Full text: Deutsches Kolonialblatt. XI. Jahrgang, 1900. (11)

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heit und Unabhängigkeit, wie er unter den Negern 
Ostafrikas nur noch bei einigen anderen Bergstämmen 
zu finden ist. Krieg ist im Leben jedes einzelnen 
Mannes das Wichtigste. Tritt der Jüngling im 
Alter von etwa 15 Jahren in den Verband der 
Krieger, so gilt sein ganzes Denken und Sehnen dem 
ersten Kriegszuge, in dem er sich durch Tödtung einiger 
Feinde oder Erbeutung von Vieh seine Rittersporen 
verdienen muß. Der Mann lebt dann bis zum Alter 
von 30 bis 35 Jahren ausschließlich für den Krieg. 
Dieser ist sein einziger Lebenszweck, und die Pausen 
zwischen den einzelnen Kriegszügen füllt das Schmieden 
von Kriegsplänen, das Spioniren in den Nachbar- 
landschaften und das Abschließen von Bündnissen für 
den nächsten Kriegszug aus. Jede Art von Arbeit 
gilt ihm als entwürdigend. Die Häuptlinge regierten 
unumschränkt und waren um so angesehener bei ihren 
Leuten, je rücksichtsloser, entschlossener und grausamer 
sie herrschten. Mit dem Beginn der deutschen Herr- 
schaft wurde dies anders, die Häuptlinge wurden 
ausführende Organe der Station Moschi, ihre Willkür 
war zu Ende und sie kamen genau wie jeder einzelne 
ihrer Unterthanen bis zum ärmsten Mann unter die 
gleiche Rechtsprechung. Es liegt auf der Hand, daß 
diese Neuordnung die erste Grundlage zur allmählichen 
Civilisirung sein mußte, aber es ist ebenso verständlich, 
daß kräftige, zähe Kriegsvölker damit nicht zufrieden 
sein konnten. Aeußerlich schienen sich die Leute mit 
den neuen Verhältnissen abgefunden zu haben und 
die, welche dadurch gewonnen hatten, mochten auch 
in ihrem Herzen damit einverstanden sein. Im All- 
gemeinen glühte aber die Kohle unter der scheinbar 
kalten Asche weiter. 
Die Häuptlinge und deren Berather konnten die 
alte Herrlichkeit nicht vergessen und ersehnten den 
Moment, wo sie die Europäerherrschaft abschütteln 
könnten. Widerhall fanden ihre Wünsche bei den 
Kriegern, die nun keine Kriege mehr führen durften 
und sich an Arbeit nicht gewöhnen konnten. So 
gährte es ganz im Geheimen. Das immer weitere 
Eindringen der neuen Regierungsform und Gerichts- 
barkeit in die breiten Volksschichten, wodurch der 
traditionelle Nimbus der Häuptlinge zerstört wurde, 
drängte diese nun zur Eile, wenn man überhaupt 
noch auf Erfsolg rechnen wollte. Die Vermehrung 
der Zahl der Missionare und der europäischen Händler, 
von denen jeder der Freiheitsbestrebung der Schwarzen 
als ein natürlicher Feind und ein Machtfaktor der 
Europäerherrschaft erschien, geboten den Eingeborenen 
auch ein schnelles Handeln. Doch zu solch großer 
That, wie die geplante, war eine einheitliche Er- 
hebung nöthig und diese scheiterte lange an der 
gegenseitigen Feindschaft und Eifersucht. Endlich kam 
sie vor etwa einem halben Jahre zu Stande, und 
die früher mächtigsten Landschaften, die durch die 
deutsche Herrschaft das Meiste verloren hatten, Moschi 
und Kiboscho, verbündeten sich mit ihren alten Fein- 
den, der Bevölkerung des Meruberges und den 
Massais, zum gemeinsamen Angriff auf die Europäer. 
  
Den unmittelbaren Anstoß hierzu gab die Verringe- 
rung der Besatzung Moschis, wovon die Eingeborenen 
durch eigene Beobachtungen sofort Kenntniß bekamen. 
So kam es, daß sich die Station Moschi in der 
Nacht vom 21. zum 22. Dezember von den vereinigten 
Kriegern der genannten Stämme umzingelt fand. 
Die Häuptlinge vom Meruberg befanden sich selbst 
auf der Station, um unter dem Vorwand friedlicher 
Schauris unsere Lage zu beobachten und dann im 
geeigneten Moment ihre Krieger zum Einbruch her- 
einzuführen. Eins ihrer belauschten Gespräche ent- 
hüllte ihre Kriegsdispositionen, und so wurde es 
möglich, die Krieger im Moment, wo sie angreifen 
wollten, mit dem Feuer der Außenposten zu empfangen. 
Ein Ueberrumpeln der Station war ihnen unter 
diesen Umständen nicht möglich und zu einem offenen 
Kampfe fehlte ihnen in der Bestürzung über das 
unerwartete Feuer der Muth. Sie zogen deshalb 
vorläufig ab, in der Hoffnung, bald einen günstigeren 
Zeitpunkt zu finden, doch ehe es dazu kommt, wird 
wohl die Bestrafung der Schuldigen stattgefunden 
haben, die erst nach Eintreffen einer größeren VBer- 
stärkung von der Küste erfolgen kann. « 
Nach einem kürzlich eingegangenen vorläufigen 
Berichte ist die Bestrafung der Aruschaleute inzwischen 
erfolgt und Hauptmann Johannes mit seiner 
Kompagnie vom Meruberge nach Moschi zurückgekehrt. 
Nähere Mittheilungen über die Ausführung der 
Expedition liegen noch nicht vor. 
Wissenschaftliche Lammlungen. 
Der zoologischen Sammlung des Berliner König- 
lichen Museums für Naturkunde ist von dem Haupt- 
mann in der Kaiserlichen Schutztruppe für Deutsch- 
Ostafrika, v. Prittwitz u. Gaffron, eine von ihm 
auf seinen Reisen am Tanganyika, Rukwa und Ruaha 
zusammengebrachte Naturaliensammlung überwiesen 
worden. Die Sammlung enthält: 
1 Säugethiersell, 2 Schädel und 2 Gehörne, 
3 Vogelbälge, 1 Vogelschädel, 4 Schildkröten, 1 Kro- 
kodilschädel, einige Insekten und einige Land= und 
Süßwassermollusken. 
Die Thiere sind gut und sachgemäß präparirt 
und bilden eine dankenswerthe Bereicherung der 
zoologischen Sammlung. Von besonderem Interesse 
ist die Auffindung eines Geparden in den Quell- 
ländern des Msamba, der Nachweis der Zambefi= 
Kuhantilope, Bubalis Lichtensteini, für Ufipa und 
der schwarzen Pferdeantilope, Hippotragus niger, 
in den Ukimbulandschaften. Auch unter den Vogel- 
bälgen, Schildkröten und Schnecken befinden sich 
seltene Arten, welche aus den Gebieten nördlich des 
Rukwa-Sees noch nicht eingeliefert worden waren. 
Sehr willkommen ist der Schädel eines Krokodils 
vom Südufer des Tanganyika= Sees, der erste Schädel 
dieser Art, welchen das Museum aus dem Innern 
von Deutsch-Ostafrika erhalten hat. 
 
	        
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