sie heute noch ihren Hauptsitz haben, in unser Schutz-
gebiet eingewandert sind, erregen unser besonderes
Interesse, weil sie an Intelligenz entschieden den
Nachbarstämmen überlegen sind und sich uns auch
zugänglicher als diese erweisen. Ursprünglich Jäger-
völker, die den Ackerbau nur so weit trieben, als es
für ihren Unterhalt unbedingt nöthig war, sind sie
durch die starke Verminderung des Wildstandes jetzt
völlig auf den Feldbau als Unterhaltungsquelle hin-
geführt worden. Die unternehmungslustigen Wajaue
treiben außerdem Handel; alljährlich kommen ihre
zahlreichen Karawanen, meist Elfenbein, Gummi und
Tabak führend, nach Lindi und Milindani.
An Charakter sind beide Volksstämme sehr ver-
schieden. Die Wajaue geistig sehr geweckt, von rascher
Auffassungsgabe, unternehmungslustig, aber nicht be-
ständig und wenig zuverlässig, die Makua lang-
sameren Geistes, bedächtig, von großer Ausdauer und
Beharrlichkeit, aber zuverlässiger und treuer. So
würden die Letzteren ein gutes Ersabmaterial für
unsere Schutztruppe liefern, zumal sie als Jägervolk
für den Beruf des Soldaten sich von vornherein
besonders eignen.
Die erwähnten Stämme, besonders die Wamuera,
haben wenig Sklaven, selbstverständlich überhaupt
nur Haussklaven, die durch verwandtschaftliche Ver-
bindung mit Freien oft nach wenigen Jahren schon
die Freiheit wieder erhalten, deren aus Ehen mit
Freien hervorgegangene Kinder wenigstens stets Freie
werden.
Anklagen wegen Zauberei und Hexerei, deren
Opfer getödtet, jahrelang in der Gabel gefesselt oder
als Sklaven verkauft werden, und die durch Gene-
rationen hindurch fortlaufenden Familienkriege, in
denen selbst das entfernteste Glied der Sippe nicht
geschont wird, liefern immer aufs Neue Sklaven.
Unserem immer mehr sich geltend machenden Ein-
fluß wird es hoffentlich gelingen, diesen Uebeln ein
Ende zu bereiten, insbesondere die für die gedeihliche
Entwickelung des Volkes zur Gesittung und zum
Wohlstand ein so großes Hinderniß bildenden Fami-
liensehden, die fast nie zum Abschluß kommen, weil
ein beiden Theilen gerecht werdender Friede nahezu
unmöglich ist, durch unsere Autorität endgültig zu
beseitigen.
Die Station Lukuledi der deutschen katholischen
Mission vom Orden St. Benediktus, wo gegenwärtig
ein Pater, ein Bruder und drei Schwestern wirken,
liegt auf dem rechten Ufer des Lukuledi in der Land-
schaft gleichen Namens und. besteht seit ungefähr
zwei Jahren.
Die Mission hat sich ein Verdienst dadurch er-
worben, daß sie von der Station nach dem Dorf
Chikukwe — etwa 12 km — einen fast geradlinig
geführten, ungefähr 2½ m breiten Weg angelegt hat.
Seitens derselben Missionsgesellschaft ist an dem
Einfluß des Nyangau in den Lukuledi, an einem gut
gewählten Platz, mit der Anlage einer Station im
Oktober v. Is. begonnen worden.
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Auf der in Masassi gelegenen Station der engli-
schen Universities Missionary Society sind alle Gebäude
in Bambus hergestellt, und die Wohnungen befinden
sich zu ebener Erde, aber die erhöhte Lage am Hange
des Mtandiberges, der felsige Untergrund und immer
fließendes gutes Quellwasser machen die Station zu
einem für Europäer geeigneten Aufenthalt. Diese
Mission besteht seit 18 Jahren. Besondere Aner-
kennung verdienen die eifrigen Bemühungen der dor-
tigen Missionare, nicht nur um die Kenntniß der
Suahelisprache unter der Bevölkerung zu verbreiten,
sondern auch den befähigteren Schülern das Schreiben
des Kisuaheli in lateinischen Lettern zu lehren.
Die Missionen Lukuledi und Masassi stehen zu-
einander in gutem Einvernehmen. Beide Missionen
sind mir insbesondere bei Ordnung der politischen
Verhältnisse sehr entgegengekommen; dem Reverend
Porter, Leiter der Station Masassi, welcher zweimal
im Lande der Magwangwara war, verdanke ich
werthvolle Information über diesen Volksstamm.
Um den Handel in Tabak und Flußpferdzähnen,
der zwischen den portugiesischen Wajaue des Mtarika
und Mataka und unseren Küstenstädten besteht, mög-
lichst zu fördern, ferner um unseren Wachshandel zu
heben, habe ich den Karawanenweg vom Rovuma
nach Lindi verbreitern und soweit als möglich gerad-
linig führen lassen, indem ich jedem Jumben eine
bestimmte Strecke zutheilte. Wie ich jetzt aus guten
Quellen erfahren, ist ein großer Theil der insgesammt
400 km langen Strecke bereits fertiggestellt worden.
Diesen Arbeiten wohnt auch eine erzieherische
Wirkung inne, ebenso läßt sich an ihrer mehr oder
minder raschen und guten Durchführung der Einfluß
der Jumben auf ihre Leute erkennen.
In der Landschaft Masassi wird Kochsalz ge-
funden. Etwa eine Stunde südlich vom Mtandiberg
in der Nähe des Zusammenflusses der Makomaschira
und des Kironjibaches, welche salzhaltiges Wasser
führen, wird zur Trockenzeit der Boden ausgelaugt und
durch Sieden das Salz, dessen Hauptbestandtheil
Kochsalz ist, daraus gewonnen. Die Bevölkerung
von Masassi, Madjedie und dem Rovumathal ver-
sorgt sich dort mit diesem Mineral, auch die Mag-
wangwara lommen in kleinen Trupps dahin, um Salz
zu sieden, was man sie auch unbehelligt thun läßt.
Im südlichen Madjedie am Malombeberg wird
Eisenerz gefunden, welches an Ort und Stelle ver-
hüttet und zu Aexten, Spaten und Messern verar-
beitet wird. Die dort gefertigten eisernen Geräthe
finden Absatz bei den Bewohnern des Rovumathales.
In dem Waldgebiet zwischen dem Rovuma und
dem Lumbemkuru gab es früher viel Wild aller Art;
insbesondere alle Spalthufer von der Schopfantilope
bis zur Elenantilope und dem Büffel. Die hier bis
Anfang 1895 wüthende Viehseuche hat sehr unter
dem Wild aufgeräumt, insbesondere haben die großen
Antilopen, die Kudu= und die Elenantilope sehr unter
der Seuche gelitten; der Bestand derselben ist nahezu
vernichtet worden.