Full text: Deutsches Kolonialblatt. IX. Jahrgang, 1898. (9)

Uebrigen ruhig. Als das Fortschreiten der Impfungen 
dies nöthig machte, wurde im August 1897 das 
Distriktskommando Franzfontein eingerichtet, bestehend 
aus dem Lieutenant Grafen v. Bethusy-Huc als 
Distriktschef, 1 Unteroffizier, 4 deutschen Reitern und 
6 Namareitern. Die Besatzung des Distrikts nahm 
die Bekämpfung der Rinderpest in der Gegend von 
Franzfontein auf und stellte fest, daß die Swartboois 
sich noch immer ruhig verhielten. 
Anfang Oktober war die 4. Feldkompagnie am 
Waterberg im Hereroland gewesen und Mitte Oktober 
wieder in Otio eingetroffen. Nach Zurücklassung 
eines Kommandos am Waterberg unter Lieutenant 
Eggers verfügte sie jetzt in Otjo über etwa 
70 Reiter, aber nur etwa 30 Pferde, welche sich in 
einem äußerst mangelhaften Zustande befanden, da 
ihre Kräfte bei Bekämpfung der Rinderpest über- 
mäßig in Anspruch genommen waren. Zwar waren 
Ende September 60 argentinische Maulesel nach 
Otio überwiesen, allein in einem solchen Zustande, 
daß nur ein ganz geringer Bruchtheil verwendet 
werden konnte, und diese Zuweisung somit keine 
Abhülfe schaffte. Die Frühregenzeit blieb aus, die 
Weide wurde immer mangelhafter, so daß sich die 
Pferde durchaus nicht erholen konnten. 
Im November kamen Nachrichten aus Franz- 
sontein, daß sich dort etwa 50 Hereros aus der 
Gegend von Omburo eingefunden hätten und sich 
übermüthig aufführten. Die Bezirkshauptmannschaft 
war sich der Nothwendigkeit bewußt, wieder eine 
stärkere Macht im Gebiet der Swartbooi-Hottentotten 
auftreten zu lassen, allein der Mangel an Pferden 
und der Zustand der vorhandenen Pferde erlaubte 
zur Zeit keine Unternehmung. Am 24. November 
traf aus Franzsontein die Meldung ein, daß daselbst 
Unruhen ausgebrochen seien und sich einige der 
dortigen Hottentotten im Aufruhr gegen ihren Kapitän 
Lazarus Swartbooi befänden. Noch an demselben 
Tage brach Hauptmann v. Estorff mit 50 Reitern 
und einem Geschütz nach Franzfontein auf, aber schon 
an dem ersten Tage versagten viele Pferde, und nur 
mit 20 Reitern auf gänzlich ermatteten Pferden ver- 
mochte er am 28. November Franzfontein zu er- 
reichen. Ein großer Theil der dortigen Hottentotten 
hatte den Platz verlassen und bezeugte seine Feind- 
seligkeit durch Viehdiebstähle an dem Eigenthum der 
Anhänger des Kapitäns. 
Diesem waren etwa 30 waffenfähige Männer 
teugeblieben. Im Laufe der nächsten Woche traf 
der Rest der Kompagnie mit Fußmarsch und in 
Begleitung des Geschützes und eines Proviantwagens 
in Franzsontein ein. In Otjo verblieb mit Kranken 
eine Besatzung von etwa 20 Köpfen unter dem 
Zahlmeisteraspiranten Nürnberger. Es wurden 
nun mit den Häuptern der aufrührerischen Hotten- 
totten Verhandlungen angeknüpft, um womöglich den 
Ausbruch eines Krieges noch zu verhindern. Die 
Häupter der Aufrührer waren Samuel Swartboot 
und Joel Swartbooi. In die Nähe von Keium, 
415 
  
wo der Händler Sabatta zahlreiches Vieh stehen 
hatte, wurde eine Besatzung von 10 Reitern gelegt. 
Zeit und Umstände waren äußerst ungünstig für die 
Kriegführung, welche auch im Gelände die größten 
Schwierigkeiten finden mußte. Franzfontein liegt an 
einem Gebirgszuge, welcher, anfangs aus einer Kette 
bestehend, dann sich aber immer mehr ausbreitend 
nach Westen zu fortsetzt und mit der großen Gebirgs- 
landschaft des mittleren Kaokofeldes in Verbindung 
steht. Auch die Gegend nordwestlich Franzfontein 
ist gebirgig, während sich östlich der Linie Franz- 
fontein—Otjitambi und nördlich der Gebirgskette 
Franzfontein—Otjo eine weite Fläche ausbreitet, 
über welche die Wege von Otjo nach Franzfontein 
und von Otjo nach Otjitambi heranführen. Den 
Aufrührern war die mangelhafte Ausrüstung der 
Kompagnie mit Pferden wohl bekannt und sie waren 
sich der Vortheile wohl bewußt, die ihnen das Ge- 
lände bot. Deswegen hatten die Vorstellungen und 
Warnungen auf sie keiuen Einfluß mehr, und in der 
Nacht zum 3. Dezember stahlen sie die Pferde und 
Esel der Kompagnie, welche eine Stunde von Franz- 
fontein im Felde weideten. 
Hauptmann v. Estorff betrachtete dies als den 
Ausbruch des Krieges und brach am Nachmittage 
des 3. Dezember mit der Kompagnie (40 Köpfe) 
und etwa 20 Hottentotten unter Führung des 
Kapitäns Lazarus auf, um im Fußmarsch Aub zu 
erreichen, wo sich die Hauptwerft der Aufrührer be- 
finden sollte und wohin man glaubte, daß die Pferde 
abgetrieben seien. Das Geschütz folgte, mit Ochsen 
bespannt. In Franzfontein verblieb eine kleine Be- 
satzung. Eine Patrouille unter Unteroffizier Wesch, 
bestehend aus 2 deutschen Reitern und 6 Hotten- 
totten, sollte der Spur der abgetriebenen Pferde 
folgen und sich dann nach Aub an die Kompagnie 
heranziehen. 
Der erste Zusammenstoß mit dem Gegner führte 
zur Erstürmung von Ehobib in der Nacht vom 
4. zum 5. Dezember 1897, über welche Hauptmann 
v. Estorff, wie folgt, berichtet: 
„Nach 26 stündigem Gewaltmarsch erreichte die 
Kompagnie am 4. Dezember abends die Wasserstelle 
Aub. Die dortige Werft war soeben verlassen 
worden, eine Staubwolke zeigte den Rückzug des 
Feindes an, in der Richtung auf Ehobib. Nach 
kurzer Rast brach die Kompagnie wieder auf; das 
Geschütz, dessen Bespannung ganz erschöpft war, 
blieb zurück. Nach vierstündigem Marsch wurde ein 
Wasser dicht bei Ehobib etwas vor Mitternacht er- 
reicht. Die Spitzc, von Lieutenant Graf v. Bethus y- 
Huc geführt, hatte festgestellt, daß die eine Viertel- 
stunde weit entfernte Werft noch besetzt sei. Ich 
befahl, auf die Werft vorzugehen, um dieselbe zu 
stürmen. Die Spitze unter Graf v. Bethus y-Huc 
ging in dem trockenen Flußbett vor, die Kompagnie 
folgte in Kolonne auf 20 Schritt; dahinter die 
Hottentotten, das Seitengewehr war aufgepflanzt.
	        
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