Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

hat während der ganzen Zeit anderes als abgekochtes 
Wasser getrunken, der Alkoholgenuß wurde auf ein 
Minimum beschränkt, Chinin wenig und nur in an- 
scheinend stark fiebergefährlichen Gegenden in kleinen 
Dosen prophylaktisch genommen. Es wurde ferner, 
soweit es die Mittel gestatteten, für eine gute und 
abwechselungsreiche Küche gesorgt; von Konserven 
wurde ganz abgesehen und nur von dem gelebt, was 
das Land bot. Endlich erwies sich die forgfältig 
durchdachte und — wie hervorzuheben — gänzlich 
in Deutschland beschaffte Ausrüstung, Zelte, Betten,“ 
Koffer u. s. w. in jeder Hinsicht als tadellos. Der 
auf diese Weise gebotene, bescheidene Komsort trägt 
in hohem Grade zu dem moralischen Wohlbefinden 
des Reisenden bei. 
Dies Alles wirkte zusammen, um alle Strapazen 
und Fährlichkeiten des Klimas ohne jede nachtheilige 
Folge überstehen zu lassen, und ist die Reise ein lehr- 
reiches Beispiel dafür, wie gut bei der nöthigen 
Sorgfalt der Europäer in den Tropen leben kann. 
Sie lehrt ferner, daß auch ohne Kampf und Blut-- 
vergießen schöne Erfolge in jenen wilden Ländern 
erreicht werden können. Was aber den Theilnehmern 
besonders klar geworden, ist, daß bei derartigen 
Unternehmungen etwas nie fehlen darf, nämlich das 
lück. 
Ueber die Befestigung von Kuirenga 
berichtet Lientenant Engelhardt aus Kuirenga unter 
dem 29. November v. Js.: 
Die befestigte Stadt Kuirenga, Sitz des Wahehe- 
sultans Mkwawa, welche am 30. Oktober v. J. von 
der Kaiserlichen Schußtruppe gestürmt wurde, ist 
auf beiden Usern des Ruaha mitlten in dessen sich 
hier kesselartig verbreiterndem Thal gelegen. 
Der Ruaha, ein Flüßchen von 6 bis 7 in Breite, 
in der Trockenzeit nur 50 cm tief, theilt die Stadt 
in zwei fast gleich große Theile. Der Umzug der 
Festung, welche die Form eines unregelmäßigen 
Polygons zeigt, beträgt 4½ km, die von der 
Mauer umschlossene Fläche hat eine Größe von un- 
gefähr 1½/ Qnadratkilometer. 
Die Befestigung der Stadt gleicht in ihrer all- 
gemeinen Anlage der deutschen Städtebefestigung des 
17. Jahrhunderts speziell der Zeiten des dreißig- 
jährigen Krieges, abgeändert ein wenig infolge der 
Bekanntschaft der Festungsbaumeister mit der Wirkung 
moderner Feuerwaffen aller Art. Eine überdachte 
mit Schießscharten versehene Mauer, theilweise mit 
vorliegender Pallisadirung, umgiebt allseits die Stadt. 
Der Graben der Befestigung des 17. Jahrhunderts 
ist hier nur in einem kurzen Stück vorhanden, um 
das Hinderniß indessen wirksamer zu machen, mit 
Dorngebüsch angefüllt. Seine Weiterführung rund 
um die Mauer herum scheint beabsichtigt gewesen zu 
sein, wie ja überhaupt einzelne Theile der Festung 
noch im Bau begriffen waren. An Stelle der 
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Thürme der deutschen Städtebefestigung treten die 
Mauer flankirende Bastione, zum Theil nur qua- 
dratische Aussprünge der Umfassungsmauer, zum 
Theil sorgfältig hergestellte Werke, Blockhäuser der 
Enceinte. Die Kriegsboma des Wahehesultans dient 
für den Stadttheil auf dem rechten, seine Weiber- 
boma, ebenfalls zur Vertheidigung eingerichtet, für 
den auf dem linken Ruahaufer als Reduit, wie die 
Burg oder das Schloß in der deutschen Stadt. 
Grundsätzlich verschieden von den deutschen Städten, 
welche sich schon im Mittelalter mit Mauer und 
Graben umgaben und diese Befestigungsanlagen im 
Lauf der Zeiten abänderten und vervollkommneten, 
wobei immer auf die schon bestehende Stadt in erster 
Linie Rücksicht genommen worden ist, scheint Kuirenga 
gewissermaßen als Reduit und Wassenplaßz des ganzen 
Landes nach einem feststehenden Plane als Feslung 
erbaut worden zu sein; innerhalb der schon be- 
stehenden Mauer oder wohl zunächst nur Pallisa- 
dirung wurde die Stadt hergestellt. Dafür spricht 
in erster Linie die Trace des Umzuges selbst, ferner 
die vielen und großen sreien Plätee, jedenfalls theil- 
weise Bauplätze. Ein weiterer Beweis dafür ist der, 
daß die Pallisadirung, welche ursprünglich die Mauer 
allseits umgeben hat, stellenweise aus dicht aneinander 
gepflanzten, zur Zeit bereits zu stattlicher Höhe heran- 
gewachsenen Bäumen besteht, diese also gepflanzt 
worden sein müssen, bevor die größtentheils neuen 
Wohngebäude erbant wurden. 
Während die zur Zeit des dreißigjährigen Krieges 
und die vor demselben entstandene deutsche Städte- 
befestigung mit ihren Formen in die Höhbe slrebt, 
hohe Manern und dieselben weit überragende mächtige 
Thürme zeigt und so dem Schützen weite Uebersicht 
über das Vorgclände sichert, sind die Befestigungs- 
anlagen Kuirengas mehr nach der Breite ausgedehnt; 
die auffallend niedrig, durchschnittlich nur 1 m über 
dem Boden angebrachten Schießscharten gestalten dem 
Schützen nur sehr geringe Uebersicht. Auch findet 
man im Gegensaß zu der einen Vertheidigungs- 
linic, welche die ersterwähnte Besestigungsart auf- 
zeigt, hier meist mehrere hintereinander liegende Linien, 
ja stellenweise eine verwirrende Hinter= und Neben- 
einanderschachtelung von Werken vor. Anscheinend 
unzweckmäßig hergestellt, entspricht doch diese unüber- 
sichtliche Anhäufung von Vertheidigungsanlagen ganz 
der Kampfweise der Wahehekrieger, welche von Haus 
zu Haus springend, bald aus diesem, bald aus jenem 
Werk feuernd, unserer Truppe Verluste beibringen, 
ohne daß diese ihrem Gegner, der immer nur für 
Augenblicke sichtbar wird, viel anhaben kaun; dabei 
ist die im Verhällniß zum Gegner an Zahl so ge- 
ringe Truppe immer in Gefahr, sich in dem La- 
byrinth zu zersplittern, und vor die harte, aus- 
dauernden Muth erfordernde Aufgabe gestellt, Werk 
um Werk stürmen zu müssen. 
Die Befestigungen von Kuirenga heben sich wenig 
von der Umgebung ab, kaum findet das Auge einen 
hervorspringenden Theil, welcher das Feuer auf sich
	        
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