Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIII. Jahrgang, 1902. (13)

den Vlawolo je gesehen hat. Zur raschen Ent- 
wickelung der Station trugen vor Allem auch die 
Missionsschwestern bei, die seit 1892 dort thätig 
waren und sich der weiblichen Bevölkerung annehmen 
konnten. Aus dem dortigen Waisenhause sind nun 
schon manche katholische Familien hervorgegangen, 
die ihren Landsleuten als Vorbild dienen können 
und mit uns Hand in Hand arbeiten. Der Einfluß 
der Schwestern bei Jung und Alt ist ein so großer 
und unentbehrlicher, daß man sagen muß: „Ohne 
Schwestern ist die Mission nur eine halbe Mission.“ 
Mit besonderem Danke muß ich auch der guten 
Laienbrüder erwähnen, die auf jeder Station die 
rechte Hand des Missionars sind. Ihre Thätigkeit 
erstreckt sich zunächst auf die häuslichen und alle 
materiellen Arbeiten. Häuser, Schulen und Kirchen 
sind das Werk unserer wackeren Laienbrüder. Den 
wichtigsten Dienst aber leisten sie durch Unterrichtung 
der Ingend. Wenn wir in der Mission Schulzwang 
hätten, wie in Europa, dann genügte wohl eine 
größere der zwei Elementarschulen für jede Station. 
Wegen der eigenartigen Verhällnisse ist ein solcher 
Zwang aber nicht durchführbar, und so müssen wir, 
da die Eltern nicht den nöthigen Einfluß auf ihre 
Kinder besitzen, in allen Distrikten, wo nur wieder 
eine größere Gruppe von Kindern wohnt, Schulen 
errichten, um alle Tage dorthin die getaufte Jugend 
zusammen zu trommeln und die wilden Rangen zu 
unterrichten. Was sollte nun ein einzelner Pater 
auf einer Station machen, zu welcher sechs Schulen 
gehören, wenn er keinen Laienbruder als Schullehrer 
an seiner Seite hätte, zumal durch Krankenbesuche, 
Krankenpflege und sonstige Arbeiten, die die Ver- 
waltung einer Station mit sich bringt, schon ein 
großer Theil seiner Zeit in Anspruch genommen ist? 
Hätten wir doch nur eine größere Anzahl solcher 
boienbrüber, damit die Arbeit besser vertheilt werden 
önnte! 
  
Aus fremden Aolonien und 
Produktionsgebieten. 
Ueber die Eingeborenen Schulen in 
Uiederländisch-Indien 
ist im vorigen Jahre zu Batavia ein im Auftrage 
der niederländischen Regierung ausgearbeiteter umfang- 
reicher Bericht) erschienen, aus welchem folgende 
Angaben mitgetheilt werden mögen: 
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts 
hatte sich die niederländische Regierung, Hand in 
Hand gehend mit den Missionsgesellschaften, auf die 
Fürsorge für den Unterricht der zum Christenthum 
bekehrten Eingeborenen beschränkt. Veranlaßt durch 
das gesteigerte Bedürfniß an geschulten eingeborenen 
8) Algemeen Verslag von het Inlandsch Onderwifjs 
in Nederlandsch-Indie loopende over de Jaren 1893 
Amm 1897 mit Aunhangsel betreffende Jaren 1898 en 
18 Batavia Landsdrukkerij 1901. · 
267 
  
Beamten,') nahm sie seit dem Jahre 1854 auch 
die Unterweisung der nichtchristlichen Eingeborenen 
in Angriff. Lehrbücher in den (13) verschiedenen 
Landessprachen wurden zusammengestellt und Semi- 
narien für Eingeborenenlehrer errichtet. Nach Her- 
anziehung eines Stammes farbiger Lehrer schritt 
man zur Gründung von Eingeborenen-Schulen, die 
sich bald über das ganze niederländisch-indische Ge- 
biet verbreiteten. Eingehende organisatorische Be- 
stimmungen wurden erlassen und mehrfach, insbesondere 
in den Jahren 1872 und 1884, Berbesserungen 
unterzogen. Die heutige, im Wesentlichen für ganz 
Niederländisch -Indien einheitliche Gestaltung des 
Unterrichtswesens beruht auf dem Koninglijk Befluit 
vom 28. September 1892 und den dazu ergangenen 
Ausführungsbestimmungen (Indisch Staatsblad 1893 
Nr. 125 bis 128). 
Die öffentlichen Schulen für den Elementar- 
unterricht der Eingeborenen (openbare lagere Scholen) 
zerfallen hiernach in zwei Klassen: die der 1. Klasse 
find wesentlich für die Kinder der Vornehmen, die 
der 2. Klasse sind für alle eingeborenen Kinder be- 
stimmt. Zur besseren Ausbildung künftiger Ver- 
waltungsbeamter bestehen daneben für Söhne an- 
gesehener Inländer sog. Hoofdenschulen. Auch ist 
den Söhnen der Vornehmen der Eintritt in Euro- 
päerschulen ermöglicht. 
Entsprechend dem Grundsatze völliger religiöser 
Neutralität, den die niederländische Regierung ein- 
nimmt, ist der Religionsunterricht auf sämmtlichen 
Regierungsschulen verboten. Nur außerhalb der 
Schulstunden ist die Benutzung der Schulräume zur 
Ertheilung von Religionsunterricht zugelassen. Unter- 
richtet wird in der Landessprache und, wo dies nicht 
angängig ist, auf Malayisch. Das Niederländische 
ist nur an den Hoofdenschulen und Seminaren als 
Lehrfach, an letzteren seit 1899 auch als Unterrichts- 
sprache eingeführt. Der Lehrplan erstreckt sich in 
den Schulen der 2. Klasse auf Lesen und Schreiben 
der Landes= oder der malayischen Sprache sowie 
auf die vier Hauptregeln des Rechnens. In den 
Schulen erster Klasse und in den Seminaren be- 
stimmt der Generalgouverneur den Umfang des 
Lehrplanes. 
Regelmäßig wird Schulgeld erhoben. Dieses 
beträgt in den Elementarschulen zweiter Klasse je 
nach den Jahrgängen 0,50 oder 0,25 oder 0,10 Fr. 
monatlich; in den Schulen erster Klasse dagegen 
1 pCt. des Einkommens desjenigen, auf dessen 
Rechnung das Kind in die Schule geht, indeß 
höchstens 6 Fr. und mindestens 1 Fr. monatlich. Für 
das zweite und jedes folgende Kind derselben Familie 
gelten ermäßigte Sätze. 
Die Schulaufsicht übt eine aus Europäern und 
*) Beamie brauchte die Regierung insbesondere zur 
Durchführung des . Culturstelsel-, welches die Eingeborenen 
verpflichtete, ihr Land zu bebauen und die gewonnenen 
Bodenerzeugnisse zu mäßigem Preise an der Regierung ab- 
zulassen.
	        
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