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einer solchen Gesundheitsstation die Berge der portu-
giesischen Insel San Thomé in Frage gekommen,
welche von Kamerun aus mittelst Dampfers in
36 Stunden zu erreichen ist. Oft haben dort auf
der in einer Höhe von etwa 800 m gelegenen vom
deutschen Vizekonsul Spengler geleiteten Plantage
Monte Cafe die Beamten des Gouvernements freund-
liche Aufnahme und Erholung gefunden. Wenn auch
hier, wie in allen tropischen Gegenden, kleine Fieber
vereinzelt auftreten, so wirkt doch die Bergluft und
die in manchen Nächten nur 10° Réaumur betragende
Temperatur auf die angegriffenen Nerven derartig
wohlthuend, daß europäischer Appetit und Schlaf
schon nach Kurzem sich wieder einstellen und dem
Kranken die Schwäche benehmen. Der Gouverneur
dver französischen Kolonie Gabun hat ebenfalls die
Absicht gehabt, auf San Thomc eine Gesundheits-
station zu begründen, diesen Gedanken bisher jedoch
noch nicht verwirklicht. Es kann auch keinem Zweifel
unterliegen, daß die Anlage einer solchen Station in
fremdem Gebiet nur ein Nothbehelf für den Fall ist,
doß die eigene Kolonie nicht gleich günstige Ver-
höltnisse bietet. Dies dürste jedoch in Kamerun der
Fall sein. Von je her haben sich in dieser Beziehung
die Blicke auf das nordwestlich vom Kamerun-Aestuar
am Meeresstrande steil aufstrebende Kamerungebirge
gerichtet, das in seinem Hauptgipfel bis zur Höhe
von 4000 m emporragt. Die wichtigsten tropischen
Kuliurgewächse und mit ihnen die Siedelungen der
Eingeborenen erreichen nicht ganz die Höhengrenze
von 1000 m. Ueber ihr herrscht bis etwa 2000 m,
in Schluchten selbst bis 2700 m ansteigend, lichter
Urwald.?)
Schon Burton, der erste Europäer, welcher den
Gipfel des Kamerunberges erreichte und im De-
zember 1860 mehrere Wochen im Gebirge verweilte,
bezeichnete die Anlage einer Gesundheitsstation da-
selbst als verhältnißmäßig leicht. Der beste Platz
schien ihm in der Höhe von 1800 m gelegen, wo
man reichlich Wasser findet (weiter oben mangelt
solches fast gänzlich); der Boden ist sehr fruchtbar
und liefert ausgezeichnetes Futter für Hausthiere.
Die Anlage eines für Maulthiere gangbaren Weges
erschien ihm nicht schwierig. Für diejenigen Kranken,
denen ein unvermittelter Uebergang in kühleres Klima
schädlich sein würde, empfahl er den etwa zwei
Stunden von Victoriga schön gelegenen 500 m hohen
Henry-Berg.
Professor Dr. Freiherr v. Danckelman brachte
in einem im Oktober 1884 geschriebenen Artikel“")
diese Vorschläge in Erinnerung. Er schrieb damals
Folgendes:
„Mitteilungen ##c. aus den
492 S. 28 ff. und 44 ff.
!— über das Kamerun-
Vergl. die in den
8 Shutgebielen “ Jahtg.
* Berichte des Dr.
r. Mouvement Géographique. Erster Jahrgang
Nr. 16 vom November 1 1886 puig " "
„Was der Himalaya für Ostindien, das ist der
Kamerunberg für das westliche Afrika. In wenigen
Tagen gelangt man dorthin vom Niger sowohl wie
vom Gabun und vom Kongo. An seinem Abhang
findet man jedes Klima: eine heiße Zone, eine ge-
mäßigte und eine kalte; innerhalb der Letteren giebt
es während des ganzen Jahres Frost, man kann sich
daher Vorräthe von Eis und Schnee verschaffen.
Die einzige Schwierigkeit liegt in der Herstellung
von Verbindungen, namentlich einer guten Straße,
ohne welche das Unternehmen unmöglich sein würde,
denn die Kranken brauchen gute und bequeme Be-
förderung; auch muß man in der Lage sein, von
der Küste alles herbeizuschaffen, was zum Wohl-
befinden und zur Heilung der Kranken unentbehrlich
ist. Für einen Staat allein würde eine solche
Unternehmung vielleicht zu kostspielig sein; anders
aber würde die Sache liegen, wenn alle interessirten
Staaten sich verständigen würden, um die Angelegen-
heit gemeinsam zu betreiben. Die Frage erscheint
mir wichtig genug, um aufmerksam studirt zu werden,
es handelt sich um eine Sache von hervorragender
ökonomischer Wichtigkeit: die Erhaltung zahlreicher
Menschenleben und die Ersparung großer Geld-
summen, welche gegenwärtig für den Transport der
Kranken nach entfernten Gegenden, dem Kap, Ma-
deira oder Europa, aufgewendet werden. Wenn da-
her der Staat, der gegenwärtig das Kamerungebiet
besitzt — für den Angenblick steht es noch nicht fest,
daß dies Deutschland sein wirds) — den belhei-
ligten Staaten gut gelegene Plätze für die Anlage
nationaler Sanatorien unter der Bedingung an-
theiliger Uebernahme der Kosten für den Straßenban
abtreten würde, so wäre das Ziel leicht erreicht,
Jeder Staat könnte zwei Gesundheitsstationen im
Gebirge haben, eine in der mittleren, die andere in
der höher gelegenen Zone; Beamte, Osfiziere, Sol-
daten und Privatleute würden dort verpflegt werden;
Letztere, das heißt Reisende, Missionare und Kauf-
leute, würden gegen ein näher zu bestimmendes Ver-
pflegungsgeld Aufnahme finden. Es unterliegt keinem
Zweifel, daß nach Vollendung der Straße sich ein
ganz neues Feld der Thätigkeit eröffnen würde.
Kolonisten würden sich in diesen gesunden Gegenden
niederlassen und Plantagen anlegen, die zu billigem
Preis Lebensmittel liefern und bald den Betrieb des
Sanatoriums erleichtern würden.“
Seit Errichtung der deutschen Herrschaft ist
das Kamerungebirge nicht nur wiederholt von
Gouvernementsbeamten und Reisenden besucht wor-
den, sondern es wurde auch seitens der Baseler
Mission ein praktischer Versuch gemacht mit einer
Gesundheitsstation in Buca, einer in annähernd
1000 Meter Höhe gelegenen Ortschaft. Die Baseler
Missionare hatten dort vor etwa vier Jahren ein
Steinhaus errichtet, woselbst ihre Angehörigen Unter-
&) Der Aussatz war wenige Tage vor der Erösfnung
der Berliner Konserenz geschrieben.