Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

Staatskasse eine jährliche Ersparniß von etwa 
10 000 Pfd. Sterl. Das die Annexion aussprechende 
Gesetz enthält, abgesehen von einigen Detailvorschriften 
über die Einführung der Zollgesetzgebung und des 
Grundbuchwesens, die Einziehung der Steuern, die 
Stellung der Beamten, die Einrichtung der Polizei- 
verwaltung, die Entschädigung der zur Entlassung 
kommenden Beamten, folgende allgemein interessirende 
Gesichtspunkte: Das annektirte Gebiet erhält Ver- 
tretung in beiden Häusern des Kapparlaments: die 
Gerichtsbarkeit des Supreme Court und der Circuit 
Courts der Kapkolonie, sowie des High Court von 
Griqualand wird auf das einverleibte Land aus- 
gedehnt, das Rechtsinstitut des „trial by jur)“ 
wird eingeführt. Selbstverwaltung der Gemeinden 
(local sell government) in Form von Distrikts- 
räthen (divisjonal councils) wird gewährleistet. 
Die für Britisch-Betschuanaland bereits erlassenen 
Gesetze bleiben in Kraft, insbesondere die Verord- 
nungen, betreffend Verkauf von Spirituosen an Ein- 
geborene, betreffend die Landreserven der Eingeborenen, 
sowie diejenigen betreffend die Gerichtsbarkeit der 
Häuptlinge. Dabei wird ausdrücklich hervorgehoben, 
daß die Glen Grey Akte vom 14. August 1894 
— ein Gesetz, das den Erwerb und die Verwaltung 
des Grundbesitzes in der Eingeborenenlokation des 
Glen Grey Distrikts unter staatliche Kontrole stellt — 
nur durch ein Gesetz der Kapkolonie unter Zustim- 
mung der Regierung des Mutterlandes eingeführt 
werden kann. 
Die Grenzen des einverleibten Gebieks werden 
in der „British Bechuanaland Order in Council“ 
vom 3. Oltober 1895, wie folgt, fesigesetzt: Im 
Osten: die südafrikanische Republik; im Süden: die 
Kapkolonie; im Westen: der 20. Meridian (östlich 
von Greenwich) bis zum Schnittpunkt mit dem 
Nosopflusse; im Norden: der Nosopfluß bis zu seiner 
Vereinigung mit dem Molopofluß, von da letzt- 
genannter Fluß bis zu seiner Vereinigung mit dem 
Namathlabana und schließlich letzterer bis zur Grenze 
der südafrikanischen Republil. 
Sierra Leone im Jahre 1893. 
Dem für 1893 erstatteten Jahresbericht der eng- 
lischen Kolonie Sierra Leone entnehmen wir Fol- 
gendes: 
Die Einfuhr bezifferte sich auf 417 466 Pfd. 
Sterl. und erfuhr gegen das Vorjahr eine Zunahme 
von 4349 Pfd. Sterl. Zurückgegangen ist die Ein- 
fuhr von Geweben, was damit erklärt wird, daß die 
französische Kompagnie die Waaren für ihren Northern 
River Handel nicht mehr ihrem in Freetown ge- 
haltenen Magazin entnommen hat. Demgegenüber 
hat die Einbringung von amerikanischem Tabak eine 
bedeutende Steigerung aufzuweisen. Ausgeführt 
wurden Waaren im Werthe von 398 664 Pfd. Sterl. 
das ist 21787 Pfd. Sterl. mehr als im Vorjahr. 
  
661 
Gestiegen ist die Ausfuhr von Palmkernen nach 
Frankreich und von Ingwer und Fellen nach Amerika. 
Dagegen ist bei Kautschuk und Gummi ein erheblicher 
Rückgang zu bemerken, der darin seinen Grund hat, 
daß diese Erzeugnisse hauptsächlich aus dem franzö- 
sischen Northern River Gebiet kommen, in welchem 
ein Ausfuhrwerthzoll von 7 pCt. eingeführt ist. 
Die Zahl der in dem Hasen von Freetown ein- 
und ausgelaufenen Schisse betrug 1515 und blieb 
um 23 hinter der Zahl des Vorjahres zurück. Die 
Abnahme traf in erster Linie die Segelschifffahrt. 
Die Verkehrsverhälluisse im Lande liegen noch 
sehr im Argen. Abgesehen von den Wasserstraßen, 
giebt es zur Vermiktelung des Handels nur wenige 
Wege, die aber kaum diese Bezeichnung verdienen. 
Es fällt dies um so nachtheiliger ins Gewicht, als 
Pferde in Sierra Leone überhaupt nicht sortkommen. 
In neuester Zeit hat man dem Bau von Eisenbahnen 
seine Aufmerksamkeit zugewandt. Im November 1893 
ist ein Eisenbahningenieur von England eingctroffen, 
um Vorarbeiten auszuführen für die Anlage zweier 
Eisenbahnen, von welchen die eine Hafen und Stadt 
Frectown mit dem Hinterland verbinden und die 
andere die reiche Landschaft südlich der Halbinsel 
Sierra Leone und insbesondere das Sulimathal er- 
schließen soll. Der genannte Ingenieur hat seine 
Thätigkeit im Mai 1894 abgeschlossen, nachdem er 
die Vermessung der Linien Freetown — Bumban in 
Länge von 140 Meilen und Mina—Gorahnn von 
55 Meilen Länge ausgeführt hatte. 
Die Einnahmen der Kolonie werden in der 
Hauptsache durch die Einfuhrzölle aufgebracht, die 
bei wenigen Waaren fest bestimmt sind und im 
Uebrigen in Höhe von 7½ pCt. von dem Werth 
der Waaren erhoben werden. Wenngleich die Ge- 
sammteinnahmen mit 92 769 Pfd. Sterl. eine Steige- 
rung gegen das Vorjahr um 5903 Pfd. Sterl. auf- 
weisen, sind sie doch gegen den Voranschlag nicht 
mnerheblich zurückgeblieben. Bezüglich der Ausgaben 
befindet sich die Kolonie Sierra Leone in einer be- 
sonders günstigen Lage, insofern die gesammten durch 
das Militkär bedingten Kosten vom Mutlerland ge- 
tragen werden, während dieselben in den übrigen 
englischen Kolonien der westafrikanischen Küste aus 
den lokalen Budgets zu decken sind. Dieser Unter- 
schied hat darin seinen Grund, daß der Besitz von 
Sierra Leone als eines wichtigen Kohlenplatzes in 
erster Linie für die politischen und kommerziellen 
Interessen des britischen Reichs im Allgemeinen Be- 
deutung hat. Die Garnison besteht aus einem 
Bataillon des westindischen Regiments, einer Euro- 
päcrabtheilung der Königlichen Artillerie, einer Ein- 
geborenenbatterie westafrikanischer Artillerie und einer 
Eingeborenenabtheilung Festungstruppen. Die Unter- 
haltung dieser Truppen hat dem Mutterlande im 
Berichtsjahre 41769 Pfd. Sterl. gekostet. Neben 
den militärischen Streitkräften bestehen zwei Abthei- 
lungen für Handhabung der Polizei: 
a) Eine für Grenzbewachung, die am 31. De-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.