Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

und zur Verfrachtung derjenigen Produkte, welche 
die Dampferbeförderung vertragen, zu benutzen. 
Die Firma führte 1892 an Waaren für zu- 
sammen 152 000 Mark ein. Die Ausfuhr belief sich 
in dem gleichen Jahre auf 546 Tons Kopra, 7000 
Pfund Trepang, 3500 Pfund Perlmutter und 650 
Pfund Schildpatt. Im ersten Semester 1893 betrug 
der Werth der Einfuhr 52 000 Mark. 
Die Zweigniederlassung der Handels- 
und Plantagengesellschaft in Mioko hat im 
Wesentlichen die Aufgabe, jährlich 200 bis 300 Ar- 
beiter für das Stammhaus auf Samoa anzuwerben 
und im Uebrigen ihre eigenen Kosten zu decken. Die 
Agentur beschäftigt sechs Stationen. Die Agentur 
führte ein in der Zeit vom Jannar 1892 bis Juli 
1893 Waaren im Werthe von 60 000 Mark. Aus- 
geführt wurden in der gleichen Zeit 237 Tons Kopra 
und 675 Säcke Trepang. 
Hus dem Bereiche der Wissivnen und 
der Ankisklaverei-Bewegung. 
Nach Nachrichten der Zeitschrift „Kreuz und 
Schwert“ ist die im Juni von Marseille abgegangene 
Karawane der Weißen Väter Mitte Oktober in 
Uschirombo glücklich eingetroffen. Die mitgekommenen 
fünf Missionsschwestern haben die erste Niederlassung 
im Innern angelegt. 
Der P. Acker, der vor Kurzem die elsässisch- 
lothringische Staatsangehörigkeit erlangt hat, ist nach 
„Krenz und Schwert“ zum Oberen der deutschen 
Ordensprovinz der Bäter vom heiligen Geiste er- 
nannt worden. Mit Genehmigung der preußischen 
Regierung wird jetzt zur Gründung einer ersten 
Niederlassung in Preußen geschritten. Die alte 
Abtei Knechtsteden in der Erzdiözese Köln, Kreis 
Neuß, soll dazu ausersehen sein. 
Die Leipziger Mission hat in Mamba am Kilima- 
andjaro eine zweite Station angelegt. 
Ueber die Missiousschule in Walsishbai berichtet 
A. Gerber in der Zeitschrift „Afrika“ 
Der größte Theil der Schulkinder bestand aus 
Hottentotten, einer anerkannt nichts weniger als 
schönen Menschenrasse, und troßdem konnte ein liebe- 
volles Auge eine große Anzahl ganz niedlicher Hotten- 
tottenknaben und -Mädchen unterscheiden, die, wenn 
nur ein wenig weißer, jedem deutschen Elternpaare 
zur Zierde gereicht haben würden. Ein kleiner Theil 
bestand aus Bergdamara. Da waren alle Alters- 
stusen vertreten, und während die Jüngsten ihr Abe 
von der großen Schultafel auf ihre kleine Schiefer- 
tafsel abschricben, lasen die Größeren im Lesebuche 
oder rechneten mit den ganz Großen. 
Den Anfang jeden Unterrichts bildete ein Choral, 
und ich habe in unseren Schulen selten einen so 
gefühlvollen mehrstimmigen Choral singen hören wie 
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von diesen Negerknaben. Nach dem Absingen des 
horales, den der Lehrer auf seiner Violine begleitete, 
sprach derselbe ein Gebet, und dann begann die 
Visitation der Hände, bei der es eine Unmasse von 
Tatzen, Ohrfeigen, Thränen und Seufzern gab. Im 
Großen und Ganzen waren alle Schüler von nor- 
malem Verstande und lernbegierig. Es gab auch 
solche, die nicht gern zur Schule gingen, wohl wegen 
der Tatzen, und ich sah so eines Tages ein Hotten- 
tottenweib ihren hoffnungsvollen Sprößling mit einer 
gewaltigen Tracht Schläge zur Schule bringen. Die 
Eltern hielten alle sehr darauf, daß ihre Kinder die 
Schule regelmäßig besuchten, da alle erkannten, 
welcher Einfluß, welcher Segen von der Schule auf 
ihre Kinder überging. Da Walfischbai englisch ist, 
lernten die Schüler nicht deutsch, sondern holländisch, 
die weitverbreitetste Sprache Südafrikas, daneben 
Rechnen und Lesen in Hottentottisch. Außerdem 
hatten sie Gesang= und Religionsstunden. 
RKus fremden Kolonien. 
Organisation der Regierung des Kongostaates. 
König Leopold von Belgien hat in seiner Eigen- 
schaft als Sonverän des Kongostaates mit Verord- 
nung vom 1. September 1894 (veröffentlicht im 
„Bulletin ofliciel de I’Etat indépendant du 
Congo“ vom Oktober 1894 Nr. 10) neuerlich die 
Grundzüge der Organisation der Centralregierung 
des Kongostaates festgclegt. 
Danach ist die Gesammtverwaltung des Kongo- 
staates in der Hand eines vom Könige ernannten 
Staatssekretärs (sccrctairc de I'Etat) centralisirt, 
welcher die vom Souverän erlassenen Anordnungen 
vollzieht und dessen Regierungsakte gegenzeichnet 
(Art. 1). Dem Staatssekretär ist zur Unterstützung 
für die von ihm direkt zu erledigenden Geschäfte ein 
Kabinetschef (ches de Cabinet) zugetheilt. Die 
dem Staatssekretär unterstehende gesammte Staats- 
verwaltung ist in drei große Abtheilungen (départe- 
ments) getheilt, an deren Spitze je ein vom Könige 
ernannter Generalsekretär (secrétairc général) steht. 
Daneben wurde, als den Generalsekretären coordinirt, 
die Stelle eines gleichfalls vom Könige ernannten 
Generalschatzmeisters (trésorier genéral) geschaffen. 
Soweit nicht die Abgrenzung des Geschäftskreises 
dieser Beamten durch den König selbst erfolgt, hat 
der Staatssekretär die Zuständigkeit derselben zu be- 
stimmen (Art. 2). Art. 3 der Verordnung beauf- 
tragt den Staatssekretär mit Erlassung der Aus- 
führungsbestimmungen über Organisation und Zu- 
ständigkeit der einzelnen Abtheilungen und überträgt 
ihm die Ernennung der Beamten und Festsetzung 
der Gehaltsverhältnisse bis zum Bureauchef aufwärts. 
Diese Neuorganisation der Centralregierung trat 
mit dem Tage des Vollzugs der Verordnung in 
Kraft: zum Staatssekretär ernannt wurde Edmond 
van Eetvelde.
	        
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