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Flusses wohnenden Bangandustamm auf einer Insel Dörfer drei bis vier Tagemärsche südlich, also zweifel-
angebaut hat. Hier sei man völlig sicher, wurde
mir gesagt, die Bangandu hätten keine Kanus und
fürchteten das Wasser. Etwa 1 km oberhalb von
Kodiu ist eine sehr starke Schnelle von etwa 400m
Länge, dieselbe ist mit beladenen Kanus nicht zu
passiven, es mußten daher die Lasten ausgeladen
und zu Lande transportirt und dann die leeren
Boote durch die Schnellen gezogen werden. Am
3. Mai erreichte ich das letzte Misangadorf, Dan-
golo, am rechten Ufer; ihm gegenüber liegt je eine
Faktorei der Société Anonyme Belge und des
Holländischen Hauses. Der farbige Clerk der ersteren
schloß sich mir bei der Weiterfahrt an, und nach
drei Stunden erreichte ich das Dorf Tsimburi am
linken Ufer, das etwa 70 bis 80 Einwohner zählen
mag. Ich kam bei völliger Dunkelheit an und die
Bevölkerung war anfangs ängstlich, doch ließ sie sich
leicht beruhigen, half meinen Leuten beim Ausladen
der Lasten und brachte Lebensmittel in solchen
Mengen, daß ich sie bei der Weiterfahrt kaum in
den Kanus unterbringen konnte. Am nächsten Tage
besuchte ich den auf der rechten Seite des Flusses,
etwa eine Stunde vom Ufer entfernt sitzenden
Kunabembestamm, der in einem größeren und fünf
kleineren Dörfern wohnt und 500 bis 600 Seelen
zählen mag. Da man mir gesagt hatte, daß die
Leute sehr kriegerisch und streitlustig wären, nahm
ich 10 Soldaten mit und ging mit Vorsichtsmaß-
regeln in das Hauptdorf; doch war die Aufnahme
eine außerordentlich freundliche und entgegenkommende,
es fehlte auch die ängstliche Scheu, mit der mir die
anderen Dörfer anfangs entgegenkamen. Gleich am
folgenden Tage besuchte mich eine Anzahl Kunabembe-
leute in Tsimburi und brachte Hühner und Bananen
zum Geschenk. Am 4. Mai fuhr ich mit nur einem
Kanu den Bumba weiter hinauf, um die großen
Schnellen desselben zu erreichen, die 5 bis 6 Stunden
oberhalb von Tsimburi liegen sollen. Die Fahrt
ging der starken Strömung wegen nur sehr langsam
von Statten, und bereits nach 2½" Stunden mußte
ich vor einem Katarakt Halt machen, der mit Rudern
nicht zu nehmen war. Das Kanu am Lande herum
zu transportiren, fehlten mir Leute und Zeit, und
so kehrte ich um, die genaue Erforschung des oberen
Bumbalaufes für eine spätere Expedition aufsparend.
Der nördlichste am Bumba erreichte Punkt dürfte
etwa = 2 30°, 4= 14° 30“ liegen. Die Thal-
fahrt ging sehr schnell von Statten und am Mit-
tage des 5. erreichte ich die Mündung. Von hier
fuhr ich am 6. den Dscha hinauf und erreichte in
3 Stunden Dschama, ein Dors, dessen etwa 40 Häuser
auf zwei großen Inseln und am Ufer zerstreut
liegen; es ist die letzte Misanga-Ansiedelung am
Dscha. Von hier ging es zwei Tage durch unbe-
wohntes Gebiet. Am 8. erreichte ich Bomedali und
Lobilo, am 9. Balla und Jamay. Alle vier Dörfer
sind klein, sie werden von Angehörigen des Boma-
bassastammes bewohnt, der zahlreiche und große
los auf französischem Gebiet, hat. In Bomedali ist
eine. Faktorei des Holländischen Hauses, in Lobilo
eine der Société Anonyme Belge unter schwarzen
Angestellten. Das Verhalten der Eingeborenen gegen
mich war, bis auf das Dorf Jamay, durchaus
freundlich und entgegenkommend, man brachte Lebens-
mittel in Massen. Im letzteren Dorfe war die
Bevölkerung sehr mißtrauisch und ließ sich nur schwer
und unvollkommen beruhigen.
Man hatte mir von großen Fällen des Dscha
oberhalb Jamay erzählt, und bis dorthin beschloß
ich die Expedition auszudehnen. Ich brach am 10.
von Jamay auf und fuhr vier Tage lang (die
Hauptrichtung war von der Station Westnordwest)
durch unbewohntes Gebiet. Das Terrain wurde
mehr und mehr bergig. Alles Kuppen und Höhen-
rücken bis zu 700 m relativer Höhe, mit dichtem
Urwald bedeckt, durch die sich der Fluß in vielen
Windungen schlängelt. Die Ufer sind zum Theil
landschaftlich sehr schön. Am 14. Mai gelangten
wir an eine etwa 300 m im Durchmesser haltende,
rings von Bergen eingeschlossene, seenartige Ver-
breiterung des Flusses, in die sich, aus einer schmalen
Felsschlucht reißend hervorbrechend, der Dscha er-
gießt; er ist an der Durchbruchsstelle kaum 50 m
breit. Wenn man von „Fällen“ hier auch nicht
sprechen kann, so ist doch zweifellos, daß die Schiff-
barkeit hier zu Ende ist. Die Gegend ist schön.
Das weite Becken mit einer vorgelagerten Insel,
alles von hohen Urwaldbergen eingeschlossen, das
schäumende, brausende Wasser des Dscha, dessen Bett
an der Durchbruchsstelle mit großen Felsblöcken be-
deckt ist, alles bildet eine angenehme Abwechslung
in dem Einerlei der afrikanischen Flußlandschaft.
Schwärme von grauen Papageien kommen hier vor,
deren Geschrei gegen Abend selbst das bekannte
Konzert der Cikaden übertönt.
Am 15. ging ich zu Fuß eine Strecke
stromauf und durchschritt die Schlucht, ich fand
noch drei weitere Katarakte. Oberhalb der-
selben verbreiterte sich der Strom wieder bis
zu etw 150 m. Ein Ziehen der leeren Kanus über
die Schnellen wäre wohl möglich, wenn man ge-
nügend Zeit und Leute hat, doch würde dies nur
lohnen, wenn man die Schiffbarkeit des Flusses
oberhalb auf weitere Strecken festgestellt hat. Da
ich gar keine Träger mithatte, so hätte sich für mich
eine weitere Fortsetzung der Expedition von selbst
verboten, auch wenn ich meine Abwesenheit von der
Station nicht von vornherein nur auf kurze Zeit
bemessen hätte. Ich kehrte deshalb am 16. um und
erreichte am 19. nach im Ganzen 25 stündigem starken
Rudern wieder die Station.
Was das Ergebniß der dreiwöchentlichen Reise
betrifft, so dürfte vor allem die Konstatirung der
Schiffbarkeit des Dscha auf eine so große Strecke
von Interesse sein. Ich habe von der Station bis
zu den Schnellen mit gut bemannten, nicht über-