Full text: Deutsches Kolonialblatt. VIII. Jahrgang, 1897. (8)

wer im Lande bleiben wolle, müsse nach Idunda 
übersiedeln, das zur selbständigen Jumbenschaft, direkt 
unter der Station stehend, erhoben würde. Im sehr 
erregten Schauri hierüber versprach ich ihnen günstige 
Stellen in Uhehe, die sie selbst bezeichnen durften, 
sowie eine bestimmte Anzahl von Quawavieh, theils 
als Entschädigungsgeschenk, theils als Pachtvieh der 
Station, und deutete ihnen an, daß sie einen Theil 
des abgelieferten Elfenbeins erhalten würden. Damit 
waren sie, zumal angesichts der vorhandenen vielen 
Europäer und Soldaten, die soeben eine für sie so 
erstaunliche Schießgeschwindigkeit an den Tag gelegt 
hatten, zufrieden und gingen nach ihren Ortschaften 
ab, um die Auswanderung sofort zu beginnen. 
Bis zum Eintreffen des Lieutenants Fonck bezog 
der Feldwebel mit der 3. Kompagnie bei Idunda 
festes Lager. Lieutenant Braun mit 25 Mann ging 
mit Merere nach dessen erwählter Residenz, dem 
3½ Stunden entfernten Gawiro, um sich durch 
Lieutenant v. Stocki in die Behandlung Mereres 
einweihen zu lassen, damit ersterer beim Eintreffen 
des Lieutenants Fonck abmarschiren könnte. In 
Idunda selbst setzte ich den bisherigen Msagira 
Mtitima ein und gab ihm nebst der nöthigen In- 
struktion zum Zeichen seiner Selbständigkeit eine 
Flagge; 300 Stück Großvieh wurden als Pachtvieh 
der Station ihm zum Hüten überwiesen. Am selben 
Nachmittag marschirte ich mit sämmtlichen Detache- 
ments nach Iringa ab. Nach zweitägigem Marsche 
erhielt ich Nachricht, daß ein Theil der Wassagira 
Uhenges sich weigerten, die Stadt zu verlassen. Ich 
kehrte sofort dahin um, um das böse Beispiel nicht 
wirken zu lassen, erreichte in 14tägigem, theilweise 
nächtlichem Gewaltmarsch beim Morgengrauen die 
Tembe, umstellte sie, fand einige der angeklagten 
Wassagira vor, legte sie an die Kette und führte sie 
mit ihrem Gefolge gefangen fort, sieben Leute fielen. 
Am 21. Dezember traf die Expedition in Iringa 
ein. Ich war tags zuvor vorausgeeilt und hatte 
Mpangire über die Wendung der Dinge belehrt. 
Wie erwartet, war er mit den ihm verbleibenden 
bedeutenden Resten zusrieden, nur bezüglich Madi- 
biros macht er sich noch heute Hoffnung, daß wenig- 
stens eine Theilung Madibiros noch zu erreichen sei. 
An demselben Tage zog ich die ihn bewachenden 
Posten ein, er war frei. Am 24. waren die Wassa- 
gira bis auf wenige grollende Ausnahmen versammelt. 
Mit einem Zuge und Musik der 2. Kompagnie und 
den sämmtlichen anwesenden Wahehe holte ich ihn 
von der ihm bisher zum Aufenthalt angewiesenen 
Tembe, ¼ Stunde von der Station, ab, erklärte 
Allen nochmals die Situation und ging dann mit 
ihm zur Station. Dort war die ganze Expedition 
in Parade aufgestellt, einige Tausend Zuschauer, da- 
runter etwa 30 bis 40 Belutschen, Araber und Inder 
umstanden den Platz. Absichtlich sollte die Einsetzung 
Mpangires noch feierlicher gestaltet werden als die 
des Merere, und es traf sich gut, daß die Weihnachts- 
zeit auch Festlichkeiten verlangte. Händlerstadt und 
  
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Askaridorf, alle Straßen waren mit Zweigen, Guir- 
landen und Flaggen geschmückt. Beim Herannahen 
mit Mpangire spielte die Musik aller Detachements. 
Unter präsentirtem Gewehr verkündete ich, mit Mpan- 
gire und den wichtigsten Wassagira in der Mitte 
des Platzes stehend, seine Einsetzung als Nachfolger 
Quawas auf Befehl des Kaiserlichen Gouvernements 
und übergab ihm zum Zeichen der Unterwerfung der 
Wahehe unter deutschen Schutz die deutsche Flagge. 
Dann folgten abtheilungsweise Salven und Schnell- 
feuer, das wiederum auf die Wahehe ersichtlich Ein- 
druck machte. An der Spitze sämmtlicher Truppen 
wurde Umzug durch die dichtgefüllten Straßen ge- 
halten. Danach wurden alle politischen Gefangenen 
bis auf drei Mpangire zur eventuellen Freilassung 
überwiesen, dann zog er mit allen seinen Wahehe 
nach seiner 2½ Stunden entfernten Stadt Iringa, 
wo er alsbald die erhaltene Flagge heißte. 
Die Lage ist im Allgemeinen folgende: Im Osten 
Mpangire, Hauptstadt Iringa, und im Westen 
Merere, Hauptstadt Gawiro. ' 
Zwischen beiden Ländern liegend die selbständige 
Msagiraschaft Idunda mit dem Msagira Mtitima. 
Im Süden hat Kiwanga das Stück Ntemeguile, das 
einzige Gebiet seines von Quawas Vorgänger ver- 
triebenen Vaters, erhalten und besetzt. 
Im eigentlichen Uhehe bei Iringa, dem Kern 
der Wahehemacht, liegt die gleichnamige Kaiserliche 
Station, besetzt mit der 2. Kompagnie. Bei der Stadt 
Idunda liegt, 3 1½ Stunden von Gawiro entfernt, die 
provisorische Station, besetzt mit der 3. Kompagnie. 
Idunda ist als Reservat der Station Iringa zu 
betrachten und hat vorläufig den besonderen Zweck, 
eine neutrale Stelle abzugeben, an welcher beide 
Großsultane zeitweilig periodisch zum Schauri mit 
der Station zusammenkommen können. 
Quawas eigene Familie ist jetzt etwa zum Drittel 
in der Gewalt der Station. Er selbst treibt sich 
mit geringfügigem Anhange noch im Lande herum. 
Es liegen ziemlich sichere Anzeichen vor, daß er sich 
in den Utschungwebergen am Südrande des Plateaus 
in der Nähe unserer Anmarschstelle von 1894, wenn 
er in Ruhe gelassen wird, niederlassen will. Seine 
Ergreifung wird früher oder später erfolgen und 
zwar um so früher, je eher Mpangire und speziell 
Merere in ihren Sätteln sitzen. Daß er noch längere 
Zeit der Station Unannehmlichkeiten, eventuell sogar 
Schwierlgkeiten bereiten wird, ist wohl anzunehmen, 
denn das Land, weil mehrfach dicht bewaldet, sehr 
kupirt, vielfach schwer gebirgig, bietet ihm viele Vor- 
theile. Der Eindruck, den er auf die Wahehe ge- 
macht hat, läßt sich nicht von heute auf morgen 
auslöschen, und mancher Msagira wird wohl der 
alten Quawaherrlichkeit mit ihren beutereichen Plün- 
derungszügen im Stillen gedenken. Ebenso sicher aber 
ist es, daß das Quawareich zertrümmert und die 
Wahehegefahr für die Kolonie aus der Welt geschafft 
ist. Die Station kann diesen Zustand erhalten und 
in Zukunst befestigen.
	        
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