Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

leitet. In Kinigunan wirken außer dem Missions- 
bischof 3 Missionare, 10 Laienbrüder und 6 Schwestern; 
es befinden sich daselbst eine Kirche und zwei Schulen, 
aus festem Material gebaut. Aus der Station Vlavolo 
an der Nordküste der Gazellehalbinsel sind ein 
Missionar mit einem Laienbruder und zwei Schwestern 
stationirt. Die Station Malagunaon an der Nord- 
westecke des Simpsonhafens ist mit einem Missionar 
und einem Bruder besetzt. Die Zahl der Zöglinge 
aun der Hauptstation beträgt 101, 68 Knaben und 
33 Mädchen, welche alle Wohnung, Kost und Klei- 
dung erhalten. 
Ein Sendling der Neuendettelsauer Mission, An- 
dreas Ruppert, welcher zur Unterstühzung des 
Missionars Flierl auf der Station Sattelberg aus- 
ersehen war, ist nach kaum zweiwöchentlichem Aufentk- 
halte im Lande am 16. Juli 1894 am Unterleibs- 
typhus verstorben. 
Der Missionar Brown ist vom Board of the 
Wesleyan Mission in Sydney zum Vorsteher der 
genannten Mission für den Bismarck-Archipel ernannt 
worden. Er behält seinen Wohnsitz in Port Hunter 
auf Neu-Lauenburg. Missionar Oldham kehrt nach 
Australien zurück, sein Nachfolger Missionar Crump 
ist bereits im Archipel eingetroffen. 
Rus fremden Rolonien. 
Enlwickelung der Rronkolonie Britisch-Keuguinea im 
verwaltungsjahr 1892/95. 
Vor Kurzem ist der Bericht des Administrators 
von Britisch-Neuguinea Sir William Macgregor 
für die Zeit vom 1. Juli 1892 bis 30. Juni 1893 
veröffentlicht. Sein Inhalt bietet auch für unsere 
kolonialen Kreise manches Wissenswerthe. Es sollen 
deshalb im Anschluß an die über die Entwickelung 
jener Kolonie im Jahre 1891/92 gegebenen Daten?) 
die wesentlichen Vorgänge des Berichtsjahres ge- 
schildert werden. 
Was zunächst 
I. die Gesetzgebung 
anbetrifft, so vollzieht sich die Ansiedelung von Euro- 
päcrn in so langsamem Tempo, daß der Erlaß von 
Rechtsnormen nur in geringem Maße als Bedürfniß 
empfunden wird. Erwähnenswerth ist: 
1. Eine über das Fällen einheimischer Hölzer 
erlassene Verordnung. Sie ist veranlaßt durch den 
Aufsschwung, welchen die Ausfuhr von Hölzern, nament- 
lich Sandelholz, infolge erheblicher Nachfrage im Be- 
richtsjahr genommen hat. Um einer hieraus zu 
befürchtenden Verwüstung der Holzbestände vorzu- 
beugen, kann nach der Verordnung das Schlagen von 
*) Jahrgang 1894, Seite 19. 
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E 
1 
A 
Holz in gewissen Bezirken überhaupt oder für einzelne 
Arten untersagt werden. Es ist verboten, Sandel- 
holzstämme zu fällen, welche nicht mindestens einen 
Juß Durchmesser einen Fuß vom Voden entfernt 
  
. 
enthalten. Zur Ausfuhr von Holz muß eine Licenz 
eingeholt werden. 
Die Verordunng erleidet keine Anwendung, wenn 
ein Eingeborener zu seinem persönlichen Gebrauch 
Holz fällt. 
2. Eine zweite Verordnung liegt ebenfalls auf 
wirthschaftlichem Gebiete, sie bezweckt, die Kulturen 
des Schutzgebietes vor der Einschleppung 
von Krankheiten zu bewahren. Die Verordnung 
verbietet schlechtweg die Einfuhr von Kaffeepflanzen 
und -samen. Der Bericht erwähnt, daß gerade die 
Kasfeekultur für die Zukunft der Kolonie die größte 
Bedeutung habe, indem ungemessene, für diese Frucht 
geeignete Landstriche vorhanden seien. Es sei des- 
halb von größter Wichtigkeit, das Eindringen der 
Blattkrankheit zu verhüten. Die wirksamste Maß= 
regel hierfür, die Abschließung der Kolonie, lasse sich 
zur Zeit leicht durchführen, da die vorhandenen Be- 
stände von arabischem und liberianischem Kaffee gesund 
und umfangreich genug seien, um fremden Samen 
entbehren zu können. 
Die Verordnung giebt der Regierung freic Hand, 
im Bedürfnißfall auch für andere Kulturpflanzen die 
Einfuhr von Pflänzlingen und Samen gänzlich aus- 
zuschließen oder einzuschränken. 
3. Auf dem Gebiet der Eingeborenengesetzgebung 
wird als besonders bemerkenswerth die Uebersetzung 
sämmtlicher wichtigen Strafverordnungen in die Motu- 
sprache mitgetheilt. Dieser Dialekt wird in dem 
Bezirk, zu welchem der Gouvernementssitz Port 
Moresby gehört, gesprochen und hat sich von dort 
in andere Theile der Kolonie verbreitet. Er wird 
von sämmtlichen Lehrern der Londoner Missions- 
gesellschaft, der Mehrzahl der Beamten, vielen An- 
siedlern und manchen Eingeborenen verstanden. Unter 
den Verordnungen, welche ins Motu übersetzt und so 
dem Verständniß der Eingeborenen näher gebracht 
sind, dürften hervorzuheben sein diejenigen, welche 
den Ehebruch, die Beerdigung Todter an andern 
als den dafür festgesetzten Plätzen, die Zerstörung 
von Kokospalmen unter Strase stellen. 
II. Rechtsprechung. 
Die Organisation der zur Ausübung der Rechts- 
pflege berufenen Behörden hat eine Veränderung nicht 
erfahren. Nur ist zu bemerken, daß der Sitz des 
für den westlichen Distrikt bestellten magistrate von 
Mabndauan nach der etwa vierzig Seemeilen in nord- 
östlicher Nichtung entfernten Insel Yaru verlegt ist. 
Dieser Platz, welcher bisher schon regelmäßig von 
Perlfischern angelanfen wurde, ist wegen seines guten 
Hafens, welcher bei Niedrigwasser von Fahrzeugen 
bis zu zwölf Fuß Tiefgang benutzt werden kann, 
hewählt worden. Auch wünschte man den Ver- 
 
	        
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