stellte Lieutenant Glauning und später auch die
anderen Abtheilungen fest, daß Quawa einen unbe-
greiflichen persönlichen Einfluß auf die Eingeborenen
ausübte, denn trotz aller Todesgefahr konnten sie
seinen Forderungen nicht widerstehen. Auf solche
Meldungen hin wurden sämmtliche Truppen über
das ganze fragliche Gebiet vertheilt, besonders kom-
promittirte Orte wurden bestraft. Wie gesagt, hatte
Quawa seine Begleiter öfters getheilt; um nun deren
verschiedenen Spuren zu folgen, schlossen sich Lieute-
nant v. Kleist und Graf Fugger an das Detache-
ment Glauning an, während Lieutenant Stadl-
bauer Auftrag erhielt, seine Aufmerksamkeit speziell
Ubena nach dem See hin zu widmen. Während der
Verfolgungszeit gelang es Lieutenant Glauning
mehrfach, die Quawakarawane zu überraschen, wobei
sich jedesmal die Leute den angreifenden Soldaten
entgegenwarfen und Quawa Zeit zur Flucht ver-
schafften. An eine planmäßige Gefangennahme seiner
Person war natürlich von vornherein nicht zu denken
gewesen; Niemand wußte, wie er aussah. Der Zufall
konnte es eventuell sügen, daß Quawa bei einem
Zusammenstoße gefangen wurde. Dieser Zufall ist
nicht eingetreten.
Durch die unablässige, fast monatlange Verfolgung
gelang es, Quawa von den Ortschaften des Gebietes
zwischen Iringa und Idunda abzuschließen, ihn über-
haupt in unbewohnte Striche bezw. in die Berge
des südlichen Plateaurandes zu drängen. So wurde
die Aufmerksamkeit der Wassagira der Stations-
umgebung von den oben erörterten peinlichen Fragen
abgelenkt; die täglich sich verändernde Situation hielt
sie in Athem. An dem eigentlichen Herde der Quawa-
unruhen wurde es den Leuten allmählich klar, daß
Quawa ihnen nur Schaden brächte, die ewige Un-
sicherheit kontrastirte mit der Ruhe, welche die Leute
in der Nähe der Station genossen; in dem Maße,
wie dort der Einfluß der Station wuchs, sank hier
das Ansehen des unaufhörlich flüchtenden und ver-
folgten Quawa. In Ubena, wo die Wassagira sich
größere Hoffnungen auf Selbständigkeit machten, je
länger eine Entscheidung ausblieb, suchten sie ihre
jedenfalls vorhandene Verbindung mit Quawa auf
das möglichste Minimum zu beschränken, einmal um
sich nicht die strafenden Detachements auf den Hals
zu holen, dann aber, um sich bei meinem (wegen
Merere) in Aussicht gestellten Besuche Ubenas in
möglichst günstigem und ihre Wichtigkeit hervor-
hebenden Lichte zu zeigen. Die fortwährende Unruhe
war aber natürlich für das ganze Reich kein Vortheil.
Die Saatzeit hatte eingesetzt, es war dringend noth-
wendig, den Ackerbau in Gang, die Verwaltung end-
gültig in Ordnung zu bringen, zumal es mittlerweile
auch mit der Entlassung wenigstens der Hälfte der
Abtheilungen drängte. Das Eintreffen des entschei-
denden Gouvernementsbefehls und die Ankündigung
der 3. Kompagnie zur Ablösung der Detachements
kam daher sehr gelegen.
Alsbald schickte ich Lieutenant v. Stocki im Eil-
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marsch zu Merere, um ihn eventuell möglichst schnell
zur Uebersiedelung nach Ubena zu veranlassen.
Grenzen: im Westen der Ruaha, im Uebrigen wie
unter dem alten Merere. Am 19. November traf
endlich die 8. Kompagnie ein, und am 21. marschirte
ich mit ihr nach Idunda ab, Lieutenant Fonck wegen
einer Fußverletzung zurücklassend. Unterwegs erhielt
ich Meldungen des Lieutenants v. Stocki, denen
zufolge er wegen der Nachfolgefrage in Usafa Herrn
v. Elpons abwarte, dann aber sofort mit Merere,
der, wie zu erwarten gewesen, mit Allem einver-
standen sei und dessen speziellen Wassangu abmar-
schiren werde. Deshalb und wegen der Schauris
unterwegs verlangsamte ich meinen Marsch und traf
erst am 28. in Idunda ein, wo mir die gesammte
Wahehegarnison entgegenkam. Hier erhielt ich gleich
zu meinem Erstaunen die Nachricht, Merere wolle
unter Aufgabe von Usafa nicht nach Ubena, ich solle
die Verhandlungen abbrechen. Gleichzeitig kamen
aber Schreiben des Lieutenants v. Stocki und des
Merere selbst, welche das Gegentheil behaupteten.
Ich mußte ein Mißverständniß annehmen und wartete
die weitere Entwickelung ab. Mittlerweile wurde
meine Lage in Ubena eine sehr unangenehme. Die
Wassagira verlangten feste Maßregeln, zu denen ihnen
meine Ankunft Berechtigung zu geben schien. Die
Briefboten von Merere ließen sie dabei Lunte riechen,
während ich jetzt völlig im Unklaren war, was aus
der ganzen Sache werden würde. Um sie wieder
etwas einzulullen, bedurfte es sehr vorsichtigen Ver-
haltens. Schließlich kündigte ich eine Besichtigung
der Hauptortschaften an. Auf alle Fälle gingen
wieder Eilboten ab, um die schon von Iringa aus
durch Eilbefehl nach Idunda berufenen Detachements
zu noch größerer Eile zu veranlassen, um auf jeden
Fall vorbereitet zu sein. Mit den vorhandenen
Mannschaften zog ich von Ort zu Ort. Ueberall
fand ich eine recht starke Bevölkerung. Die Haupt-
städte sind aols von Quawa angelegte Garnisonen
(theilweise auch gegen die Wassangu) zu betrachten:
Gawiro etwa 3½ km, Idunda 2¼ km, Uhenga
1½ km, Sorowayo 1¾ km Umfang. Usewa ist
ein dichter Komplex von über 100 Temben, darunter
nach Lieutenant v. Stocki eine größere mit etwa
1000 Einwohnern. Ueberall wurden wir im feier-
lichen Aufzuge von den Wassagira an der Spitze
eines Haufens unbewaffneter Krieger empfangen.
Allenthalben entwickelten sich ausgedehnte Schauris.
Da diese eine enorme Menge Weiber betrafen, die
während der Kriegszeit gefangen worden, erzielte ich
durch Wiedergabe der meisten Befriedigung, ohne auf
die peinlicheren Schauris einzugehen. Jeder Ort
lieferte mehr oder minder Quawa-Elfenbein ab.
Am 7. Dezember war ich wieder in Idunda, wo
fast die ganze Expedition sich eingefunden hatte. In-
zwischen hatte ich aufklärende Meldungen von Lieu-
tenant v. Stocki, der auch Mereres sehr nahe be-
vorstehende Ankunft anzeigte, erhalten, so daß ich mit
erdrückender Macht den Wassagira gegenüberstand