Full text: Deutsches Kolonialblatt. VIII. Jahrgang, 1897. (8)

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würzuelken, Zimmet, Kardamom 2c. sind weniger 
rentabel als der Kakao, auch könnte Pflanzmaterial 
zur Anlage einer großen Pflanzung nur allmählich 
und theilweise nur mit sehr großen Hosten beschafst 
werden. Dagegen ist die Versuchsplantage in Vic- 
toria, welche in diesem Jahre eine Ernte von 
7000 kg Kakao macht, sehr wohl im Stande, eine 
sich bildende Kakaoplantage, mag sie noch so groß 
sein, mit Saatgut der verschiedensten und edelsten 
Varietäten in ausreichendstem Maße zu versehen. 
In der Versuchsplantage in Victoria wurde die 
Saat zu den ersien Kakaobäumchen im April und 
Mai 1892 ausgesät bezw. gesteckt. Ende 1894 
schon entwickelten sich Früchte. In diesem Jahre, 
also in einem Alter von vier Jahren, haben sie 
bereits eine Ernte von 1,5 kg getrocknete Kakao- 
bohnen pro Baum ergeben, das heißt, da sie auf 
4 ¼4 bezw. 4:5 m gepflanzt, bei 50 Pfennige pro 
Pfund einen Ertrag von 937,5 Mark bezw. 
750 Mark für den Hektar. — Die Wachsthums- 
verhältnisse und das Verhalten gegen Krankheiten 
haben dargethan, daß man am besten eine Pflanz- 
weite von 5:5 m als Normalmaß annehmen muß. 
Fängt nun ein Pflanzer mit 200 Arbeitern im 
Dezember 1996 an zu arbeiten, und ist er sich be- 
wußt, daß er in den ersten zwei Jahren außer 
Fertigstellung von eben ausreichenden Unterkunfts- 
räumen, nichts Anderes zu thun hat, als zu roden 
und zu pflanzen, so kann er im September 1897 
bereits 125 ha mit 50 doo Bäumen bepflanzt haben. 
Von diesen wird er im Jahre 1900 schon etwa 
6000 kg, im Jahre 1901 aber schon 75 000 kg 
Kakao ernten. Pflanzt er nun bis September 1898 
ute3 SHnzziehmg g 100 Arbeitern wiederum 
„und unter Hinzuziehung von weiteren 
50 Arbeitern bis Septende ge Vicbernm 100 ha, 
so werden die Ernten von 1901 ab demgemäß 
Heigen, und der Ertrag wird im Jahre 1903 un- 
d hr 1956 000 Mark betragen. Diese Zahlen 
onnen sich bedeutend steigern, wenn schneller ge- 
bflanzt wird, jedoch kommt es dabei sehr auf das 
Arbeitermaterial von Schwarzen sowohl als auch — 
und noch mehr — von Weißen, d. h. Aufsehern an. 
Zum Anfangen gehört natürlich ein ziemlich 
großes Kapital, denn man muß bedenken, daß die 
Einnahmen in den ersten drei Jahren gleich Null 
oder völlig unbedeutend sind. Eine große Ausgabe 
freilich fällt in Kamerun vorläufig noch fast ganz 
sort, das ist die Ausgabe für den Erwerb von 
Grund und Boden. Das ganze, 4000 ha große 
Gebiet, der westafrikanischen Pflanzungsgesellschaft 
Victoria, ist für 15 000 Mark erworben worden. 
In Seo Thomé würde man dafür das Zehnfache 
bezahlen müssen. Nun kommen noch einige Tausend 
Mark als Entschädigung der Eingeborenen für das 
Abtreten der Farmen dazu, aus denen aber sofort 
wieder ein Ertrag gezogen wird. 
di Die hauptsächlichste Ansgabe sind die Löhne für 
ie Arbeiter. Die Bakwilis erhalten 12 Mark Lohn 
  
pro Monat und außerdem freie Verpflegung, welche 
etwa 30 Pfennige für den Tag kostet. Wei-, Bassa- 
und Kruneger erhalten im Durchschnitt 15 Mark 
pro Monat und kosten 50 Mark Passage im Jahr. 
Bei der westafrikanischen Pflanzungsgesellschaft Vic- 
toria, welche mit Balis arbeiten will, die Dr. Zint- 
graff aus dem Inneren zur Küste heranzuziehen 
bemüht ist, wird es natürlich sehr darauf ankommen, 
mit diesen Leuten ein beide Theile befriedigendes 
Abkommen zu treffen. Wird dieses erreicht, — und 
bei der Erfahrung des Dr. Zintgraff ist dieses 
anzunehmen —, so muß die Arbeiterfrage als gelöst 
betrachtet werden, denn dann wird es nicht schwierig 
sein, dauernd frischen Zuzug von Arbeitskräften aus 
dem reichbevölkerten Graslande zu erhalten. 
Ebenso wie die Arbeiterfrage ist auch die Frage 
der Plantagenleiter und Aufseher in der Lösung 
begriffen. Vorläufig fehlen freilich noch in den 
westafrikanischen Kolonten und in Deutschland Leute, 
welche Erfahrung in der tropischen Agrikultur haben, 
aber sie bilden sich allmählich heran. Die drei in 
Kamerun bestehenden Kakaoplantagen stehen alle 
unter der Leitung von Männern, die nicht als ge- 
lernte Pflanzer nach Afrika hinanskamen. Auch die 
Aufseher sind nie gelernte Kakaopflanzer gewesen, 
und die intelligenteren und strebsameren unter ihnen 
haben den Betrieb in wenigen Jahren gut gelernt. An 
der Debundjapflanzung sehen wir es am besten, wie 
Jemand, der vorher gar keine Erfahrungen als 
Pflanzer hatte, unterstützt durch eine gute Beobach- 
tungsgabe, bei Anspruchslosigkeit und unermüdlicher 
und vor Allem zielbewußter Arbelt ein Pflanzungs- 
unternehmen mit Ersolg durchführen kann, und noch 
dazu mit ganz geringen Mitteln. 
Im Ganzen kann man wohl sagen, daß die 
Verhältnisse für im Bezirk Victoria sich bildende 
Pflanzungsunternehmungen niemals günstiger gelegen 
haben als gerade jetzt, und die Zeit ist hoffentlich 
nicht mehr fern, wo der ganze Fuß des Kamerun- 
gebirges eine einzige Kette blühender Kakao= und 
Kaffeeplantagen sein wird. 
Katurwissenschaftliche Lammlungen. 
Von Herrn Dr. Preuß sind an das Königliche 
botanische Museum zur Begutachtung mehrere Proben 
von Stricken, hergestellt aus der in Kamerun häufigen 
„Tote"“, eingesandt worden. Die beigelegte Pflanze 
wurde als Urera obovata Beuth erkannt, welche 
im tropischen Afrika häufig ist. Ferner sandte Herr 
Dr. Preuß einen Zwelg von einem in Victoria 
wachsenden Baum von 30 m Höhe ein, den er für 
Kickzxia alricana hielt. Die Vermuthung von 
Dr. Preuß hat sich durch Vergleich mit im botani- 
schen Museum befindlichen Originalexemplaren dieses 
so werthvollen Kautschukbaumes als richtig erwiesen. 
Es wird sich also jetzt nur darum handeln, größere
	        
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