Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIII. Jahrgang, 1902. (13)

— 302 
keit giebt. Außer der Beschaffung und Vertheilung 
von Saatgut, der chemischen und technischen Unter- 
suchung kolonialer Produkte, dem Stellennachweis für 
deutsche Kolonien, der Veranstaltung von Kolonial= 
Ausstellungen 2c. kommen namentlich die wirthschaft- 
lichen Unternehmungen des Komitees in Betracht, 
über deren Mehrzahl auch im Deutschen Kolonialblatt 
sortlaufend berichtet ist. Es handelt sich um folgende 
Unternehmungen: Guttapercha-Südsee-Expedition; 
Bohrkolonne nach Deutsch-Südwestafrika; Baumwoll- 
Expedition nach Togo; Baumwoll-Unternehmen in 
Deutsch-Ostafrika; Baumwoll-Expertise nach Klein- 
Asien; Eisenbahn-Expedition nach Togo; Kaffee- 
Expertise nach Deutsch-Ostafrika; Expertise nach 
Hochusambara; Expertise nach dem Kunene. 
Verbrauch und verarbeitung von Erdnüssen in der 
Warseiller Oelindustrie. 
Die Marseiller Seifenindustrie verbraucht im 
Monat durchschnittlich 3000 bis 3500 Tonnen 
Erdnuß= und andercs Samenöl und etwa die gleiche 
Menge Kopra= und Palmkernöl. Von der Gesammt- 
menge der Marseiller Oelfruchteinfuhr machen die 
Erdnüsse ein rundes Drittel aus. Im Jahre 1900 
wurden 105 500 Tonnen Erdnüsse und im vorigen 
Jahre 136 000 Tonnen eingeführt. Abgesehen von 
der Steigerung der Einfuhr um 29 péCt. hat sich seit 
etwas mehr als Jahresfrist im Marseiller Erdnuß- 
import ein bedeutsamer Wandel vollzogen. Noch im 
Jahre 1900 waren von den eingeführten Erdnüssen 
77,4 pCt. ungeschält und nur 22,6 PCt. geschält, 
während 1901 bereits 44,95 pCt. aller importirten 
Erdnüsse in geschältem Zustande auf den Marseiller 
Markt kamen. 
Die Ursache dieser Aenderung in der Lieferung 
der Waare liegt in der Thatsache, daß die Marseiller 
Oelindustrie ungeschälte Erdnüsse fast gar nicht mehr 
unter die Pressen bringt, weil der Sast der Schale 
dem Oel einen bitteren Geschmack und Geruch ver- 
leiht, der es besonders für Speisezwecke untauglich 
macht. Zur Enthülsung der Erdnüsse sind in Mar- 
seille eigens konstruirte Schälmaschinen allgemein in 
Gebrauch gekommen, welche das Rohmaterial erst für 
die Pressen bearbeiten. Diese Maschinen haben sich 
im Ganzen gut bewährt; nur bei den unmittelbar 
nach der Ernte gelieserten Erdnüssen versagen sie 
ihren Dienst, weil bei den frischen Früchten die zähe 
Schale noch zu fest anschließt, um ohne Quctschung 
der Kerne durch Maschinenkrast entfernt werden zu 
können. In diesem Falle kann die Enthülsung nur 
durch Handarbeit geschehen, die sich in Marseille selbst 
indeß viel zu theuer stellen würde. Dagegen wird 
die billige Arbeitskraft der Eingeborenen in den 
Ausfuhrhäfen von Mozambique und der Madrasküste 
vielfach zu diesem Zwecke in Dienst genommen, so 
daß neuerdings von Mozambique ausschließlich und 
von Madras größtentheils geschälte Waare nach 
Marseille verschifft wird. 
  
Weitaus die meiste und billigste Waare der 
Marseiller Erdnußeinfuhr liesert die Präsidentschaft 
Madras. Der letzte gezahlte Preis für geschälte 
Madras-Nüsse nach Landungsgewicht und frei Mar- 
seille stellte sich auf 25,50 bis 26 Francs pro 100 kg. 
während geschälte Mozambique-Nüsse 34 bis 34,50 
Francs erzielten. Die geschälte Frucht ergiebt etwa 
39 bis 40 pCt. reines Oel, während in dem zu 
Oelkuchen verarbeiteten Mehlbrei noch etwa 7 bis 
9 pCt. Oel zurückbleiben. 
Der Preis des Oeles hängt in erster Linie von 
dem speziellen Gebrauchszweck ab. Das Oel aus 
geschälten Madras-Nüssen, welches die Seifenindustrie 
verarbeitet, kostet etwa 58 Francs pro 100 kg erste 
Pressung und frei Fabrik. Das seinste Speiseöl wird 
aus den Erdnüssen gewonnen, welche in ungeschältem 
Zustande von der afrikanischen Westküste, insbesondere 
aus Rufisque und von der Gambiamündung, kommen. 
Das Oel dieser Nüsse, welche in Marseille besonders 
sorgfältig geschält werden, hält gegenwärtig einen 
Preisstand von 75 bis 80 Francs pro 100 kg erste 
Pressung. Das Oel von Mozambique-Nüssen, Hand- 
schälung und erste Pressung, kostet zur Zeit durch- 
schnittlich 74 bis 75 Francs. Die zweite Pressung 
von Mozambique-, Rufisque= und Gambia-Nüssen 
liefert ein besonders zu Beleuchtungszwecken geeig- 
netes Oel, welches noch einen Preis von 68 bis 
70 Francs pro 100 kg erzielt. 
Die Oelkuchen von Erdnüssen kosten in Marseille 
12,75 bis 13 Francs pro 100 kg ab Fabrik oder 
1325 bis 13,50 Francs frei an Bord ohne Sack. 
Baumwollsamenkuchen stellen sich in Marseille ge- 
wöhnlich 3 Francs billiger als Erdnußkuchen; ihr 
Preis pro 100 kg entfaserte Waare beläuft sich 
gegenwärtig auf 10 Francs ab Fabrik. Die Mar- 
seiller Oelkuchen bilden ein vorzügliches Kraftsutter 
und werden als solches in Europa weit mehr geschätzt 
als in den Vereinigten Staaten von Amerika. 
(Nach einem Bericht des amerikanischen General-Konsuls 
in Marseille.) 
  
VyyyVYVYVVVyVYV YVTYVTYVTVYVY TYT TVYVVYV0 WTyYVyVYFTWTY 
Titterakur. 
Berichte über Land= und Forstwirthschaft in 
Deutsch-Ostafrika, herausgegeben vom Keiser- 
lichen Gonvernement von Deutsch-Ostafrika. Carl 
Winter's Universitätsbuchhandlung, Heidelberg. 
Je nach dem vorliegenden Material werden 
diese Berichte in zwanglosen Heften und zu verschlc- 
denen Preisen erscheinen. Bis jetzt sind die beiden 
ersten Heste des ersten Bandes der Oeffentlichleit 
übergeben. Heft 1 (Mk. 2,80) enthält eine Uebersicht 
über Land= und Forstwirthschaft in Deutsch- Ostafrika 
im Berichtsjahre vom 1. Juli 1900 bis 30. Juni 1901, 
zusammengestellt vom Regierungsrath Dr. Stuhlmann, 
sowie längere Auszüge aus den Jahresberichten der 
deutsch-ostafrikanischen Bezirksämter und Militär=
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.