Berghang wird durch ein sehr differenzirkes Schluchten- 
system zertheilt, so daß zwischen je zwei Rinnen nur 
ein mehr oder minder schmaler Rücken übrig bleibt, 
dessen Breite an den einzelnen Bergseiten allerdings 
sehr verschieden ist. Daher hat man für Seiten- 
biegungen zur Verringerung der Steigung nicht viel 
Raum, wenn nicht kostspielige Brücken eingeschaltet
	        
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