Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

sollte, wird derselbe doch nicht ohne Früchte bleiben. 
Die einmal von uns ausgebildeten Bastards werden 
sich vertragsmäßig in Kriegsfällen zu unserer Ver- 
sügung zu halten haben und dann andere Bundes- 
genossen abgeben als die ungeregelten Haufen wäh- 
rend der Witbooikriege. Die geringen Kosten, welche 
die Lieferung von Proviant verursachen wird, werden 
durch diesen Umstand wohl ausgeglichen. 
Zu dem inzwischen mit den Bastards abge- 
schlossenen Vertrage vom 26. Juli d. Is. hat Major 
Leutwein noch Folgendes bemerkt: 
Sofern die Folge zeigt, daß eine anstandslose 
Durchführung des Vertrages zu ermöglichen sein wird, 
so wird damit der erste wichtige Schritt gethan sein, 
um die Eingeborenen zu unserem Militärdienst her- 
anzuziehen. Auf dieser Grundlage kann dann weiter 
gebaut und vielleicht auch erzielt werden, daß die 
Bastards später direkt als Soldaten bei uns eintreten. 
Vorläufig ist es nicht möglich, dieselben hierzu zu 
bewegen, da sie mit dem gewöhnlichen Mißtrauen 
der Eingeborenen allerlei Schlimmes dahinter ver- 
muthen, vor Allem die Aufgabe ihrer bisherigen 
Ungebundenheit fürchten. Schon den jetzigen Vertrag 
durchzusetzen, hat es aller Energie des Assessors 
v. Lindequist bedurft, der hierbei seitens des 
Majors Mueller, den ich gleichfalls als meinen 
Vertreler nach Rehoboth gesendet hatte, die nöthige 
militärische Unterstützung fand. Ausgebildet sollen 
zunächst 40 Mann werden, und zwar die Hälfte im 
Monat November d. Is., die anderc Hälfte im April 
1896. Als Offizier haben sich die Bastards, wie 
vorauszusehen war, entweder den Lieutenant Schwabe 
oder den Lientenant Lampe ausgebeten. Ich werde 
den Ersteren schicken, da mir dieser auf seinem der- 
zeitigen Posten noch am besten entbehrlich scheint. 
Ansledelung und wehrpflicht in Südwestafrika. 
Ueber diese für die zukünftige Entwickelung des- 
jenigen Schutzgebietes, das allein für eine Einwan- 
derung von Deutschen in größerem Umfange in Be- 
tracht kommt, bedeutsame Frage hat der Keiserliche 
Laudeshauptmann Major Leutwein folgenden 
Bericht erstattet: 
Windhoek, den 26. Juli 1895. 
Enerer Durchlaucht habe ich die Ehre, Nach- 
stehendes gehorsamst vorzutragen. Die angestellten 
Ermittelungen haben ergeben, daß sich in dem Schutz- 
gebiete allein in dem Nordbezirke (Windhoek-Otjim-- 
bingue) einschließlich der Gestellungspflichtigen zur 
Zeit 107 Wehrpflichtige deutscher Nationalität be- 
finden, darunter sechs Offiziere und drei Offizier- 
aspiranten. Dazu werden noch die am 1. April 1896 
ausscheidenden und im Lande bleibenden Angehörigen 
der Schutztruppe treten, deren Zahl ich etwa auf 
0 schätze. Sonach befindet sich bereits eine recht 
hotulch Anzahl von Wehrpflichtigen in dem Schutßz- 
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gebiete, eine Zahl, welche sich infolge von Einwan- 
derung und durch weiteres Ansiedeln von ausschei- 
denden Mitgliedern der Schußtruppe von Jahr zu 
Jahr steigern wird. Ich halte daher die Lösung 
der Frage, unter welchen Bedingungen Deutsche ihrer 
Wehrpflicht in dem hiesigen Schutzgebiete genügen 
können, nicht nur für wünschenswerth, sondern ge- 
radezu für dringlich. Auch glaube ich, daß die An- 
gelegenheit für Südwestafrika unabhängig von den 
übrigen Schutzgebieten zu regeln sein dürfte. Denn 
einerseits wird die Anzahl der hiesigen Weißen die- 
jenige aller anderen Schutzgebiete stets übertreffen, 
andererseits ist hier die militärische und die politische 
Lage durchaus anders geartet als in den übrigen 
Kolonien: Unsere Schutztruppe besteht lediglich aus 
Weißen; sie ist daher die theuerste von allen und 
kann ohne schwere finanzielle Belastung der Reichs- 
kasse dauernd auf der jetzigen Höhe nicht erhalten 
werden. Sie zu vermindern, ist indessen so lange 
nicht angängig, als ihr die Kriegsreserve sehlt, denn 
nur für den Frieden könnte sie eine Verminderung 
ertragen, für den Krieg dagegen sich noch vielleicht 
als zu schwach erweisen. Der Unterschied in der 
hiesigen politischen Lage beruht auf der höheren 
Bildungsstuse der hiesigen Eingeborenen und ihrer 
dadurch gesteigerten Kriegsfertigkeit, vor Allem aber 
auf der Art unserer Kolonisation. Wir wollen hier 
Raum für Ansiedler schaffen und ihnen Land zur 
Verfügung stellen, wobei wir bei aller Schonung und 
Vorsicht darauf rechnen müssen, auf Abneigungen bei 
den Eingeborenen zu stoßen, welche mit Zähigkeit am 
Laudbesitz hängen. Wenn wir auch augenblicklich 
tiefen Frieden haben, und wenn ich mich auch be- 
mühen werde, denselben dauernd zu erhalten, so kann 
ich doch für den Erfolg nur bürgen, wenn meine 
Bemühnngen stets durch eine achtunggebietende Macht 
unterstützt werden. 
Eine Verminderung der Schutztruppe könnte daher 
nur unter der Voraussehung in Erwägung gezogen 
werden, daß im Lande selbst entsprechender Ersatz 
geschaffen wird. Zwei Mittel würden hierzu zur 
Verfügung stehen, nämlich die Einstellung von Ein- 
geborenen und die Ausdehnung der Wehrpflicht auf 
die hiesigen Deutschen. Was die Heranziehung der 
Eingeborenen zum Militärdienst anbetrifft, so können 
wir vor der Hand nur von Versuchen reden, von 
einem nennenswerthen Erfolg indessen vielleicht erst 
nach Jahren. Die Eingeborenen brauchen zu Allem 
Zeit, zumal bei einem Entschluß, der in ihren Augen 
von solch großer Tragweite ist. Den nächsten und 
sichersten Erfolg verspricht daher das zweite Mittel. 
Dies ist auch das naturgemäßere und kann später 
anstandslos neben dem ersten Raum finden. Ueber- 
haupt erscheint für diejenigen Kolonien, in welchen 
neben den Eingeborenen sich eine zahlreiche weiße 
Bevölkerung angesiedelt hat, es als die einzig richtige 
Geslaltung der Wehrkraft, wenn jeder Weiße für 
Vertheidigung von Haus und Hof selbst einzutreten 
hat, dies um so mehr, als bei den Eingeborenen
	        
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