wer im Lande bleiben wolle, müsse nach Idunda
übersiedeln, das zur selbständigen Jumbenschaft, direkt
unter der Station stehend, erhoben würde. Im sehr
erregten Schauri hierüber versprach ich ihnen günstige
Stellen in Uhehe, die sie selbst bezeichnen durften,
sowie eine bestimmte Anzahl von Quawavieh, theils
als Entschädigungsgeschenk, theils als Pachtvieh der
Station, und deutete ihnen an, daß sie einen Theil
des abgelieferten Elfenbeins erhalten würden. Damit
waren sie, zumal angesichts der vorhandenen vielen
Europäer und Soldaten, die soeben eine für sie so
erstaunliche Schießgeschwindigkeit an den Tag gelegt
hatten, zufrieden und gingen nach ihren Ortschaften
ab, um die Auswanderung sofort zu beginnen.
Bis zum Eintreffen des Lieutenants Fonck bezog
der Feldwebel mit der 3. Kompagnie bei Idunda
festes Lager. Lieutenant Braun mit 25 Mann ging
mit Merere nach dessen erwählter Residenz, dem
3½ Stunden entfernten Gawiro, um sich durch
Lieutenant v. Stocki in die Behandlung Mereres
einweihen zu lassen, damit ersterer beim Eintreffen
des Lieutenants Fonck abmarschiren könnte. In
Idunda selbst setzte ich den bisherigen Msagira
Mtitima ein und gab ihm nebst der nöthigen In-
struktion zum Zeichen seiner Selbständigkeit eine
Flagge; 300 Stück Großvieh wurden als Pachtvieh
der Station ihm zum Hüten überwiesen. Am selben
Nachmittag marschirte ich mit sämmtlichen Detache-
ments nach Iringa ab. Nach zweitägigem Marsche
erhielt ich Nachricht, daß ein Theil der Wassagira
Uhenges sich weigerten, die Stadt zu verlassen. Ich
kehrte sofort dahin um, um das böse Beispiel nicht
wirken zu lassen, erreichte in 14tägigem, theilweise
nächtlichem Gewaltmarsch beim Morgengrauen die
Tembe, umstellte sie, fand einige der angeklagten
Wassagira vor, legte sie an die Kette und führte sie
mit ihrem Gefolge gefangen fort, sieben Leute fielen.
Am 21. Dezember traf die Expedition in Iringa
ein. Ich war tags zuvor vorausgeeilt und hatte
Mpangire über die Wendung der Dinge belehrt.
Wie erwartet, war er mit den ihm verbleibenden
bedeutenden Resten zusrieden, nur bezüglich Madi-
biros macht er sich noch heute Hoffnung, daß wenig-
stens eine Theilung Madibiros noch zu erreichen sei.
An demselben Tage zog ich die ihn bewachenden
Posten ein, er war frei. Am 24. waren die Wassa-
gira bis auf wenige grollende Ausnahmen versammelt.
Mit einem Zuge und Musik der 2. Kompagnie und
den sämmtlichen anwesenden Wahehe holte ich ihn
von der ihm bisher zum Aufenthalt angewiesenen
Tembe, ¼ Stunde von der Station, ab, erklärte
Allen nochmals die Situation und ging dann mit
ihm zur Station. Dort war die ganze Expedition
in Parade aufgestellt, einige Tausend Zuschauer, da-
runter etwa 30 bis 40 Belutschen, Araber und Inder
umstanden den Platz. Absichtlich sollte die Einsetzung
Mpangires noch feierlicher gestaltet werden als die
des Merere, und es traf sich gut, daß die Weihnachts-
zeit auch Festlichkeiten verlangte. Händlerstadt und
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Askaridorf, alle Straßen waren mit Zweigen, Guir-
landen und Flaggen geschmückt. Beim Herannahen
mit Mpangire spielte die Musik aller Detachements.
Unter präsentirtem Gewehr verkündete ich, mit Mpan-
gire und den wichtigsten Wassagira in der Mitte
des Platzes stehend, seine Einsetzung als Nachfolger
Quawas auf Befehl des Kaiserlichen Gouvernements
und übergab ihm zum Zeichen der Unterwerfung der
Wahehe unter deutschen Schutz die deutsche Flagge.
Dann folgten abtheilungsweise Salven und Schnell-
feuer, das wiederum auf die Wahehe ersichtlich Ein-
druck machte. An der Spitze sämmtlicher Truppen
wurde Umzug durch die dichtgefüllten Straßen ge-
halten. Danach wurden alle politischen Gefangenen
bis auf drei Mpangire zur eventuellen Freilassung
überwiesen, dann zog er mit allen seinen Wahehe
nach seiner 2½ Stunden entfernten Stadt Iringa,
wo er alsbald die erhaltene Flagge heißte.
Die Lage ist im Allgemeinen folgende: Im Osten
Mpangire, Hauptstadt Iringa, und im Westen
Merere, Hauptstadt Gawiro. '
Zwischen beiden Ländern liegend die selbständige
Msagiraschaft Idunda mit dem Msagira Mtitima.
Im Süden hat Kiwanga das Stück Ntemeguile, das
einzige Gebiet seines von Quawas Vorgänger ver-
triebenen Vaters, erhalten und besetzt.
Im eigentlichen Uhehe bei Iringa, dem Kern
der Wahehemacht, liegt die gleichnamige Kaiserliche
Station, besetzt mit der 2. Kompagnie. Bei der Stadt
Idunda liegt, 3 1½ Stunden von Gawiro entfernt, die
provisorische Station, besetzt mit der 3. Kompagnie.
Idunda ist als Reservat der Station Iringa zu
betrachten und hat vorläufig den besonderen Zweck,
eine neutrale Stelle abzugeben, an welcher beide
Großsultane zeitweilig periodisch zum Schauri mit
der Station zusammenkommen können.
Quawas eigene Familie ist jetzt etwa zum Drittel
in der Gewalt der Station. Er selbst treibt sich
mit geringfügigem Anhange noch im Lande herum.
Es liegen ziemlich sichere Anzeichen vor, daß er sich
in den Utschungwebergen am Südrande des Plateaus
in der Nähe unserer Anmarschstelle von 1894, wenn
er in Ruhe gelassen wird, niederlassen will. Seine
Ergreifung wird früher oder später erfolgen und
zwar um so früher, je eher Mpangire und speziell
Merere in ihren Sätteln sitzen. Daß er noch längere
Zeit der Station Unannehmlichkeiten, eventuell sogar
Schwierlgkeiten bereiten wird, ist wohl anzunehmen,
denn das Land, weil mehrfach dicht bewaldet, sehr
kupirt, vielfach schwer gebirgig, bietet ihm viele Vor-
theile. Der Eindruck, den er auf die Wahehe ge-
macht hat, läßt sich nicht von heute auf morgen
auslöschen, und mancher Msagira wird wohl der
alten Quawaherrlichkeit mit ihren beutereichen Plün-
derungszügen im Stillen gedenken. Ebenso sicher aber
ist es, daß das Quawareich zertrümmert und die
Wahehegefahr für die Kolonie aus der Welt geschafft
ist. Die Station kann diesen Zustand erhalten und
in Zukunst befestigen.