Missionslager. Dort fand ich beide Herren auf dem
Fleck, wo das Zelt stand, in dem sie schliefen, todt,
jeder von ungefähr 30 Speerstichen durchbohrt; da-
neben lag ein Diaggajunge, in derselben Weise zu-
gerichtet. Letzterer wurde von einem Träger der
Missionare, Radiabu, der sich in der Nähe im Ge-
büsch versteckt hatte und jetzt zitternd hervorkroch, als
ein Boy des Missionars Ovir rekognoszirt. Die
Zelte hatten die Mörder zerschnitten und mitgenommen,
ebenso wie die Zenglasten, Perlen, Kleidungsstücke,
Bettzeug, Wäsche, Geschirr. Kisten und Koffer waren
zerschlagen und ausgeschüttet und ihr Inhalt zum
größten Theil gestohlen. Auf dem Platze fand ich
herumgestreute Briefe, zerrissene Bücher, zwei Photo-
graphiealbums mit herumgestreuten Photographien,
ferner Nägel, Schrauben und ausgeschüttet Mehl,
Reis, Zucker und sonstige Lebensmittel. Gewehre
wurden nicht vorgefunden, ebenso wenig Revolver, an
Munition nur 20 Mauserpatronen und 50 Revolver-
patronen. Die Räuber haben demnach an Waffen
zwei Gewehre M/71, drei Jägerbüchsen M/71, zwel
Revolver und eine Büchsflinte sowie etwa 275 Mauser-
patronen, eine Menge Revolver= und Jagdpatronen
mitgenommen.
Auf der Stelle, wo die Herren gefallen sind,
wurde ein Grab gegraben, beide Leichen hineingelegt
und ein Vaterunser darüber gebetet. Am Kopfende
des Grabes wurde ein Kreuz angebracht und daran
ein Bild, einen Christuskopf darstellend, welches wir
an Ort und Stelle vorfanden, befestigt. Die sofor-
tige Beerdigung des Djaggaboys wurde dem Häupt-
ling Matunda aufgetragen.
Der Träger Radjabu sagte Folgendes aus: Am
Tage, als die Missionare in Meru ankamen, habe
sie der Häuptling Matunda begrüßt, freundlich auf-
genommen und ihnen einen Ochsen zum Geschenk
gebracht. Gleichzeitig habe er ihnen gesagt, er sei
zwar ein großer Freund der Europäer, aber unter
den Leuten hier am Meruberg gäbe es viele, die
keine Europäer in ihrer Landschaft wohnen haben
wollten. Diese Leute würden ihm nicht gehorchen
und die Missionare bekriegen. Letztere hätten Ma-
tunda geantwortet, dann würden sie auch Krieg
machen; sie glaubten seinen Worten aber nicht, es
wäre nur Verleumdung (Fittina). Matkunda sei dann
am nächsten Tage wiedergekommen, habe seine War-
nungen wiederholt, aber nur dieselbe Antwort be-
kommen wie tags vorher. Die Träger, welche diese
Gespräche mit angehört hätten, wären ängstlich ge-
worden und hätten die Missionare gebelen, ihnen
doch Gewehre zu geben. Dies sei indessen abgeschlagen
worden unter dem Hinweis, daß die Eingeborenen
gar nicht daran dächten, etwas Feindliches zu unter-
nehmen, und die Herren hätten alle Gewehre und
Munition in ihrem Schlafzelt untergebracht.
Wie wenig die Herren an die Möglichkeit einer
Gefahr dachten, geht daraus hervor, daß sie weder
mir, noch dem Lieutenant Merker gegenüber die
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Warnungen Matundas erwähnten, trohdem wir
stundenlang über die Verhältnisse in Meru und be-
sonders über die uns gebrachten Gerüchte sprachen;
im Gegentheil betonten sie bei jeder Gelegenheit ihre
absolute Sicherheit. Ueber die Nacht vom 19. zum
20. erzählt Radjabu weiter: Ein sehr großer Haufen
Krieger im Kriegsschmuck mit Speer, Schild, Schwert
und Keule seien aus einer unweit des Missionsplatzes
liegenden Bananenschambe herausgekommen und habe
auf einem freien Felde ein kurzes Schauri gehalten.
Ein kleiner Theil habe darauf das Lager im Halb-
kreis hinten herum umstellt, während die große Masse
über den Fluß nach meinem Lager zu gegangen sei.
Als mein Feuer gehört wurde, seien die Krieger ins
Zelt, wo beide Herren schliefen, eingedrungen, einer
der Missionare habe einen Schuß abgegeben, worauf
beide sogleich niedergestochen worden seien und sich
die Mörder sofort an die Plünderung gemacht hätten.
Die Träger seien weggelaufen, er selbst habe sich
ganz in der Nähe im Gebüsch versteckt gehalten.
Nachdem die Herren beerdigt waren und ich die
vorgefundenen Sachen in leere Kisten und Koffer
hatte verpacken lassen, marschirte ich aus der Land-
schaft heraus. Sofort konnte ich strafend nicht ein-
greifen, da ich nur 50 Askaris bei mir hatte und
außerdem die Mörder bereits entflohen waren. Bei
der Ausdehnung der Landschaften Merun und Aruscha
und den zerstrent in den Bananenhainen liegenden,
einzelnen Hütten wären bei einem sofortigen Ein-
schreiten nur einige ganz unschuldige Weiber und
Kinder ums Leben gekommen. Ich marschirte des-
halb gleich nach Moschi zurück, einmal um, nachdem
ich mich der Theilnahme der Wadjaggas an einer
Strafexpedition gegen den Meru vergewissert hatte,
so schnell als möglich zu dieser aufbrechen zu können,
andererseits aber um auch in der Lage zu sein, die am
Berge liegenden Missionsniederlassungen zu schützen,
denn es war nun zum mindesten sehr wahrscheinlich,
daß die Mernkrieger, denen durch die Ermordung
zweier Europäer der Kamm geschwollen war, versuchen
würden, in irgend eine Djaggalandschaft einzudringen
oder die Farm der Straußenzuchtgesellschaft zu
überfallen.
Aus diesem Grunde kann ich auch mit der Be-
strafung nicht warten, bis eine eventuelle Unterstützung
von der Küste hier eingetroffen ist. Ich marschire
deshalb am 31. Oktober mit 95 Askaris und 2000
bis 3000 Wadjaggas als Hülfstruppen nach dem
Meruberg ab. —
Wie inzwischen telegraphisch mitgetheilt worden,
ist die Expedition glücklich beendet und der Kom-
pagnieführer Johannes ist von ihr nach der Unter-
werfung und Bestrafung von Aruscha nach Moschi
zurückgekehrt.