fullscreen: Sachsen in großer Zeit. Band II. Die Kriegsjahre 1914 und 1915. (2)

Die religiöse Versorgung der sächsischen Truppen 
Von Hofprediger D. Max Schmidt, Pfarrer zu St. Nikolai, im Felde Dioisionspfarrer an der Wesifront, 19. Ersatzdivision 
Vom Dienste der Feldgeistlichen 
Im Frieden wirkten berufsständige Militärpfarrer in 
den größeren Standorten, für jede Owwision zum mindesten 
einer. Sie hatten den gesamten pfarramtlichen Dienst in 
den Gotte#diensten, in Lazaretten, Kasernen, in Soldaten- 
heimen, beim Jugendunterricht, Amtshandlungen usw. Für 
den Kriegsfall erhielt jeder dieser Divisionspfarrer, in 
Sachsen abweichend von Preußen auch der Militärober- 
pfarrer, jährlich seine 
Später, als die Pferde knapper wurden, mußten zwei Pferde 
genügen. Dem überplanmäßigen, freiwilligen Feldgeistlichen 
konnte nur ein Reitpferd bewilligt werden, für das ein un- 
berittener Bursche zu sorgen hatte. 
Die Feldkleidung der Pfarrer war eine feldgraue Uniform 
(ohne Degen), Mütze mit Stirnkreuz oder ein Hut mit hoher 
Krempe; an einem Oberarm eine weiß-violette Binde mit 
rotem Kreuz. 
Die Aufgabe des F’oeiftcer bestebt in der christ- 
lichen Versorgung der 
  
Mobilmachungsbestim- 
mung. Zu ihnen kom- 
men die für Reserve- 
divisionen bestimmten 
Feldgeistlichen, die zum 
Teil aus der Landes= 
geistlichkeit gewählt sind 
und gleichfalls ihre et- 
waige Kriegsverwen- 
dung im voraus wissen. 
Bei dem Umfange 
der alle bisherigen Maße 
weit überschreitenden 
Mobilmachung im Au- 
ust 1914 reichten diese 
Kräfte nicht aus. Auch 
für die Ersatzdivisionen 
wurden Feldgeistliche 
nötig. Als der Krieg 
dazu eine unerwartet 
längere Auedehnung 
voraussehen ließ, wurde 
überdies jeder Division 
noch ein überplanmä- 
biger Feldgeistlicher bei- 
gefügt, so daß sich in 
jeder mobilen Dioision 
zwei evangelische Feld- 
geistliche in den Dienst 
teilten. Rückwärts von 
der Front wirkten fer- 
ner Etappenpfarrer in 
den größeren besetzten 
Städten oder in oft recht ausgedehnten Bezirken. Von 
diesen Etappenpfarrern sind eine ganze Reihe später 
an die Kampffront eingerückt, wenn dort ein Wechsel 
nötig wurde. Es ist also eine beträchtliche Anzahl von 
Geistlichen der evangelisch-lutherischen Landeskirche Sach- 
sens im Felde tätig gewesen, manche während der ganzen 
Kriegödauer, die meisten wenigstens mehrere Jahre. Die 
Auswahl und Aussendung unterstand dem Kgl. Sächsischen 
Kriegsministerium, bei dem Oberkonsistorialrat Dr. Fried- 
rich-Dresden den militärkirchlichen Vortrag hat. Dieser 
„geistliche Kommissar“ hat auch die sächsischen Feldgeist- 
lichen und ihre Gemeinden mehrfach an den Fronten besucht. 
Die militärischen Vorgesetzten der Feldpfarrer sind die Divi- 
sionskommandeure, zu deren Stab der Feldgeistliche gehört; 
bei Etappenpfarrern der Etappenkommandeur. 
Die dienstliche Ausrüstung des Felddivisionspfarrers be- 
steht aus einem Reitpferd und zwei Wagenpferden mit 
Wagen, sowie einem Amtökoffer, der die Abendmahlsge- 
räte nebst Altardecke, Bibel u. dgl. enthält; zugeteilt sind 
ihm ein Fahrer und ein unberittener persönlicher Bursche. 
  
Denkmal für die Gefallenen des Inf.-Regts. 100 auf dem Südfriedhof zu Leipzig 
Truppe, deren im 
Kriege oft sehr leben- 
diges religiöses Bedürf- 
nis er befriedigen und 
das er wach erhalten 
soll, wenn bei langer 
Kriegsdauer die heilige 
Glut sinken will. Aus 
dieser religiösen Stär- 
kung soll zugleich der 
opferbereite Mannes- 
mut und die vater- 
ländische Pflichttreue 
immer neugespeist wer- 
den. Im fortgesetzten 
Zusammenleben auf 
dem Marsche, in Ruhe- 
zeiten, auf Verband- 
plätzen, in Lazaretten, 
bei kameradschaftlichen 
Vereinigungen, in 
Schützengräben, Unter- 
ständen uff. soll eine 
stctige persönliche Be- 
rührung mit der Truppe 
erstrebt werden; natür- 
lich, soweit die harten 
Notwendigkeiten des 
Krieges dieses Ziel zu- 
lassen. Wie es in der 
Bibel von Aaron dem 
Priester heißt, daß er 
opfernd z'rüchen Leben- 
den und Sterbenden einhergegangen sei, genau dies soll der 
Dienst des Feldgeistlichen sein. Der Feldpfarrer muß körper- 
lich den andauernden, oft harten Anstrengungen, den Biwaks, 
nächtlichen Märschen, auch bei geringer Verpflegung gewachsen 
sein und zugleich geistig schnell arbeiten und aus gefülltem 
Speicher spenden können. Er muß frisch und kräftig genug 
sein für starke körperliche Leistungen und doch, was min- 
destens ebenso wichtig ist, eine gereifte, erfahrene Persön= 
lichkeit sein, zu der Mann wie Offizier und Unteroffigier 
bald Vertrauen fassen können. Doch auch von diesen Er- 
fordernissen gilt das stärkende Bibelwort: „Dem Aufrich- 
tigen läßt es der Herr gelingen“ und das nicht minder 
tröstende: „Nun suchet man nicht mehr an den Haushaltern, 
denn daß sie treu erfunden werden.“ 
Von diesem Amtswirken der evangelischen Feldgeistlichen 
bei sächsischen Truppen soll hier berichtet werden. Natür- 
lich können zur Darstellung eines vierjährigen, nach den 
verschiedensten Kriegsschauplätzen verzweigten Wirkens nur 
wichtige Ausschnitte, möglichst anschauliche Einzelbilder ge- 
geben werden. Wenn auch die Tätigkeit der katholischen
	        
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