Full text: Deutsches Kolonialblatt. VIII. Jahrgang, 1897. (8)

Maßgabe besonders bestehender Bestimmungen. Er 
hat die Aufsicht über die richtige Ausführung der 
allgemeinen Verordnungen und Befehle des General- 
gouverneurs und ist, im Besitze der Polizeigewalt, 
den Gerichtsbehörden zur Hülfeleistung bei Ermitte- 
lung, Verfolgung und Untersuchung von Vergehen 
verpflichtet; auch übt er die ihm durch besonderes 
Reglement und andere allgemeinen Verordnungen 
übertragenen richterlichen Funktionen aus. Den 
Direktoren der Departements der Centralverwaltung 
ist er, soweit deren Zuständigkeit reicht, unmittelbar 
untergeordnet, über alle politischen und alle anderen 
Angelegenheiten korrespondirt er direkt mit dem General= 
gouverneur. Dem Letzteren hat er vor dem letzten 
März jedes Jahres ausführliche Berichte über den 
Zustand seines Bezirkes und über die Ereignisse 
während des verflossenen Jahres zu erstatten. In 
allen Angelegenheiten, wo das Interesse des Dienstes 
eln Zusammenwirken erfordert, handelt er im Ein- 
verständniß mit den im Bezirk anwesenden komman- 
direnden Osfizieren des Heeres und der Flotte. Er 
hat für die Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung 
im Bezirk sowie der Sicherheit von Personen und 
Sachen Sorge zu tragen; zu diesem Zweck steht ihm 
die Verfügung über die Schütterei sowie über alle 
nicht zur niederländisch-indischen Armee gehörenden, 
von Regierungs wegen errichteten bewaffneten Korps 
und Truppen und über die Kreuzerfahrzeuge zu. In 
der Verwaltung über die inländische Bevölkerung 
macht er soviel wie möglich Gebrauch von der Ver- 
mittelung ihrer von Regierungs wegen angestellten oder 
anerkannten Häuptlinge, unter deren unmittelbarer 
Leitung diese Bevölkerung möglichst zu belassen ist. 
Er hat insbesondere die Bevölkerung gegen jede 
Winlkür, namentlich bei Leistung der ihr obliegenden 
bersönlichen Dienste, zu schützen und trifft Bestimmungen 
zur Regelung der Erhebung der Landrenten. Mit 
den gottesdienstlichen Angelegenheiten der verschiedenen 
Religionen hat er sich nur insoweit zu befassen, als 
zur Erhaltung der Ruhe und öffentlichen Ordnung 
nothwendig ist. 
Der Bezirksvorstand ist von Amts wegen Vorsitzen- 
der der Bezirks-Subkommissionen für den 
Unterricht, ihm liegt die Aufsicht über die Erthei- 
lung des Unterrichts an die inländische Bevölkerung 
und die Förderung der Errichtung von Schulen ob. 
Er ernennt und entläßt im Allgemeinen die ihm 
unterstellten Beamten und beaussichtigt ihr dienstliches, 
sittliches und gesellschaftliches Verhalten, auch ist er 
bestrebt, bei den inländischen Häuptlingen und den 
Mitgliedern einflußreicher einheimischer Geschlechter 
den Trieb nach Bildung und Erlangung der erfor- 
derlichen Fähigkeiten für eine Anstellung im Staats- 
dienst zu erwecken und dadurch dieselbe mehr und 
mehr an die niederländische Oberherrschaft zu ketten. 
Schließlich hat er alljährlich die verschiedenen Theile 
des seiner Verwaltung unterstehenden Bezirkes zu 
bereisen und sich persönlich von den verbesserungs- 
bedürftigen Zuständen Kenntniß zu verschaffen. 
  
515 — 
An der Spitze der Abtheilungen stehen auf Java 
(nebst Madura) Assistent-Residenten, in den übrigen 
Theilen der Kolonie solche oder Kontroleure. Die 
Assistent-Residenten sind im Nebenamt überall Standes- 
beamten für die Europäer und die mit diesen gleich- 
gestellten Personen und nehmen in Städten, wo kein 
Notar eingesebt ist, auch dieses Amt wahr. 
Die Kontroleure sind, soweit sie nicht selbst an 
der Spitze von Abtheilungen stehen, den Assistent- 
Residenten untergeordnet und verpflichtet, in jeder 
Beziehung den Befehlen derselben Folge zu leisten. 
Ihre vornehmlichste Pflicht ist, für die Interessen der 
inländischen Bevölkerung Sorge zu tragen, und sie 
bilden in dieser Hinsicht das unmittelbare Bindeglied 
zwischen ür und den europäischen Behörden. 
Alle Abtheilungsvorstände üben die Polizeistraf= 
gewalt aus, und für Java (nebst Madura), wo die 
Kontroleure nirgends selbständig Abtheilungen ver- 
wallen, ist der Generalgouverneur vor einigen Jahren 
durch Gesetz ermächtigt worden, ihnen diese Gewalt 
in größerem oder geringerem Umfange innerhalb ihres 
Amtsbezirks zu übertragen. 
Die Vorstände der Regierungsbezirke und Abthei- 
lungen, die Sekretäre der Regierungsbezirke, die 
Kontroleure und Aspirant-Kontroleure dürfen keinen 
Handel treiben, weder mittelbar noch unmittelbar 
Theilhaber oder Bürgen eines Unternehmens sein, 
welches eine auf Gewinn oder Vortheil gerichtete 
Uebereinkunft mit der niederländisch-indischen Regie- 
rung zur Grundlage hat, und kein Interesse an irgend 
einem besonderen Landbau-, Industrie= oder Schiff- 
fahrtsunternehmen haben. 
Niederländlsch-Indien zählt 39 Reglerungsbezirke, 
22 auf Java (nebst Madura) und 17 in den übrigen 
Theilen; ferner 117 Assistent-Residenten, und zwar 
79 bezw. 38; endlich 318 Kontrolenre und Aspirant= 
Kontroleure, nämlich 161 bezw. 157. 
2. Die inländischen Behörden. 
A. Java nebst Madura. 
a. Die Regentschafts-Verwaltung. 
Die Residentschaften auf Java und Madura 
(ausgenommen Batavia, Soerakarta und Diokiakarta) 
zerfallen in eine oder mehrere Landschaften, an deren 
Spitze Regenten stehen, Eingeborene von hochadliger 
oder fürstlicher Abkunft. Je nach ihrem Range 
tragen sie Titel und führen sie prächtige große 
Sonnenschirme, die über ihnen getragen bezw. ge- 
halten werden.*) 
Die Regenten sind das Bindeglied zwischen den 
europäischen und den inländischen Behörden. Sie 
üben die unmittelbare Herrschaft über die inländische 
Bevölkerung, namentlich die Polizei, aus; ferner 
  
*) Auherdem ist ihnen ein militärischer Rang beigelegt, 
wie dies auch der Fall ist mit den europäischen Veamten 
der inneren Verwaltung, die ebenso bie verschiedenen Sonnen- 
schirme führen. Entsprechende Vorschristen über Rang, 
Titel und Sonnenschirme bestehen auch für die nachgeord- 
neten inländischen Veamten.
	        
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