Full text: Deutsches Kolonialblatt. VII. Jahrgang, 1896. (7)

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beiden Europäern bis über die Kniee, da das Floß 
aber im ziemlich reißenden Strome nur trieb, war 
ein Abwaschen nicht zu fürchten. Opia stand vorne, 
Ranga hinten auf dem Floß, von Steuern war wenig 
die Rede. 
Kaum 150 m von der Abfahrtsstelle stieß das Floß, 
als es gerade an einem Felsen vorübertrieb, auf einen 
unter Wasser quer zur Stromrichtung liegenden 
Baumstamm und kenterte unmittelbar. Alles wurde 
ins Wasser geschleudert, und Ehlers und Piering, 
Beide scheinbar in tiefem Schlafe, der durch die 
körperliche Schwäche erklärt werden muß, ver- 
sanken lautlos in den Fluthen und sind auch nicht 
wieder an die Oberfläche gekommen; ohne Kampf 
sind sie kraftlos und willenlos in den reißenden 
Fluthen ertrunken. Ranga und Opia waren durch 
die Strömung in die Nähe des rechten Flußufers 
gerissen und es gelang Beiden, je ein herunterhän- 
gendes Lianentau zu ergreisen und sich an das Ufer 
zu retten. Von den beiden Europäern hat keiner 
von ihnen wieder etwas gesehen. 
Leider hat Ehlers den zu Juß weiter ge- 
wanderten Leuten keine schriftliche Mittheilung irgend 
welcher Art mitgegeben; Alles hat sich in dem von 
ihm selber auf das Floß mitgenommenen Stahlkoffer 
befunden, und so sind die Aufzeichnungen, welche 
genaues Licht über die Expedition, ihre Erfahrungen 
und Leiden verbreiten könnten, leider in dem Fluß 
versunken und unwiederbringlich verloren. 
Der Fluß, in welchem Ehlers und der Polizei- 
unteroffizier Piering wahrscheinlich um Mittag 
des 3. Oktober 1895 den Ertrinkungstod in den 
Fluthen gefunden haben, ist zweifellos, nach den 
weiteren Erlebnissen der verwaisten Expedition zu 
schließen, der in früheren Karten Heath River ge- 
nannte Fluß, welcher bei Motu-Motu in die Frisch- 
wasserbucht des Papuagolfes mündet. Seitens des 
Gouvernements von Britisch-Neu-Guinen wird dieser 
Fluß jetzt „Lakemumu River“, auch einmal „Motu- 
Motu River" genannt, die erstere Bezeichnung ist 
aber die offiziell gebräuchliche. 
Von den anderen Schwarzen hat das Kentern 
des Flosses und den Ertrinkungstod der beiden Weißen 
Niemand vom Ufer mit angesehen, da sie alle bereits 
vor Absetzen des Flosses sich auf den Weg gemacht 
hatten. - 
Ranga und Opia gelang es nach einiger Zeit, 
sich mit den Anderen zu vereinigen, und so gingen 
noch 33 Schwarze das Ufer des Flusses entlang, sich 
den Weg sast stets mit dem Buschmesser bahnend. 
Hin und wieder wurden einzelne Sagopalmen 
am Flusse gefunden, von deren Mark sich kärglich 
genährt wurde. Einzelne starben auf dem Wege an 
Entkrästung und zwei, Barono und Kipitu, kamen 
beim Suchen nach Nahrung von dem Gros ab. 
Nach neun Tagen Marsch waren schon elf der 
Ueberlebenden gestorben, zwei hatten sich augenschein- 
lich verirrt, so blieben nur noch 19 übrig, die bei 
einem größeren Bestand von Sagopalmen beschlossen, 
  
aus dem leichten Holz derselben sich Kanus zu bauen 
und die Weiterreise zu Wasser zu machen. 
Während einer dreitägigen Ruhe wurden die 
leichten Kanus fertiggestellt und dann ging es leicht 
stromab. Nachts wurde am Ufer angelegt und ge- 
schlafen und des Tags über wurde gefahren. Die 
Nahrung war lediglich das Mark der Sagopalme. 
Am sechsten Tage, also am 21. Oktober, sahen die 
Reisenden Kokosnußpalmen am Lande und froh des 
langersehnten Anblicks, eilten sie an Land, um sich 
die beliebte Nahrung zu holen. Bald erschien aber 
ein Boot mit bewaffneten Eingeborenen, die sofort 
mit Bogen und Pfeil drohten. Die Besonnenheit 
der Schwarzen, obgleich sie über sechs Mauserkara- 
biner und genügend Patronen verfügten, verbunden 
mit ihrem traurigen körperlichen Zustande, der den 
Angreifenden durch bezeichnende Geberde bald erkenn- 
bar gemacht wurde, ließen es nicht zum Kampfe 
kommen. Die Eingeborenen hatten bald verstanden, 
daß sie es mit halb verhungerten Leuten zu thun 
hatten, die ihre Unterstützung anriefen, sie waren 
freundlich und gaben ihnen nun freiwillig genügend 
Kokosnüsse, daß ihr Hunger einigermaßen gestillt wurde. 
Die Reisenden wurden nun in das Dorf geführt, 
eines der vielen Mowiawidörfer jener Gegend, gut 
behandelt und bewirthet. Nach einer Nachtruhe, die 
endlich unter Dach geschehen konnte, und fast Alle 
gekräftigt, ihnen jedenfalls neuen Muth bei der Ge- 
wißheit ihrer Rettung eingeflößt hatte, wurden am 
nächsten Tage die Kanus bestiegen und innerhalb 
drei Tagen war Motu-Motu an der Mündung des 
Flusses erreicht. Der Lehrer der Londoner Missions- 
gesellschaft Peter und der Häuptling Lahari von 
Motu-Motu nahmen sich mit großer Sorge der 
Ueberlebenden an. Als dem Häuptling Lahari er- 
zählt wurde, daß zwei sich verirrt hätten und daß 
sie noch im Innern steckten, ging dieser Mann mit 
Begleitung ins Innere und es gelang ihm wirklich, 
die beiden, Barono und Kipitu, die etwa zehn Tage 
lang mit einem kleinen Buschstamme gelebt hatten und 
dort gut behandelt waren, zu finden und am 4. No- 
vember nach Motu-Motu zu bringen. Die Ueber- 
lebenden der unglücklichen Expedition haben also 
wirklich das Ziel, welches sich Ehlers gesleckt 
hatte, erreicht, sie sind an der Mündung des in 
den älteren Karten „Heath River“ genannten Flusses 
Lakemumu an die See, den Golf von Papua, ge- 
kommen. Nur die beklagenswerthe Unterschätzung 
der Schwierigkeiten des Weges und damit eng ver- 
bunden die Mitnahme zu geringer Lebensmittelvorräthe 
haben die geplante Durchauerung verunglücken lassen. 
Mit genügender Nahrung versehen, wären die übrigen 
schweren Leiden zu ertragen gewesen, nur der Nah- 
rungsmangel hat mit der Abnahme des physischen 
Widerstandes auch die moralische Kraft gebrochen und 
eine Lässigkeit in der Behandlung der bösen eiterigen 
Wunden nach sich gezogen, die für die Meisten und 
besonders Ehlers und Piering mit verhängniß- 
voll geworden ist.
	        
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