— 77
Fürsten diese Gelder dementsprechend zur Verfügung.
Wie bereits früher berichtet worden ist, stützte sich
der Vorschlag des Fürsten auf die günstigen Erfah-
rungen, welche einerseits die Züricher Maschinen-
fabriken von Escher, Wyß & Co. bei dem Bau
mehrerer Aluminkumfahrzeuge, andererseits der Fürst
selbst mit seinem von derselben Firma erbauten Alu-
miniumruderboot während einer längeren Gebrauchs-
zeit gemacht hatte und die unter anderen die hollän-
dische Regierung bewogen hatten, eine 11,20 m lange
zerlegbare Doppelschraubennaphthapinasse für Sumatra
nach den Entwürfen des Fürsten bei der genannten
Firma bauen zu lassen. Der sofortigen Ausführung
des Planes stand indessen zunächst entgegen, daß das
Ergebniß der umfangreichen Schlußabrechnung des
Komitees erst abgewartet werden mußte und daß,
als dasselbe sich als unzureichend erwies, die erforder-
lichen Mittel zur Sicherstellung des geplanten neuen
Unternehmens anderweitig beschafft werden mußten.
Letzteres war bls zum Herbst 1895 gelungen. In-
zwischen war in der Fabrik von Escher, Wyß & Co.
ein weiteres Aluminiumboot, und zwar eine Yawl-=
Kutter-Segelyacht mit Naphthamaschine nebst zwei
Aluminiumbelbooten für den Fürsten zu Wied —
die „Aluminia“ — fertiggestellt und hierbei dos
Aluminium in so weitgehendem Maße zur Anwendung
gebracht worden wie bisher bei keinem anderen Boote
vorher. Nicht allein die Steven, der Kiel, der Pro-
peller und die Stevenbüchse, sondern auch der Naphtha-
tank und alle Rohrleitungen waren aus reinem Alu-
minium hergestellt. Dies war geschehen, weil sich
ergeben hatte, daß bei der Verwendung anderer
Metalle, namentlich von Messing und Kupfer neben
Aluminium — z. B. wenn Aluminlumplatten auf
einen Stahlkiel aufgenietet oder durch Kupferniete
miteinander verbunden waren —, das Aluminium
namentlich im Seewasser schnell und stark angegriffen
wurde, während dies nicht beobachtet worden war,
wenn solche Berührung mit anderen Metallen nicht
stattfand und wenn das Aluminium außerdem aus
reinem Metall und nicht aus einer Legirung mit
anderen Metallen bestand. " «
Dadurch, daß noch während des Baues der
„Aluminia“ allerlei eingehende Untersuchungen an-
gestellt und Versuche gemacht wurden, als auch wegen
der Schwierigkeit der Schmiedearbeiten, namentlich
bei der Herstellung des Naphthatanks hatte die Fertig-
stellung der „Aluminia“ verhällnißmäßig lange Zeit
in Anspruch genommen. Alle Erwartungen erschienen
aber übertroffen, als die „Aluminia“ im Herbst 1895
ihre wiederholten Probefahrten auf dem Züricher
See nach jeder Richtung hin mit ausgezeichnetem
Erfolge beendet hatte.
Nachdem das Fahrzeug indessen vom Fürsten
übernommen, nach Santa Margherita, dem Winter-
aufenthalte des Fürsten am Mittelländischen Meere,
sädöstlich von Genua, gebracht war und einige Zeit
auf dem Meer gefahren hatte, traten plötzlich auf
zunächst unerklärliche Weise Undichtigkeiten am Naphtha-
tank auf, welche den Gebrauch des Fahrzeuges in
Frage zu stellen geeignet erschienen. Diese Erschei-
nungen wurden für so bedenklich gehalten, daß der
Beginn des Baues der Dampfpinasse für den Vikto-
riasee zunächst noch hinausgeschoben wurde. Es konnte
nun zwar bald ermittelt werden, daß diese Undichtig-
keiten nicht durch Zerstörung des Aluminiums infolge
der Einwirkung der Luft oder des Seewassers ent-
standen waren, sondern daß sie von der Zerstörung
der äußeren Löthung des Tanks durch das Seewasser
herrührte.
Um eine größere Dichtigkeit des Naphthatanks zu
erzielen, war nämlich außer einer dreifachen Nietung
eine Löthung außen aufgesetzt worden. Da das Loth
aus mehreren Metallen bestand, entstand im See-
wasser ein galvanischer Strom, der die Löthung zer-
störte, während das Aluminium vollständig intakt
blieb. Da in Afrika aber kaum weder die Mittel
noch die Erfahrungen in ähnlicher Weise zur Ver-
fügung stehen dürften, um solche Fehler aufzuklären
und zu beseitigen, so hielt es der Fürst für geboten,
erst noch weitere Versuche mit seiner „Aluminia“
anzustellen und zu warten, bis einerseits genügende
Unterlagen für die Annahme vorhanden sein würden,
daß das Aluminium auch in dem Tropenklima wetter-
beständig bleiben würde, und bis andererseits die
Verarbeitung und Bearbeitung des Aluminiums so
weit vervollkommnet sein würde, daß mit vollem Ver-
trauen an den Bau einer Aluminiumpinasse für den
Viktoriasee herangegangen werden könnte. Die Be-
denken, welche in dieser Beziehung bisher noch be-
standen haben, dürften nunmehr als gehoben betrachtet
werden können. Selbst die schwierigsten Schmiede=
arbeiten in Aluminium werden jetzt in tadelloser
Weise ausgeführt und das Reinmetall der „Aluminia“
hat sich aufs beste bewährt. Nachdem sie seit Herbst
1895 bis jetzt auf dem Mittelländischen Meere
gelegen hat und den ganzen Sommer 1896 der
italienischen Sonne, dem Wind und dem Wetter un-
geschützt ausgesetzt gewesen ist, hat die kürzlich vor-
genommene sorgfältigste Untersuchung auch nicht den
geringsten Schaden an ihr aufzufinden vermocht.
Das Aluminium ist glatt und unversehrt geblieben
und zeigt keine Spur einer nachtheiligen Einwirkung
der Seeluft oder des Salzwassers, welches dort
5 pCt. Salzgehalt hat.
Damit ist zugleich der Beweis für die außer-
ordentliche Wetterbeständigkeit des Aluminiums, wenn
es rein und unlegirt ist, erbracht, während bisher
alle Legirungen des Aluminiums in dieser Beziehung
noch viel zu wünschen übrig lassen. Eine Ausnahme
hiervon macht vielleicht nur die erst in neuester Zeit
von der Firma Berg in Eveking in Westfalen dar-
gesteltte Legirung des Aluminiums mit Wolfram,
des „Wolframin“, welches dem Reinaluminium in
der Wetterbeständigkeit gleichkommen und in der
Festigkeit erheblich übertreffen soll, doch erscheint die
Dauer der damit angestellten Versuche noch zu kurz,