Full text: Deutsches Kolonialblatt. VIII. Jahrgang, 1897. (8)

der Gesang gepflegt; sie sind auch zum großen Theile 
mit guiem Gehöre und mit wohlklingender Stimme 
begabt. Sie singen die gewöhnlichen lateinischen 
Kirchengesänge und einige aus dem Deutschen über- 
setzte Suahelilieder korrekt und mit Ausdruck und 
erlernen gegenwärtig auch deutsche Texte. 
Neben der gewöhnlichen Schule für alle Mädchen 
besteht selt einigen Monaten noch eine Fortbildungs- 
schule, in welcher die vorgeschrittensten und begab- 
testen Mädchen neben weiterem Unterricht in den 
gewöhnlichen Fächern noch besonderen deutschen und 
Kisuahelisprachunterricht erhalten und das Harmo- 
niumspiel erlernen. Es besteht die Absicht und Hoff- 
nung, aus dieser Schule Lehrkräfte für die inneren 
Stationen, die namentlich für den Unterricht der 
weiblichen Bevölkerung sehr schätzbare Dienste leisten 
würden, zu erhalten. 
Die größeren Mädchen werden auch in alle 
Zweige des Haushaltes eingeführt und zeigen hierin 
mitunter eine auffallende Begabung und Anstelligkeit. 
In der Küche, im Bügelzimmer, in der Waschlüche 
zeigt sich am augenscheinlichsten, was die Schwarzen 
unter liebevoller Behandlung und richtiger Anleitung 
leisten können. Häufig kann man die Erfahrung 
machen, daß, wenn die Kinder allein, ohne Aussicht 
arbeiten, sie doch schnell, freudig und pünktlich ihre 
Aufgabe ausführen. Die Fortschritte in den Hand- 
arbeiten sind im Allgemeinen langsamer, lassen aber 
doch erkennen, daß wir in nicht ferner Zelt christ- 
liche schwarze Frauen haben werden, die ihren Stolz 
darein setzen, sich ein ehrbares, gefälliges Gewand 
selbst verfertigen zu können. Die im Haushalt aus- 
gebildeten Mädchen, wozu in erster Linie auch alle 
zu Lehrerinnen bestimmten zählen, sollen vor Allem 
den Schwestern behülflich sein, aber auch eventuell 
den Haushalt einer europäischen Familie besorgen 
können. Religlonsunterricht wird in der unteren 
Abthellung jeden Tag eine halbe Stunde, in der 
oberen dagegen jeden Tag eine ganze Stunde erkheilt. 
Das Krankenhaus für die Farbigen hat die Be- 
stimmung, Farbigen jeder Nationalität und Konfession 
in Krankheitssällen geregelte, liebevolle Pflege zu 
gewähren und ihnen leicht zugängliche Gelegenheit 
zum Verbinden ihrer Wunden und zum kostenlosen 
Empfang der gewöhnlichen Arzneien zu verschaffen. 
Im Berichtsjahre wurden verpflegt 125 Männer 
und Knaben; davon starben 42, geheilt entlassen 
wurden 82; ferner 78 Frauen und Mädchen, wovon 
19 starben und 53 geheilt entlassen werden konnten. 
Verbände wurden etwa zehntausend angelegt und 
etwa sechstausend Arznelen abgegeben. Der hohe 
Prozentsatz der Sterbefälle rührt davon her, daß 
elne große Anzahl der Patienten sich erst ins Spital 
begiebt, wenn der Tod bereits unabwendbar ist 
und ihnen das Spital nur mehr einen ruhigen 
Sterbeort bieten kann. Die Mission hatte die 
Freude, im Berichtsjahre 56 Patienten des Hospitals 
durch die heilige Taufe in die katholische Kirche auf- 
zunehmen, denn christlicher Unterricht wird jedem 
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heidnischen Schwarzen angeboten und selten aus- 
geschlagen. Die Frequenz des Spitals, die anfangs 
nur schwach war, hat in den letzten Monaten eine 
bedeutende Steigerung erfahren. Ueberdies über- 
nehmen die Schwestern neben der Krankenpflege im 
Spital auch die Pflege schwerkranker Europäer in 
der Stadt und machen häufige Gänge ins Neger- 
viertel, um Kranke in ihren Wohnungen aufzusuchen 
oder sie ins Spital zu bringen. 
Neben dem Spital findet sich noch ein Asyl für 
gebrechliche und geistesschwache Leute, die dort Woh- 
nung, Kleidung und Nahrung erhalten und je nach 
Lust und Können irgend eine kleine Arbeit ver- 
richten. 
II. Kollasini. Die Station Kollasini, im 
Jull 1894 gegründet, nahm im Berichtsjahre einen 
sehr glücklichen Ausschmung. Das Wohnhaus der 
Missionare wurde ausgebaut, Werkstätten und Vieh- 
stall in Angriff genommen, ein sehr geräumiges und 
gesundes Kindergebäude aufgeführt, welches im Viereck 
einen großen Hof mit Brunnen und Tummelplatz 
für die Kinder, mehrere Schul= und Schlafsäle, Eß- 
zimmer, Spielräume, Krankenzimmer, Vorraths= und 
Werkzeugkammern, Küche enthält. Gegenwärtig ist 
eine Kirche im Bau, deren Vollendung in einem 
halben Jahre zu erwarten steht. Alle Bauten wurden 
zum überwiegenden Theile mit aus dem Internat 
hervorgegangenen und in der Mission gebildeten 
Arbeitern hergestellt. 
Die Hauptaufgabe der Missionsstation Kollasini 
ist die Erziehung der Negerknaben, von denen ein 
großer Theil dem Wohlwollen der Keiserlichen 
Bezirksämter zu verdanken ist. Die Schülerzahl be- 
trug am Schlusse des Berichtsjahres 112; mehrere 
Zöglinge waren im Laufe des Jahres entlassen 
worden und hatten sich mit christlichen Mädchen 
verheirathet. Die Schule ist eine einklassige, in 
welcher von einem europäischen Lehrer und einigen 
schwarzen Gehülfen unterrichtet wird. Die Unter- 
richtsfächer sind auch hier: Religion, Deutsch, Lesen, 
Schreiben, Rechnen und Gesang. Die jüngeren 
Kinder werden außer der Erholungszeit durchweg 
auf der Schamba (Landgut der Mission) verwendet, 
die älteren arbeiten in der Küche, im Hause, im 
Gemüsegarten oder in den Werkstätten. 
Sowohl Schul= wie Handwerksunterricht fordert 
eine unermüdliche Geduld des Lehrmeisters und vor 
Allem eine große Liebe desselben zu den ihm an- 
verkrauten Kindern, durch die er dieselben an sich 
zieht. Hand in Hand damit muß gehen eine ziem- 
liche Fertigkeit in der Sprache und Verständniß für 
das Gelstesleben und die Anschauungen des Negers. 
Wenn diese Eigenschaften vorhanden sind, dann er- 
zielt ein Meister Erfolge; je weniger er die Geduld 
verliert und den Muth sinken läßt, desto eher kann 
er von seiner mühsamen Lehrarbeit Früchte sehen. 
Gegenwärtig haben wir erst einige ganz ausgebildete 
schwarze Arbeiter, die sich auch in europeischen 
Werkstätten sehen lassen könnten, jedoch zeigen die
	        
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