Full text: Deutsches Kolonialblatt. V. Jahrgang, 1894. (5)

Wenn nun das Wildbrennen nur zum Zwecke 
der Urbarmachung des Bodens stattfände oder um 
gute Weiden zu erlangen, so würde man es mit der 
Trägheit der Neger entschuldigen können. Aber weite 
Flächen in nächster Nähe der Küste werden nur in 
Brand gesetzt, um die armseligen paar Antilopen, 
welche dort noch vorhanden sind, besser in Schlingen 
und Fanggruben erlegen zu können. Nach den ab- 
gebrannten Stellen ziehen sich nach der Regenzeit 
die Antilopen wegen des frischen Grases zusammen. 
Die Neger legen dann Dornenzäune, oft mehrere 
Kilometer lang, über die Antilopenwechsel und ver- 
sehen letztere mit Schlingen und Fanggruben. So 
werden vier bis fünf Meilen von Dar-es-Saläm 
alljährlich große Flächen niedergebrannt. Die größeren 
Waldinseln, welche sich gerade hier befinden und viele 
gute Nuthölzer aufweisen, gehen dadurch mehr und 
mehr ihrem Untergange entgegen. Der Wald ver- 
sucht zwar, alljährlich durch natürliche Besamung sein 
Gebiet auszudehnen, aber das Feuer verhindert ihn 
immer wieder daran. Ich habe mich in den beiden 
Jahren meines Aufenthaltes in Afrika oft über den 
kräftigen Jungwuchs, der diese Waldinseln umgab, 
gefreut; fast stets fiel er jedoch dem Feuer zum Opser. 
Selbst die Plantagen, welche wir in unseren Kolonien 
haben, müssen trot ihrer geringen Anzahl schon unter 
den Bränden leiden. So wurden in diesem Jahre 
dem Hotelier Schlunke in Tanga mehrere Tausend 
junger Kokospalmen und der Seehandlung (Perrot 
& Co.) die Schattenbäume für ihren Kaffee zerstört. 
Das Feuer verhindert die Ausbildung von Bau= und 
Nutzholz in den kleineren Waldinseln ebenso, wie es 
in den Galeriewäldern dieselbe beschränkt. Leßtere 
sind ja allerdings durch die größere Feuchtigkeit, 
welche sie von den Flüssen und Bächen beziehen, 
durch die größere Frische der Bodenbedeckung etwas 
mehr gesichert. Ihre Ausdehnung ist aber oft auch 
auf einen schmalen Uferrand beschränkt, der nicht 
mehr hinreicht, um die gewaltige Verdunstung auf 
das erforderliche Maß zu beschränken. Die Ver- 
breitung des Wildbrenneus ist größtentheils nur die 
Folge der Trägheit und Gleichgültigkeit der Neger. 
Um ein Stück Land von 1 Ar Größe urbar zu 
machen, werden 1000 Hektar heruntergebrannt, weil 
der Eingeborene einfach zu faul ist, das Feuer zu 
löschen. Wo der Boden besser, in den fruchtbaren 
Flußthälern, in denen es vielleicht am angebrachtesten 
wäre, sindet das Brennen nur in beschränktem Maße 
und nur selten als Wildbrennen statt. Der Abraum 
wird hier vielfach in Haufen gebracht oder gelöst 
unter Aufsicht verbrannt. Der Vorwurf der Faul- 
heit trifft durchaus nicht alle Neger. Die Wasegeju 
und Waschamba im Norden Usambaras scheuen keine 
Mühe beim Bebauen ihres Landes. Sie benutzen 
die Bäche und Quellen ihrer Heimath durch Stauen 
und Kanäle in bewundernswerther Weise zur Be- 
rieselung. Wie wir vorher sahen, ist die Entwaldung 
Deutsch-Ostafrikas zum größten Theil eine Folge des 
Wildbrennens und der damit zusammenhängenden: wieder herzustellen. 
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Kulturweise des Negers. Beide sind aber auch ein 
Hauptgrund für mangelnde Bodenfeuchtigkeit. Es 
giebt ja noch ein Miltel, hier einzugreifen, die künst- 
liche Bewässerung. So vorzüglich nun auch dieselbe 
ist und so gute Resultate bisher überall damit erzielt 
worden sind, so wird vorläufig dieselbe doch ihrer 
Kostspieligkeit wegen nur in geringem Maße an 
geeigneten Oertlichkeiten, wie es die Wasegeju thun, 
Anwendung finden können. Daß die Anlegung von 
Thalsperren auch mit geringen Mitteln möglich ist, 
zeigt der in der Nähe von Dar-es-Saläm im Sim- 
basithal gemachte Versuch. Leider verhinderte die in 
diesem Jahre früher als sonst eingetretene Regenzeit 
bisher die Vollendung. Durch Anlegung von Thal- 
sperren und Sammelbecken würden viele Bäche, welche 
in der Trockenheit versiegen oder doch nur unter 
einer Kiesschicht, die ihre vollständige Verdunstung 
verhindert, fortsickern, für das ganze Jahr mit Wasser 
versorgt und zu Bewässerungsanlagen benutzt werden 
können. 
Von noch größerer und allgemeinerer Wichtigkeit 
ist aber die Erhaltung und Vermehrung der Wälder, 
welche der künstlichen Bewässerung vorangehen, sie 
vorbereiten und ergänzen müßte. Gerade in den 
Tropen sind die Wälder zur Erhaltung der Boden- 
seuchtigkeit, zum Schutze der Quellen und Bäche von 
allergrößter Bedeutung. Auch auf die Regenmenge 
vermögen sie einzuwirken. Schon im Handeigebirge 
fallen bedentend mehr Niederschläge als in der an- 
grenzenden Steppe. Dies kann nicht nur der Ein- 
wirkung der Passate zugeschrieben werden, da die 
Wälder oft ganz vor diesen geschützt liegen und ge- 
rade die Osthänge keine Bewaldung aufzuweisen haben. 
Je größer nun der Waldkomplex, je günstiger ist der 
Einfluß und je weiter erstrecken sich seine segensreichen 
Folgen. Größere Waldungen haben wir in Afrika, 
wic gesagt, nur im Usambaragebirge, dem Kilima- 
ndjaro und etwa noch südlich vom Rufidji. Auch 
sie sind leider im Vergleich zu den sie umgebenden 
waldlosen Flächen klein genug. So erreichen die 
sogenannten Urwälder in Handei nur die Größe von 
etwa drei Quadratmeilen. Einwirkung auf das Klima, 
die nächste Umgebung der Wälder ausgenommen, sind 
dabei allerdings ausgeschlossen, aber die Erhaltung 
der Feuchtigkeit in den Waldgebieten selbst, welche 
eine sehr große Anzahl von Quellen und Bächen 
aufweisen, ist schon sehr viel werth. 
Die Galeriewälder, wenn sie die nöthige Breite 
haben, ermöglichen überhaupt oft erst die Fortführung 
der Wasserläuse durch Verminderung der Verdunstung 
und Wasserabgabe und verdienen deshalb Schuptz. 
Den größeren Waldinseln verdankt manche Quelle, 
mancher Teich seine Erhaltung. Ein großer Theil 
dieser Inseln steht im lockeren, alljährlich durch das 
Wildbrennen wieder zerstörten Zusammenhang; ihr 
Nutzen würde bei Weitem größer sein, wenn durch 
Beseitigen des Wildbrennens es ihnen gestattet würde, 
sich weiter auszudehnen und den Zusammenhang 
Manche Quelle, mancher Ba-
	        
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