Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

reren Brüdern und Missionsschwestern walten. Die 
beiden dortigen Erziehungsanstalten werden von 
beinahe 200 Zöglingen, theils freien, theils los- 
gekauften Sklavenkindern besucht. Einem Briefe aus 
Vlavolo vom 14. September zufolge, den die „Köln. 
Volkszeitung“ veröffentlicht, unterhält die Mission 
dort außerdem noch drei andere Stationen: Vlavolo, 
Malaguna und Takambur und ist im Begriff, noch 
einec neue anzulegen. Auf jeder der Niederlassungen 
ist das Bekehrungswerk in gutem Gange, und in 
Vlavolo allein sind in den letzten drei Jahren über 
600 Erwachsene getauft worden. Die Mission be- 
treibt daneben Schulunterricht, Krankenpflege und 
beschäftigt sich damit, die wichtigsten religiösen Bücher 
in die dortigen Sprachen zu übersetzen. 
  
Rus fremden Kolonien. 
vorbildung der Kolonialbeamten. 
Le Recrutement des Fonctionnaires 
des Colonies. Rapport géenéral soumis 
A I’Institut Colonial International par 
Joseph Chailley-Bert. Paris 1895.5) Armand 
Colin et Co. 
Das Internationale Koloniale Institut hat es 
sich zur Aufgabe (gestellt, die Kenntniß der Ver- 
waltungseinrichtungen in den Kolonialgebieten der 
verschiedenen Nationen durch eingehendes Studium 
und Veröffentlichungen zu fördern. Auch die vor- 
liegende Arbeit dient diesem Zweck und ist zugleich 
bestimmt, den Berathungen des Instituts über die 
wichtige Frage der Gewinnung geeigneter Kolonial- 
beamten zur Grundlage zu dienen. Da diese An- 
gelegenheit gegenwärtig auch den Kolonialrath be- 
schäftigt, so ist die vorliegende Publikation, welche 
die im vorigen Jahre erschienene Arbeit des 
Dr. Beneke über den gleichen Gegenstand 2#) viel- 
sach ergänzt, doppelt willkommen. 
Der Verfasser weist zunächst darauf hin, wie ein 
tüchtiger, seinen Aufgaben gewachsener Beamtenstand 
für eine Kolonie noch wichtiger sei als eine gute 
Gesetzgebung, da selbst die besten Gesetze bei unrichtiger 
Ausführung ihren Zweck verfehlen, während Mängel 
in den Gesetzen durch geschickte Handhabung aus- 
geglichen werden können. Von den beiden Möglich- 
lichkeiten: freie Auswahl der Beamten durch die 
Regierung auf der einen Seite und Zulassung nur 
derjenigen im Wettbewerb mit Anderen, die durch eine 
Prüfung ihre Befähigung dargethan haben, giebt er 
*) Von demselben Verfasser ist 1893 zu Paris eine 
Vroschüre „La Hollande et les lonctionnaires des Indes 
Neerlanduises“ erschienen, auf im Austrage der französischen 
Negierung Gemachten Studien beruhend. 
V) Die Ausbildung der Kolonialbeamten. Im Auf- 
trage ber“ deutchen Kolonial-Gesellschaft unter Benutung 
Aullicher Quellen, dargestellt von Dr. Max Veneke. 
Vertiun in 852 Vergl. auch Deutsches Koonialblatt 1894, 
656 
  
der Letzteren, ungeachtet ihrer Nachtheile, den Vor- 
zug, weil anderenfalls „bei dem heutzutage fast in 
der ganzen Welt herrschenden parlamentarischen 
System“ die Gewähr für eine gute Auswahl sehle. 
Er betont sodann, daß den Kolonialbeamten für die 
großen Gefahren und die Verantwortlichkeit ihres 
Dienstes ein Ersatz durch erhöhtes Gehalt, Sicherung 
ihrer Stellung gegen Willkür und Sicherung ihrer 
Zukunft gewährt werden müsse; in letzterer Hinsicht 
müsse namentlich eine ausreichende Pension ihn da- 
vor schützen, nach dem Ausscheiden aus einer mit 
beträchtlichem Aufwand verbundenen Stellung ein 
mit Entbehrungen verbundenes Dasein zu fristen. 
Der Verfasser bespricht sodann die Vorbildung 
und die Laufbahn der Beamten der französischen, 
englischen und holländischen Kolonien. 
Bezüglich Frankreichs behält er eine allgemeine 
Erörterung vor, da eine Neuregelung der Rekruti- 
rung der Kolonialbeamten — mittelst öffentlichen 
Wettbewerbes (concours public) — verbunden mit 
einer Reform der Kolonialschule bevorsteht. Die 
Darstellung beschränkt sich auf die Verhältnisse in 
Cochinchina. 
Als nach der Erwerbung im Jahre 1861 ein 
vollständiger Stillstand jeglicher geordneten Ver- 
waltungsthätigkeit eingetreten war, wurde zunächst 
die Verwaltung Offizieren übertragen. Admiral 
Bonard bestimmte Anfang 1863, daß nach einer 
Prüfung über Geschichte und Geographie Cochin- 
chinas, über die verschiedenen Verwaltungszweige und 
über annamitisches Recht die Befähigtesten und vor 
Allem die der Landessprache Mächtigen zu Inspek- 
teuren ausersehen werden sollten. Es gab drei 
Klassen von Inspekteuren mit 15 000, 12 000 und 
10 000 Frcs. Gehalt. Da indeß die mit Bezug 
auf Pension u. s. w. gemachten Versprechungen nicht 
gehalten wurden, so trat ein Theil der in dieser 
Weise verwendeten Offiziere in die Armee zurück. 
Ein Dekret vom Februar 1873, welches insofern von 
Nachtheil war, als es die bisher in der Hand des 
Inspekteurs eines Bezirkes vereinten Befugnisse auf 
dem Gebiet der Verwaltung und Rechtspflege unter 
den Inspekteur und drei Administrateure vertheilte, 
suchte dem eingetretenen Mangel an geeigneten Be- 
amten der höheren Verwaltung durch bessere Vor- 
bildung und Gewährung von Vortheilen abzuhelfen. 
In ersterer Beziehung machte es die Annahme für 
den Dienst in Cochinchina von der Beibringung eines 
Diploms gewisser höherer Lehranstalten (Bakka- 
laureat, Polytechnikum, Militärschule in St. Cyr, 
Marineschule u. s. w.), einem gewissen Aller — 20 
bis 28 Jahre — und der Militärdienstfähigkeit ab- 
hängig und schrieb die Absolvirung der Vorbereitungs= 
schule in Saigon vor, woselbst Unterricht in der 
annamitischen Sprache (auch mit chinesischer Schrift) 
Verwaltungsrecht, angewandter Konstruktionslehre, 
praktischer Botanik und Nationalökonomie ertheilt 
und nach einem Jahre ein Examen abgelegt wurde. 
Wer die Prüsung bestanden hatte, 
wurde Admini-
	        
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