Full text: Deutsches Kolonialblatt. VIII. Jahrgang, 1897. (8)

stellte Lieutenant Glauning und später auch die 
anderen Abtheilungen fest, daß Quawa einen unbe- 
greiflichen persönlichen Einfluß auf die Eingeborenen 
ausübte, denn trotz aller Todesgefahr konnten sie 
seinen Forderungen nicht widerstehen. Auf solche 
Meldungen hin wurden sämmtliche Truppen über 
das ganze fragliche Gebiet vertheilt, besonders kom- 
promittirte Orte wurden bestraft. Wie gesagt, hatte 
Quawa seine Begleiter öfters getheilt; um nun deren 
verschiedenen Spuren zu folgen, schlossen sich Lieute- 
nant v. Kleist und Graf Fugger an das Detache- 
ment Glauning an, während Lieutenant Stadl- 
bauer Auftrag erhielt, seine Aufmerksamkeit speziell 
Ubena nach dem See hin zu widmen. Während der 
Verfolgungszeit gelang es Lieutenant Glauning 
mehrfach, die Quawakarawane zu überraschen, wobei 
sich jedesmal die Leute den angreifenden Soldaten 
entgegenwarfen und Quawa Zeit zur Flucht ver- 
schafften. An eine planmäßige Gefangennahme seiner 
Person war natürlich von vornherein nicht zu denken 
gewesen; Niemand wußte, wie er aussah. Der Zufall 
konnte es eventuell sügen, daß Quawa bei einem 
Zusammenstoße gefangen wurde. Dieser Zufall ist 
nicht eingetreten. 
Durch die unablässige, fast monatlange Verfolgung 
gelang es, Quawa von den Ortschaften des Gebietes 
zwischen Iringa und Idunda abzuschließen, ihn über- 
haupt in unbewohnte Striche bezw. in die Berge 
des südlichen Plateaurandes zu drängen. So wurde 
die Aufmerksamkeit der Wassagira der Stations- 
umgebung von den oben erörterten peinlichen Fragen 
abgelenkt; die täglich sich verändernde Situation hielt 
sie in Athem. An dem eigentlichen Herde der Quawa- 
unruhen wurde es den Leuten allmählich klar, daß 
Quawa ihnen nur Schaden brächte, die ewige Un- 
sicherheit kontrastirte mit der Ruhe, welche die Leute 
in der Nähe der Station genossen; in dem Maße, 
wie dort der Einfluß der Station wuchs, sank hier 
das Ansehen des unaufhörlich flüchtenden und ver- 
folgten Quawa. In Ubena, wo die Wassagira sich 
größere Hoffnungen auf Selbständigkeit machten, je 
länger eine Entscheidung ausblieb, suchten sie ihre 
jedenfalls vorhandene Verbindung mit Quawa auf 
das möglichste Minimum zu beschränken, einmal um 
sich nicht die strafenden Detachements auf den Hals 
zu holen, dann aber, um sich bei meinem (wegen 
Merere) in Aussicht gestellten Besuche Ubenas in 
möglichst günstigem und ihre Wichtigkeit hervor- 
hebenden Lichte zu zeigen. Die fortwährende Unruhe 
war aber natürlich für das ganze Reich kein Vortheil. 
Die Saatzeit hatte eingesetzt, es war dringend noth- 
wendig, den Ackerbau in Gang, die Verwaltung end- 
gültig in Ordnung zu bringen, zumal es mittlerweile 
auch mit der Entlassung wenigstens der Hälfte der 
Abtheilungen drängte. Das Eintreffen des entschei- 
denden Gouvernementsbefehls und die Ankündigung 
der 3. Kompagnie zur Ablösung der Detachements 
kam daher sehr gelegen. 
Alsbald schickte ich Lieutenant v. Stocki im Eil- 
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marsch zu Merere, um ihn eventuell möglichst schnell 
zur Uebersiedelung nach Ubena zu veranlassen. 
Grenzen: im Westen der Ruaha, im Uebrigen wie 
unter dem alten Merere. Am 19. November traf 
endlich die 8. Kompagnie ein, und am 21. marschirte 
ich mit ihr nach Idunda ab, Lieutenant Fonck wegen 
einer Fußverletzung zurücklassend. Unterwegs erhielt 
ich Meldungen des Lieutenants v. Stocki, denen 
zufolge er wegen der Nachfolgefrage in Usafa Herrn 
v. Elpons abwarte, dann aber sofort mit Merere, 
der, wie zu erwarten gewesen, mit Allem einver- 
standen sei und dessen speziellen Wassangu abmar- 
schiren werde. Deshalb und wegen der Schauris 
unterwegs verlangsamte ich meinen Marsch und traf 
erst am 28. in Idunda ein, wo mir die gesammte 
Wahehegarnison entgegenkam. Hier erhielt ich gleich 
zu meinem Erstaunen die Nachricht, Merere wolle 
unter Aufgabe von Usafa nicht nach Ubena, ich solle 
die Verhandlungen abbrechen. Gleichzeitig kamen 
aber Schreiben des Lieutenants v. Stocki und des 
Merere selbst, welche das Gegentheil behaupteten. 
Ich mußte ein Mißverständniß annehmen und wartete 
die weitere Entwickelung ab. Mittlerweile wurde 
meine Lage in Ubena eine sehr unangenehme. Die 
Wassagira verlangten feste Maßregeln, zu denen ihnen 
meine Ankunft Berechtigung zu geben schien. Die 
Briefboten von Merere ließen sie dabei Lunte riechen, 
während ich jetzt völlig im Unklaren war, was aus 
der ganzen Sache werden würde. Um sie wieder 
etwas einzulullen, bedurfte es sehr vorsichtigen Ver- 
haltens. Schließlich kündigte ich eine Besichtigung 
der Hauptortschaften an. Auf alle Fälle gingen 
wieder Eilboten ab, um die schon von Iringa aus 
durch Eilbefehl nach Idunda berufenen Detachements 
zu noch größerer Eile zu veranlassen, um auf jeden 
Fall vorbereitet zu sein. Mit den vorhandenen 
Mannschaften zog ich von Ort zu Ort. Ueberall 
fand ich eine recht starke Bevölkerung. Die Haupt- 
städte sind aols von Quawa angelegte Garnisonen 
(theilweise auch gegen die Wassangu) zu betrachten: 
Gawiro etwa 3½ km, Idunda 2¼ km, Uhenga 
1½ km, Sorowayo 1¾ km Umfang. Usewa ist 
ein dichter Komplex von über 100 Temben, darunter 
nach Lieutenant v. Stocki eine größere mit etwa 
1000 Einwohnern. Ueberall wurden wir im feier- 
lichen Aufzuge von den Wassagira an der Spitze 
eines Haufens unbewaffneter Krieger empfangen. 
Allenthalben entwickelten sich ausgedehnte Schauris. 
Da diese eine enorme Menge Weiber betrafen, die 
während der Kriegszeit gefangen worden, erzielte ich 
durch Wiedergabe der meisten Befriedigung, ohne auf 
die peinlicheren Schauris einzugehen. Jeder Ort 
lieferte mehr oder minder Quawa-Elfenbein ab. 
Am 7. Dezember war ich wieder in Idunda, wo 
fast die ganze Expedition sich eingefunden hatte. In- 
zwischen hatte ich aufklärende Meldungen von Lieu- 
tenant v. Stocki, der auch Mereres sehr nahe be- 
vorstehende Ankunft anzeigte, erhalten, so daß ich mit 
erdrückender Macht den Wassagira gegenüberstand
	        
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