Full text: Deutsches Kolonialblatt. VII. Jahrgang, 1896. (7)

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besuchen, da es dort reichlich Schafe, auch große 
Viehherden und Pferde geben solle. Dann lag mir 
daran, Erkundigungen über die Religionsverhältnisse 
und über die Dichtigkeit der Bevölkerung einzuziehen. 
Da die Tshautsholeute und besonders ihr König 
Dshabo Abu Bukari (gewöhnlich Dshabo genannt) 
sehr gefürchtet sind, konnte ich nur mit größter Mühe 
zwei Lastträger unter den Adelern auftreiben, und 
diese liefen mir wirklich in Paratau, der Hauptstadt 
von Tshanksho, davon. Eines Morgens, als wir 
eben weiterreisen wollten, waren sie plötzlich ver- 
schwunden. Nachdem ich noch einen dritten Lasten- 
träger, einen Eingeborenen aus Fasogn, der mir zu- 
gleich als Dolmetscher diente — in Fasogu und 
Tshautsho spricht man Timu — angeworben, brach 
ich mit noch einigen Hausknaben am 23. Juni auf. 
Als wir uns der Stadt Fasogu näherten, kamen 
plötzlich vier phantastisch gekleidete Reiter, mit langen 
Speeren und Schwertern bewaffnet, auf uns zu ge- 
sprengt, während der Trommler ihnen folgte. Sie 
waren vom König geschickt, um uns in die Stadt zu 
geleiten. Hier war denn einc große Volksmenge zu 
unserem Empfang erschienen. Der König selbst saß 
in seiner großen, zugleich als Pferdestall dienenden 
Empfangshalle auf einigen Lederkissen. Er ist ein 
gutmüthiger Alter, der sich sehr über unser Kommen 
freute. Als wir am folgenden Morgen auf einem 
großen freien Plaß predigten, war eine ausehnliche 
Volksmenge erschienen. Sie hörten uns ruhig an 
und waren recht dankbar und erfreut für die gehörte, 
ihnen ganz neue Botschaft. In diese Gebiete waren 
ja noch nie weder Missionare noch eingeborene Lehrer 
oder Prediger gekommen. Sie erklärten, sie würden 
recht froh und dankbar sein, wenn wir uns bei ihnen 
niederlassen würden, um Gottes Wort zu verkündigen. 
Von Fasogu ging es nun auf meist gutem Wege 
in das Tshautsholand. Ueberall erquickten wir uns 
an den ausgedehnten Yams= und Maisplantagen, die 
sehr sauber und rein gehalten waren. In allen 
Farmen trafen wir Pferde und sehr oft auch schönes 
Rindvieh. Die Bewaffnung der Bewohner besteht in 
Speer, Pfeil und Bogen. Unbewaffnet geht z. B. 
Niemand auf die Farm. Einige Stunden vor Pa- 
ratau sandte ich einen berittenen Boten, um uns beim 
König Dshabo anzumelden. Letzterer war jedoch ab- 
wesend. In Paratau nahmen wir Wohnung in den 
einfachen runden Lehmhütten der deutschen Regierung, 
die mir von Graf v. Zech freundlichst zur Verfügung 
gestellt waren. Am folgenden Tage erschien deun der 
König auf einem prachtvollen schwarzen Hengst, be- 
gleitet von 30 bis 40 Reitern, deren eiserne Lanzen- 
spitzen in der Mittagssonne glänzlen. Ihnen folgten 
Fußvolk und einige Trommler. Alle waren mit 
Speeren, Pfeil und Bogen bewaffnet. Die Pferde 
waren reich geschirrt, und die Soldaten selbst waren 
meistens in weite, wehende Haussahemden gehüllt, mit 
phrygischer Mütze oder Turban und großem Strohhut 
mit farbiger Lederverzierung auf dem Kopfe. Manche 
der Reiter trugen wattirte Stiefel, die bis zu den 
  
Hüften reichten, und wieder andere weite Stulpen- 
stiefel aus buntem Leder, an denen die Sporen be- 
festigt waren. Der ganze Aufzug bot ein farben- 
prächtiges Bild, wie ich es in Afrika noch nicht 
gesehen hatte. Auf einem großen freien Platze vor 
dem Palaste des Königs fand alsdann ein Pferde- 
wettrennen statt, an dem sich auch der König in 
voller Waffenrüstung betheiligte. Wie im Sturmwind 
schossen die einzelnen Reiter dahin und schwangen in 
der Rechten die Lanze wie zum Wurfe aushebend. 
Natürlich hatte das prächtige Schauspiel eine große 
Volksmenge herbeigelockt. Zu meiner großen Ueber- 
raschung und Freude konnte ich hier auch frische 
Milch und Butter bekommen. Zum ersten Mal in 
Afrika! Der König ist nicht nur ein gefürchteter 
Soldat und Krieger, sondern auch ein geschickter 
Farmer. Er besitzt drei sehr große Farmen, und 
auf jeder trifft man Pferde, Schafe und eine Herde 
Rindvieh. Auf einer zählte ich 54 dieser gehörnten 
Hausthiere. Auf meiner Heimreise konnte ich eine 
Kuh mit Kalb kaufen und kann gegenwärtig jeden 
Tag frische Milch haben. Mit Vieh, Schafen und 
dergleichen, auch mit Pferden kann man sich hier 
jederzeit versehen. 
Von Paratau aus besuchten wir auch die große 
Stadt Tshamba, die wohl 10 000 Einwohner zählen 
dürfte. Stark bevölkerte Orte giebt es hier vicle. 
Paratan, Dadaura, Katambara, Agulu sind alle sehr 
groß und liegen nahe beieinander. Die drei ersten 
kann man z. B. alle in cinem halben Tag besuchen. 
In all diesen Städten und Dörfern wurden wir sehr 
freundlich aufgenommen, und überall wurde die Pre- 
digt gerne angehört. In Paratau und besonders in 
Tshamba würde die Bevölkerung sich sehr freuen, 
wenn wir uns entschließen könnten, uns bei ihnen 
niederzulassen. In Tshamba luden sie uns förmlich 
dazu ein und bedauerten, daß wir nicht gleich blieben. 
Auch Mohammedaner waren bei der Predigt zugegen. 
An manchen Orten erwartete ich Widerstand, aber 
Alle waren ruhig. Obwohl ich ihnen z. B. in Da- 
daura, ihrem Hauptsitz, den Unterschied zwischen dem 
Islam und der christlichen Religion klar zu machen 
suchte, soweit das im Rahmen einer Ansprache möglich 
ist, hörken doch Alle ruhig zu. Auch der Limam 
Ibrahima, der eine Wallfahrt nach Mekka unter- 
nommen hatte, zeigte sich freundlich, gab mir jedoch 
keine Hand zum Gruß und sagte, wenn ich nicht ein 
Weißer wäre, würde er mich gar nicht empfangen 
haben. Daß ich als Weißer hierhergekommen, um 
Gottes Wort zu predigen, wundere ihn nicht. Er 
habe zuvor gewußt, daß Weiße zu diesem Zweck 
kommen werden, und er freue sich, daß ich nun ge- 
kommen sei, und er würde es mit Freuden begrüßen, 
wenn wir bei ihnen wohnen wollten. 
Im Großen und Ganzen sind aber die Bewohner 
von Tshautsho noch Heiden. Kleine Mohammedaner- 
kolonien fand ich nur in Tshamba und Dadaura. 
Hingegen trifft man fast überall große Karawanen, 
manchmal 50 bis 60 Man stark und noch mehr.
	        
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