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derpest erkrankt waren. Diese Erfahrung brachte
mich zu dem Entschlusse, welchen ich sogleich nach
meiner Ankunft in Windhoek am 18. Juni ausführte.
In meinem ersten, dem Herrn Landeshauptmann und
dem Herrn Stellvertreter desselben gehaltenen Vor-
trage erklärte ich nicht nur die Kontrolimpfung der
mit Galle geimpften Rinder für nothwendig, sondern
ich empfahl auch dringend, wenn die Kontrolimpfung
die geimpften Kontrolthiere immun erwiesen hatte,
alle mit derselben Galle geimpften Thiere mit Rin-
derpestblut nachzuimpfen und diese Nachimpfung zu-
nächst für die Zugochsen obligatorisch zu machen.
Fäür den Fall, daß die Kontrolthiere an Rinder-
pest erkrankten und eingingen, sollten alle mit derselben
Galle geimpften Thiere nochmals mit milkroskoplsch
umtersuchter Galle nachgeimpft werden.
Nachdem ich in Windhoek Gallenentnahme, Gallen-
impfung und Blutentnahme nach Kochscher Methode
demonstrirt, die demonstrative Obduktion an Rinder-
best eingegangener Thiere vorgenommen und endlich
Errichtung von Gallengewinnungsstationen mit künst-
licher Infektion der zur Gallenentnahme bestimmten
Thiere dringenbd empfohlen hatte, verständigte ich mich
mit dem inzwischen vom Imyfgeschäft südlich von
Windhoek eingetroffenen Roßarzt Herrn Rickmann.
Derselbe theilte meine Ansichten über Gallen= und
Blutimpfung und hatte in Bezug auf die erstere in
dem von mir vertretenen Sinne bereils gearbeitet.
Herr Roßarzt Rickmann hat auch sofort, nach-
dem ich Windhoek verlassen hatte, die Nachimpfung
mit Rinderpestblut begonnen. Er hat dieselbe leider
abbrechen müssen, da die Viehbesitzer infolge Erkran-
kung mehrerer Thiere nach Blutinfektion die Fort-
setzung der Impfung verweigerten.
Es gelang mir erst nach meiner Rückkehr nach
Windhoek, auf Grund der inzwischen in Otyimbingwe
erzlelten Resultate und des vom Herrn Noßarzt
Rickmann (bei dem der Regierung gehörigen Vieh)
erzielten Impferfolges, in einer Versammlung die Vieh-
besitzer von Windhoek und Umgegend von der Nühlich-
leit und Nothwendigkeit der Blutimpfung zu überzeugen.
Mein erster Aufenthalt in Windhoek war nur kurz
bemessen, weil die Kaiserliche Landeshauptmannschaft
es für erforderlich erachtete, daß ich möglichst bald
die Hererokapitäne zu Okahandya, welche sich gegen
die Impfung überhaupt noch mißtrauisch und ab-
lehnend verhielten, der Impfung geneigt mache.
Daun aber war es auch mein eigener Wunsch, das
von mir auf dem Wege Swakopmund —Windhoek
organisirte Impfgeschäft zu kontroliren und allent-
halben die Blutimpfung selbst einzuführen. Unter
der Leitung und gestützt auf die Autorität des Herrn
Regierungsraths v. Lindequist überwand ich den
Widerstand der Hereros und leitete das Impfgeschäft,
verbunden mit Ausbildung von Impfern, nach Koch-
schem Prinzip in Okahandya ein, um dann über die
eingerichteten Impfposten nach Swakopmund zu reiten.
Der Aufenthalt hier erwies sich dadurch nützlich, daß
ich neben Ausübung sehr nothwendiger ärztlicher
Thätigkeit Maßregeln gegen die überseeische Ver-
breitung der Rinderpest von unserem Schutzgebiete
aus treffen konnte. Am 1. Juli stellte ich bei einem
Schlachtochsen, der an Bord der auf der Rhede
ankernden „Melita Bohlen“ gebracht und dort ein-
gegangen war, Rinderpest fest; ich ließ das Schiff
unter Aufsicht des Schiffsarztes desinfiziren und das
noch an Bord befindliche Kleinvieh schlachten. Das-
selbe erwies sich bei der Untersuchung rinderpestfrei.
Weitere Rinderpestfälle in Swakopmund veranlaßten
mich, den Betrieb der schon vorher von den Herren
Hauptmann v. Perbandt und Stabsarzt Dr. Lübbert
höchst zweckmäßig eingerichteten Gallengewinnungs-
station einzuleiten. Von den genannten Herren hatle
Hauptmann v. Perbandt eine Urlaubsreise nach Kap-
stadt dazu benutzt, mich in Kimberley aufzusuchen und
meine Arbeiten auf der dortigen Station zu besich-
tigen. Ich habe die Ueberzeugung, daß der hierüber
von Herrn v. Perbandt eingereichte klare und sach-
verständige Bericht von größtem Werthe für die
Impfung vor meiner Ankunft gewesen ist. Am
9. Juli verließb ich Swakopmund und traf, nachdem
ich alle auf dem Wege gefundenen, noch nicht blut-
gelmpften Gespanne auf Otyimbingwe dirigirt und
in Tsaobis die Blutimpfung kontrolirt hatte, am
14. Juli in Olyimbingwe ein. Herr Stabsarzt
Dr. Lübberk, der nach erfolgreicher Erledigung des
Impfgeschäfts in Tsaobis und Umgebung über
Otyimbingwe nach Omaruru sich begeben hatte, um
dort gemeinsam mit dem bereits vorher auch von
mir verständigten Herrn Stabsarzt Dr. Langheld
das Impfgeschäft vorzubereiten, kehrte nach Erfüllung
seiner Aufgabe nach Swakopmund zurück, um im
dortigen Distrikt die Impfung fortzuführen und die
Ausstattung weiterer Impfstationen mit Mikroskopen
und anderen wissenschaftlichen Apparaten aus seinen
Beständen in liberalster Weise zu bewirken. Ich darf
meinem Dank für die große Hülfe, die Herr Stabs-
arzt Dr. Lübbert mir beim Impfgeschäft gewährt,
an dieser Stelle besonderen Ausdruck geben. In
Otyimbingwe betrieb ich im Verein mit dem Herrn
Oberlandmesser Dürrling und Bezirkshauptmann
Herrn Premierlieutenant Franke, dem ich für seine
Unterstützung beim Impfgeschäft ebenfalls zu Dank
verpflichtet bin, mit aller Energie die Blutimpfung.
Am 30. Juli traf ich wiederum in Windhoek ein;
auf meinem Wege von Otyimbingwe dorthin hatte
ich die vorgefundenen Gespanne theils sofort blut-
impfen lassen, theils im Interesse des Verkehrs mit
ihrer Fracht auf Windhoek dirigirt, um dort an. ihnen
die Impfung vornehmen zu lassen. In Windhoek
konnte ich nunmehr, wie oben erwähnt, die Vieh-
besitzer in besonders von der Kaiserlichen Landes-
hauptmannschaft berufener Versammlung zur Vor-
nahme der Blutimpfung umstimmen. Bald darauf
ritt ich auf Befehl der Kaiserlichen Landeshaupt-
mannschaft in Begleitung des Herrn v. Lindequist
in das Bastardland und Skaprevier, um besonders
in Rehoboth die gegen die Blutimpfung Einspruch