Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

Nach Beendigung der beiden Reisen lag es mir 
ob, zu entscheiden, ob weitere Orientirungsreisen vor- 
zunehmen seien, oder ob die Vorarbeiten sogleich be- 
ginnen sollten. Ich entschied mich für das Lehztere 
und zwar aus folgenden Gründen: 
Bei einer solchen Reise ist man an die spärlichen 
Negerpfade gebunden, oft an die, welche dem jewei- 
ligen Führer bekannt oder bequem sind. Um einen 
Einblick in das seitliche Gelände zu gewinnen — auf 
der Karte oft ein weißer Fleck —, giebt es nur ein 
Mittel, nämlich Durchschlag mit Axt und Buschmesser. 
Träger, welche gezwungen werden, mit den Lasten 
dorthin zu folgen, würden wegen der häufigen Fuß- 
verletzungen durch Dornen u. s. w. bald versagen oder 
das Weite suchen. 
Deshalb also beschloß ich, über den gencrellen 
Verlauf der Trace allerdings im Klaren, nicht noch- 
mals mit einer Neisekolonne vorzugehen, sondern jetzt 
mit einer Arbeitskolonne die nur so möglichen Detail- 
rekognoszirungen sowie gleichzeitig die Vorarbeiten 
zu beginnen. 
An europäischem Personal wurde mir auf mein 
Ansuchen vom Herrn Gouverneur, wegen Mangels 
an europäischem Personal überhaupt, nur der bis 
dahin in der Bauabtheilung beschäftigte Ingenicur 
v. Emey zur Verfügung gestellt. Da Letzerer er- 
krankte, mußte ich zunächst mit meinem Unterosffizier 
allein arbeiten. v. Emey folgte jedoch bald nach. 
Kurz nach Beginn der Arbeiten meldele sich ein 
anderer Europäer, Namens Wolffhauer, bei mir 
mit der Bitte um Anstellung. Da dieser, von Beruf 
Kaufmann, beim Bau der Telegraphenlinic nach Kilwa 
Ausseherdienste geleistet hatte, war er mir wegen der 
Kenntniß im Umgange mit schwarzem Personal und 
wegen der Arbeitserfahrung, lange Durchschläge be- 
tressend, willkommen. Auf mein Gesuch erfolgte 
seine Anstellung als Vermessungsgehülse. Wenige 
Tage vor der Abreise nach Kisaki stellte sich mir 
noch ein bei der Usambarabahn thätig gewesener 
Ingenicur, Herr Buschmann, vor. Auf mein Ge- 
such wurde auch dieser Ingenieur angestellt. Derselbe 
sowie die oben genannten Europäer haben die Reise 
nach Kisaki mitgemacht. Ingenieur v. Emey mußte 
jedoch bald nach Eintressen der Expedition in Kisaki 
krankheitshalber nach der Küste zurückkehren. 
Bezüglich des schwarzen Personals bemerke ich 
noch, daß sich die Waniamwesi durchaus gut be- 
währt haben. 
Das im Hauptmagazin zu Dar-es-Saläm zur 
Verfügung stehende Handwerkszeug bestand aus Busch= 
messern und Aexten. Es hat sich gut bewährt. 
Die Eintheilung der Arbeit hatte ich folgen- 
dermaßen getroffen: 
Die erforderliche Detailrekognoszirung nahm ich 
mit Ingenieur v. Emey und Unterosfizier Menser 
gemeinschaftlich vor. Alsdann übernahm ich das 
Traciren, die erforderlichen Holzungsarbeiten u. s. w. 
dem Wolffhaner überlassend, v. Emey das Nivel- 
liren, Meuser das Stationiren. Nach erfolgter 
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Fertigstellung mehrerer Kilometer nahm ich noch eine 
oberflächliche Geländeaufnahme tachymetrisch vor. 
Bei dem vorhandenen geringen Personal ist ein 
flottes Fortschreiten der Arbeiten natürlich nur bei 
ungestört gutem Gesundheitszustand denkbar. 
Die erforderlichen Lagerwechsel wurden mit Hülfe 
der Arbeiter und rechtzeitig requirirter Hülfsträger 
vorgenommen. 
Unter den geschilderten Umständen und in an- 
gegebener Art und Weise wurden also die Vorarbeiten 
Ende Januar bei Dar-es-Saläm begonnen und zu- 
nächst die erste Variante in Angriff genommen und 
bis Ende März 24 km (bis zum Kiserethal) aus- 
geführt. Außerdem wurde die dritte Variante ge- 
prüft durch Aufnahme des schwierigsten Theiles der 
Mackinnonstraße — vom Anstieg nach Mwakanga 
durch die Puguberge bis in die Nähe von Kisserawe 
— im Grundriß und Profil. 
Die angeführten Resultate wurden unter solgen- 
den Umständen gewonnen. 
1. Die Tracirung geschah speziell — Ausholzen 
auch der Kurven, Stationirung und Nivellement durch 
die Kurven —, da nach Aeußerung des Herrn Gon- 
verneurs ein baldiger Bau nicht zur Unmöglichkeit 
gehörte, und deshalb eine möglichst genaue Ermitte- 
lung der Erdarbeit zur Ausstellung des Kosten- 
anschlags erwünscht schien. Ferner ist auch bei der 
beabsichtigten Ausdehnung der Trace nur bis zu den 
Ulugurubergen eine spezielle Ausführung der Vor- 
arbeiten in absehbarer Zeit (zusammen elwa 20 Mo- 
nate einschl. Regenzeit) recht wohl möglich, da sich 
meiner Ansicht nach, trotz aller Schwierigkeiten, bei 
vorheriger allgemeiner Orientirung, auch bei spezieller 
Ausführung der Vorarbeiten eine monatliche Durch- 
schnittsleistung von min. 15 km erzielen läßt. 
2. Die Schwierigkeit der Arbeit steigerte sich 
bedeutend im Simbasithal, welches so verwachsen ist, 
daß zunächst eine theilweise Aufnahme des Flußbettes 
nothwendig wurde. 
3. Das schwarze Arbeiterpersonal mußte ein- 
gearbeitet werden. Bei demselben stellten sich infolge 
des fortgesetzten Arbeitens im Busch Fußkrankheiten ein. 
4. Zeitverluste traten ein durch Lagerwechsel, 
Ruhetage und durch die erforderlichen Detail- 
rekognoszirungen. 
Von nun an baeabsichtige ich, die Vorarbeiten 
generell auszuführen, da diejenigen Faktoren, welche 
seiner Zeit einen baldigen Bau wahrscheinlich mach- 
ten, in den Hintergrund getreten zu sein scheinen. 
  
Ueber die Station Langenburg am Upassa-See 
entnehmen wir einem amtlichen Berichte Folgendes: 
Die Station hat schon in ganz kurzer Zeit einen 
hroßen Einfluß gewonnen und dieser steigert sich von 
Tag zu Tag, so daß sie bereits jetzt eine der wich- 
ligsten Stationen im Innern Ostafrikas genannt 
werden kann.
	        
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