Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

waltungssit den Stämmen am Flyfluß, welchen man 
besondere Beachtung schenkt, näher zu rücken. 
Aus der Uebersicht über die gerichtlichen Geschäfte 
ergiebt sich, daß: 
a) Von dem central court gegen 12 An- 
geschuldigte verhandelt wurde. Von diesen wurden 
33 verurtheilt, 9 freigesprochen; von den ersteren 
wurden 18 wegen Mordes mit Todesstrafe belegt. 
Die Opfer der Verbrechen waren durchweg Eingebornc. 
Die Strafthaten selbst fanden ihre letzte Erklärung 
in den eigenartigen Anschauungen der Eingebornen; 
in Berücksichtigung dieses Umstandes ist in allen 
Fällen von der Vollstreckung der Todesstrafe im 
Gnadenwege Abstand genommen. 
Gegen Weiße hat ein Verfahren nicht geschwebt. 
b) Bei den courts ol petty sessions schwebten 
Verfahren gegen 31 Personen, von welchen 27 ver- 
urtheilt wurden. 
Hervorgehoben wird, daß Fälle der Abgabe von 
Bafsen und Munition sowie Spirituosen an Ein- 
geborne im Berichtsjahr nicht zur Aburtheilung ge- 
langt sind. Wegen Zuwiderhaudlung gegen die Ver- 
ordnung, betreffend Anwerbung von Arbeitern, ist 
mur in einem Falle Bestrafung eingetreten. 
e) Die native magistrales courts verhandelten 
gegen 48 Personen, von welchen 43 verurtheilt 
worden. 
Die Vergehen, derentwegen vornehmlich auf Strafe 
erlannt wurde, waren Diebstahl bei 19 Verurtheilten, 
Körewerletzung bei 9 Verurtheilten. 
Wegen Zuwiderhandlung gegen die Verordnung, 
betressend Bestrafung des Ehebruchs, ist gegen sechs 
Eingeborne auf Strafe erkannt worden. Fünf wurden 
verurtheilt wegen Uebertretung der Verordnung, welche 
die Beerdigung der Todten in den Häusern oder 
Hofräumen untersagt. 
Die Thätigkeit der gerichtlichen Behörden in 
Ziiilsachen trat auch im Berichtsjahre wenig hervor. 
I1II. Verwalktung. 
Auch im Berichtsjahr ist die Ausdehnung des 
Einflusses der Regierung auf immer weitere Kreise 
der Eingeborenen mit Erfolg betrieben worden. 
Mit besonderem Eiser hat man sich bestrebt, die 
Eingeborenen selbst zu den Aufgaben der Verwaltung 
heranzuziehen. In einer großen Anzahl von Stämmen 
sind angesehene Stammesangehörige vom Administrator 
mit obrigkeitlichen Funktionen beauftragt worden. 
Ihren sind eingeborene Vollziehungsorgane (police- 
men) beigegeben. Die Erfahrungen, welche man 
mit diesem Versuch bisher gemacht hat, werden als 
auffallend günstige geschildert. 
Dementsprechend hören, wie der Bericht hervor- 
hebt, dort, wo der Einfluß der Regierung sich gellend 
macht, die ständigen Stammesfehden auf, die Ein- 
geborenen geben sich mit Eintritt von Ruhe und 
Ordnung der Bestellung ihrer Länder mit früher 
unbekonntem Eiser hin und gelangen damit in bessere 
Lebensverhältnisse. So wird vom Administrator auf 
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Grund einer im Juli 1892 erfolgten Bereisung des 
sich hebenden Wohlstandes des Distrikts Rigo (süd- 
östlich von Port Moresby) besonders Erwähnung 
gethan; der dazu gehörige Kappa-skappastamm, 
welchem von der Regierung eine herrenlose Fläche 
Landes zu Kultivationszwecken überwiesen war, hatte 
auf derselben mehr als 2000 Kokospalmen aus- 
gepflanzt. 
Mit besonderer Energie sucht man die gesund- 
heitlichen Verhältnisse in den Wohnorten der Ein- 
geborenen zu bessern. Namentlich wird das Verbot, 
die Todten innerhalb der Häuser oder Hofräume 
zu beerdigen, durchgeführt troß der Schwierigkeiten, 
welchen diese Maßnahme in allen Theilen der Kolonie 
infolge alteingewurzelter Vorurtheile begegnet. In 
dem westlichen Distrikte, wo an vielen Orten seit 
Alters her der ganze Stamm in einem einzigen 
hroßen Hause untergebracht ist, gelang es in einem 
Dorfe, Mawatta, die Einwohner zu veraulassen, mit 
dieser Gewohnheit zu brechen und neue Häuser, von 
denen jedes zur Unterkunft für zwei Familien 
bestimmt ist, zu errichten. 
Aus dem westlichen Verwaltungsdistrikt wird 
über den Mangel au passender Arbeitsgelegenheit 
geklagt, da nur wenige Händler angesiedelt sind und 
diese noch dazu über geringe Mittel verfügen. Es 
wird bellagt, daß die Eingeborenen nicht mehr, wie 
früher, sich außerhalb der Kolonie zur Arbeit ver- 
dingen dürsen, wodurch ihre Entwickelung unter- 
bunden werde. 
Aus den Dienstreisen des Administrators, welche 
sich auch im Jahre 1892)93 auf alle Theile der 
Kolonie erstreckten, ist besonders hervorzuheben: 
a) Die Regelung der holländisch-englischen Grenze. 
Da insolge der in das englische Gebiet unter- 
nommenen, regelmäßig wiederkehrenden Naubzüge der 
im holländischen Theil von Neuguinca wohnenden 
s. g. Tugeri die Ausübung der Regierungsgewalt 
in den beiderseitigen Grenzgebieten erforderlich wurde, 
hallc sich das Bedürsniß geltend gemacht, an Stelle 
der Grenze des 141. Meridians östlicher Länge 
eine nalürliche, äußerlich erkennbare zu schafsen. Zu 
diesem Zwecke traf der Administrator mit dem 
holländischen Bevollmächtigten Resident Bensbach 
aus Ternate, welcher von dem Kriegsschiff „Java“ 
begleitet war, in Thursday Island zusammen. Von 
dort begab man sich an Ort und Sielle und gelangte 
Anfang März 1893 zu einem Uebereinkommen, 
n. welches folgenden Inhalt hat: 
Die Grenzlinie beginnt in der Mitte der Mündung 
eines elwa zwei Seemeilen östlich des 141. Grades 
ins Meer sich ergießenden Wasserlaufs, welcher zu 
öEhren des holländischen Unterhändlers „Bensbach- 
1 fluß" genannt ist. Von dem Anfangspunkt zieht sich 
die Grenze in nördlicher Richtung zum Flyfluß und 
folgt hierauf diesem Wasserlauf bis zu seinem Schnitt- 
punkt mit dem 141. Längengrade, welcher weiterhin 
nördlich als Grenze beibehalten wird. Durch dies 
Arrangement wird das linke Ufer des Flyflusses,
	        
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