sehr geräumig und kunstvoll gebaut; die Wände be-
stehen aus Rohrgeflecht, das mit Lehm beworfen ist,
Seitenwände und Decke sind scharf unterschieden,
während man in den Dörfern und auf den Farmen
häufig bienenkorbartig gebaute Hütten findet. Der
Gehöftkomplex des Häuvtlings ist meist von einem
hohen Mattenzaun umgeben. Allenthalben in der
Stadt liegen gedeckte Hallen, in denen die Leute bei
Versammlungen sich zusammenfinden, gedeckte Müll-
und Abfallgruben, Schaf= und Ziegenställe. Die
Häuser selbst sind in der Regel getheilt; der Mahl-
stein zum Kornreiben, Töpfe, Kalebassen, oft bunt
und kunstvoll bemalt, Körbe, Mörser und Stößel
sehlen nirgends. Die hölzernen, niedrigen Betten
sind sorgsam gefügt. Niedrige Holzsessel, gut gegerbte
Felle und fein geflochtene Matten, hölzerne Kämme,
sein geschnitzte Löffel, Beutel, Haarnadeln, ja selbst
Pinzetten zum Herausziehen von Splittern rc. ver-
rathen einen Luxus, den man bei den Bantus nicht
kennt, der aber zum großen Theil seinen Grund in
dem steten Verkehr mit den Haussas hat. Letztere
haben die Industrie und den Handel des Landes
völlig in der Hand. Zum Theil haben sie sich als
Schmiede, Weber, Matten= und Korbflechter, Jäger
und Medizinmänner fest angesiedelt und es verstan-
den, sich den Häuptlingen unentbehrlich zu machen,
zum Theil kommen und gehen sie als Händler vom
bezw. zum Norden. Die Haussasiedelungen sind in
den letzten drei Jahren überall bedeutend gewachsen
und bei Ngilla wie Ngutte zählen die Kolonien an
500 bis 600 Menschen. Früher waren auch bei
Nna in Dinati und Dandugu in Mango Haussas,
aber zur Zeit hat Ngilla über diese Plätze eine
Sperre verhängt. Sämmtliche Haussas bezw. Fullahs
kommen über Tibati, denn von Ngaumdere führen
direlte Straßen nur weiter östlich nach Gaza und
Kunde. Die Haussas bringen Weber-, Töpfer-,
Schmiede-, Färber= sowie Leder- und Flechtwaaren,
auch Pferde und Esel, verkaufen Medizinen für
Mensch und Vileh, halten wunderthätige, in Leder-
taschen genähte Koransprüche feil und beten auch für
das abergläubische Volk.
Die polltischen Verhältnisse der Wutes geben zur
Zeit zu ewigen inneren Kämpfen Anlaß. Es stehen
sich vier Häuptlinge mit ihren Stämmen feindlich
gegenüber. Der mächtigste ist wohl Ngilla mit seinen
Ndumbas, dem aber Ngutte aus dem Lintestamm
und Wenque aus dem Melungstamm wenig nachstehen,
während die Bansoes unter Dandugu, Nna und
Dabene ja bereits über den eigentlichen Grenzfluß
gedrängt sind. Vor zwei Menschenaltern noch herrschte
Adumba über alle Wutes, die damals in stetem
Kampfe mit den Fullahs lagen und von diesen von
Norden her in ihre jetzigen Wohnsitze gedrängt
wurden. Nach dem Tode des Herrschers konnte sich
die große Häuptlingsfamilie, aus der der König von
allen männlichen Mitgliedern gewählt werden soll,
nicht einigen, und es entstanden die vier genannten
Fürstenhäuser, von denen der Vater des jepzigen
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Ngilla und der noch regierende Ngutte die Aner-
kennung und Unterstützung des Tibatihäuptlings fanden,
dem sie sich unterwarfen. Der verstorbene Ndgilla
zwang Mango und Wenque, ihn anzuerkennen; er
und Ngutte besiegten nach langen Kämpfen den letzten
großen Batihäuptling in Ngaundelle und zwangen
ihn zur Flucht nach Tibati, aber nach Ngillas Tode
verweigerten die Söhne Mangos, Dandugu, Nna,
Wimba, Wenque und Dabene, dem erwählten Nach-
folger den Gehorsam, auch Ngutte wollte den jungen
Mann nicht als ebenbürtig anerkennen und grimme
Kämpfe finden jetzt fortgesetzt zwischen den feindlichen
Verwandten statt, aus denen nur der schlaue Tibati-
sultan Vortheil zieht. Die Herrscherform ist überall
die denkbar absoluteste. Der Häuptling ist unbe-
schränkter Herr über Leben und Tod jedes seiner
Unterthanen. Er verfügt über Hab und Gut jedes
Einzelnen. Die Dörfer giebt er gleichsam an Ver-
wandte zum Lehen, die dort an seiner Stelle ebenso
unumschränkte Herren sind. Es herrscht deshalb im
ganzen Wutelande, im Gegensatz zu der Zuchtlosig-
keit der Bantus, eine wunderbare Disziplin, die
allerdings oft mit unerhörter Grausamkeit aufrecht
erhalten wird. Namentlich Ngilla und Wenque sind
sehr gefürchtet, ein Menschenleben gilt ihnen nichts.
Agutte, ein alter, würdiger Mann, ist weniger grau-
sam; doch muß ich sagen, daß die Ordnung in seinem
Staatswesen bei Weitem nicht den Eindruck macht
als bei Ngilla, wo man es jedem kleinen Dorfober-
haupt sofort anmerkt, daß er nur ein Werkzeug seines
Herrn ist. Aus dieser Stellung, die der Häuptling
einnimmt, hat sich auch ein allgemein übliches Cere-
moniell seiner Unterthanen ihm gegenüber heraus-
gebildet; so muß in Gegenwart des Häuptlings Jeder
auf der bloßen Erde sitzen, muß gebeugten Rückens
an ihm vorübergehen und darf nur mit nieder-
geschlagenen Augen zu ihm sprechen. Spuckt der
Häuptling, so beeilt sich Jeder, den Speichel an der
Erde mit den Fingern zu zerreiben, jedes Stäubchen,
jeder Halm wird sorgsam entfernt, wenn er geht,
ein Schild wird über ihn gehalten, wenn es regnet
oder er dem Sonnenschein ausgesetzt ist; Sklaven,
Weiber und Kinder dürfen ihm nur mit spezieller
Erlaubniß nahen und müssen knieend zu ihm sprechen;
kurz, es wird fast ein Kultus mit seiner Person ge-
trieben. Er ernennt die Großen und Führer, setzt
sie als Unterhäuptlinge über einen Theil der Stadt
oder ein Dorf ein und weist ihnen ihre Unterthanen
zu, für die er sie in jeder Hinsicht verantwortlicht
macht. Todesstrafen über Freie verhängt nur der
König. Die Sklaven zerfallen in zwei Kategorien,
erstens die in der Sklaverei geborenen, die man
besser als Hörige bezeichnet und die fast dieselben
Rechte genießen als die Wutes, selbst Sklaven be-
sitzen und oft, namentlich wenn sie dem Königlichen
Hausstand angehören, nicht ohne Einfluß sind; dann
die frischgefangenen Bantus, die meist, damit sie nicht
fortlaufen, möglichst schnell verkauft werden. Auch
sie gelten zunächst als Eigenthum des Häuptlings