Full text: Deutsches Kolonialblatt. IX. Jahrgang, 1898. (9)

Kandetefluß in der Nähe des durch Bergassessor 
Bornhardt aufgefundenen Kohlenflötzes C. Ich 
begab mich alsbald in Begleitung des Feldwebels 
Benkewitz und unter Führung zweier Askaris, welche 
Bergossessor Bornhardt auf seinen Reisen begleitet 
hatten, auf den Weg zur Kohlensundstelle. Da in- 
zwischen jedoch die früheren Wege dorthin vollständig 
verwachsen waren, gelang es uns nicht, bis zum 
Eintritt der Dunkelheit die Kohlen aufzufinden. 
Am nächsten Tage ließ ich Feldwebel Benkewitz 
mit vier Askaris, den nöthigen Trägern und den von 
Häuptling Maisura gestellten dreizehn Arbeitern zurück, 
um nochmals nach der Kohlenfundstelle zu suchen 
und einige Lasten Kohlen nach Maisuras Dorf am 
Kiwira zu schaffen. Ich selbst wollte auf dem Rück- 
wege eventuell weitere Kohlen je nach dem Eintreffen 
der zu dem Kiwira bestellten Einbäume fortschaffen. 
Auf der ganzen Reise habe ich die erfreuliche 
Wahrnehmung gemacht, daß sowohl die Wakonde der 
Niederung als auch Bundali und Unyka-Leute jetzt 
durchaus friedfertig sind und Vertrauen zu der 
deutschen Regierung haben. In jedem Ort, in dem 
ich Lager aufschlug, wurde sofort in bereitwilligster 
Weise und reichlich Verpflegung für Askari und 
Träger gewährt; jeder Wunsch wurde sofort nach 
Möglichkeit erfüllt. In Bundali kamen die einzelnen 
Häuptlinge mir schon weit entgegen und gaben mir 
bis über ihr Gebiet hinaus das Geleit. 
Bundali ist überaus zahlreich bevölkert. Un- 
unterbrochen reiht sich Hütte an Hütte, Dorf an 
Dorf. Es giebt kein Thal und keinen Berg, bei 
welchem nicht auch bewohnte Hütten zu finden wären. 
Die Leute, welche von Ackerbau und Viehzucht leben, 
sind von außerordentlicher Sauberkeit. Jedes Fleckchen 
vor dem Hause ist reingefegt, und jegliches Unkrant 
davor ist entfernt. Selbst das Innere der Viehställe 
ist von jedem Unrath gesäubert. 
Ich mußte staunen über die außerordentliche 
Fruchtbarkeit des ganzen von mir bereisten Gebietes. 
Ueberall steht das Land unter Kultur und gewährt 
seinen Bewohnern mühelos reichliche Nahrung. 
Sämmtliche Dörfer liegen inmitten von Bananen- 
hainen. 
Die Felder sind so regelmäßig angeordnet und 
so sauber gehalten. daß man glauben könnte, 
europäische Landwirthe hätten hier mit Pflug und 
Egge gearbeitet. 
Nach meiner Ansicht würde sich Bundali, welches 
selbst das als fruchtbar gerühmte Kondeniederland 
an Ertragsfähigkeit übertrifft, sowohl für Anlage 
von Kaffeeplantagen als auch für den Anbau euro- 
päischer Getreidearten sehr wohl eignen. Auch 
in klimatischer Beziehung hat Bundali, welches sich 
in einer Höhe zwischen 800 und 1300 m über dem 
Meeresspiegel befindet, günstige Bedingungen auf- 
zuweisen, wenigstens nach dem hier wohnenden ge- 
sunden Menschenschlage zu urtheilen. Man sieht 
durchweg gut gewachsene, hübsche Leute. Ich glaube 
in dieser reinen und frischen Gebirgsluft mich nicht 
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im tropischen Afrika, sondern in heimathlichen Ge- 
filden zu befinden. 
Weniger fruchtbar als Bundali ist Unyka. Ueber- 
schreitet man den Bergrücken, der diese beiden Land- 
schaften von einander trennt, so ist man erstaunt 
über das veränderte Landschaftsbild, das sich nun 
nach kurzer Wegstrecke (3 km) darbietet. Nur ver- 
einzelt sieht man hier Schamben an den Berghängen 
und meistens nur in der nächsten Nähe von Wasser- 
läufen. Das in Bundali noch frische Gras ist hier 
bereits vollständig vertrocknet. 
Am 11. Juli schlug ich wieder am Kandetefluß 
mein Lager auf und suchte die Kohlenfundstelle — 
dieses Mal mit besserem Erfolge — auf. Die 
Kohlen sind von einem kleinen Nebenfluß des Kandete 
freigespült und liegen an mehreren Stellen offen zu 
Tage. Weiterhin sind sie zunächst nur mit geringen 
Erdschichten bedeckt, so daß eine Gewinnung der- 
selben in Tagesbauten für die nächste Zeit keine 
Schwierigkeiten bieten dürfte. Am Nachmittag trafen 
die mir durch Feldwebel Benkewitz entgegengeschickten 
116 Wakonde= und Wakisi-Träger in meinem Lager 
ein, und schon am nächsten Morgen stellte ich die 
Leute unter Aussicht von drei Askari zum Kohlen= 
schlagen an. Trotz des unzureichenden Arbeitszeugs 
—. 3 Brechstangen, 2 Beilpiken, 2 Spaten und 
1 Axt — ging die Arbeit doch so leicht von der 
Hand, daß bereits nachmittags sämmtliche Träger 
mit ihren in Gras verpackten Kohlenlasten in dem 
4¼ Stunden entfernten Dorse Maisuras am Kiwira 
eintrafen. Die Lasten wurden sodann sofort in die 
bereit stehenden 15 Einbäume verladen und nach 
der Mündung des Kiwira gesandt, wo sie am 13. 
srüh eintrafen. Ich selbst marschirte am nächsten 
Morgen weiter und traf nachmittags an der Kiwira- 
mündung ein. Am 14. Juli kehrte ich sodann mit 
dem großen Stahlboot nach Langenburg zurück. 
Der Kiwira ist zu dieser Jahreszeit, zu welcher 
das Wasser schon bedeutend gefallen ist, selbst für 
Mtumbis nicht über Maisuras Dorf hinaus schiffbar 
und bietet auch in seinem unteren Lauf manches 
Hinderniß durch Sandbänke. 
Insgesammt sind bei dieser Expedition 129 Lasten 
Kohlen nach Langenburg geschafft worden, und zwar 
bis Maisuras Dorf durch Träger und von da ab 
in Einbäumen. Das Nettogewicht beträgt 45 Ceniner. 
Der Preis stellt sich dieses Mal unverhältnißmäßig 
hoch, da die Leute mit Rücksicht darauf, daß sie nur 
für diese eine Tour angenommen waren, auch höher 
bezahlt wurden, als wenn sie in Monatslohn ständen. 
Sobald jedoch die Leute in Monatslohn ständen, 
würde sich die Rechnung etwa, wie folgt, stellen: 
100 Leute im Durchschnittslohn von 5 Rupien 
könnten monatlich 2000 Lasten à 40 Pfund deutsch 
bis nach Maisuras Dorf schaffen, welche wieder durch 
20 Einbäume à 20 Rupien monatlich nach der 
Kiwiramündung befördert werden könnten. Diese 
800 Centner würden sonach an der Mündung des 
Kiwira, ohne die Kosten der Aufsicht durch einen
	        
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