Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIII. Jahrgang, 1902. (13)

genommenen Waaren an ihn (Wolff) zurückgesandt 
und den Gunan verlassen. Auf diese Nachricht hin 
ritt der Kaiserliche Richter am 22. März nach Tobaule 
hinauf. Bei der Besichtigung an Ort und Stelle 
traf der Richter u. A. den dorthin bestellten Tokitau, 
sowie einen zum Anhang des Tokilan gehörigen Ein- 
geborenen an. Tokilan selbst war nicht erschienen; 
der anwesende Mann erklärte: „Tokilan habe die 
Bestellung nicht rechtzeitig erhalten, er würde jedoch 
morgen kommen.“ Die Erklärung, Tokilan habe 
die Bestellung nicht rechtzeitig erhalten, war eine 
offenbare Unwahrheit; das Versprechen, Tokilan 
würde morgen kommen, unglaubwürdig. Die Be— 
sichtigung ergab, daß das Grundstück, auf dem der 
Gunan stand, unzweifelhaft in das Herrn Wolff ver- 
kaufte — und bezüglich dieses Theiles auch bereits 
vermessene — Land fiel. Es wurde dem Tokitau 
eingeschärft, daß er den Tokilan anweisen solle, seine 
Ansprüche und Beschwerden in Herbertshöhe zur 
Sprache zu bringen. Dem Tokitau wurde ferner 
bedeutet, daß er, falls Tolilan seinen Weisungen 
nicht nachkäme, Polizeijungen zu seiner Verfügung 
erhalten würde. Ueber den Grund seiner Warnung 
an Wolff befragt, erklärte Tokitau, Tokilan sei sehr 
aufgeregt gewesen und hätte Krieg machen wollen. 
Einige Tage darauf erklärte Wolff in Herberts- 
höhe dem Kaiserlichen Richter, die Sache wäre jetzt 
beigelegt. Tokilan habe die Tauschwaaren wieder 
angenommen, sei auch in seinen Gunan zurückgekehrt 
und habe ihn sogar aufgefordert, ihn zu besuchen. 
Wie es sich jetzt herausgestellt hat, war diese Haltung 
des Tobkilan Verstellung. Er hatte Wolff in seinem 
Gunan einen Hinterhalt gelegt, um ihn zu ermorden. 
Am 3. April — der Postdampfer „Tanglin“ 
lag auf der Rhede — kurz vor 10 Uhr vormittags 
kam ein Arbeiter der Pflanzung Girre-Girre zu 
dem z. Zt. auf dem Gouvernementsbureau arbeitenden 
Kaiserlichen Richter und sagte aus, Herr Wolff sei 
auf der Kolbeschen Pflanzungsstation Girre-Girre 
erschienen, deren Leiter, Herr Oßmann, z. Zt. nicht 
dort gewesen sei, habe die dortigen Jungen sich mit 
Speeren 2c. bewaffnen lassen und habe ihm gesagt, 
er solle nach Herbertshöhe gehen und melden, 
Tobaule sei von den Eingeborenen überfallen, seine 
Frau, sein Kind und Fräulein Carrie Cos seien 
ermordet. Die Polizeitruppe wurde alarmirt, der 
Kaiserliche Richter begab sich in dem zufälligerweise 
bereitstehenden Wagen sofort nach Paparatava. 
Hinter Girre-Girre schloß sich ihm der dort zu 
Pferde auf dem Wege haltende Herr Wolff an, 
noch vor Paparatava wurde er von den Herren 
Coö, Schultze und Döllinger, die sich beritten ge- 
macht hatten, eingeholt. — Etwa um 111¼ Uhr 
langte der kleine Trupp auf dem Thatorte an. 
In dem Hofraume zwischen dem Wohnhause und 
dem Küchenhause, 3 bis 4 Schritte von der Hinter- 
treppe des Wohnhauses entfernt, lag die Leiche der 
Frau Wolff mit großen Wunden auf dem Hinter- 
kopfe, auf der Hinterveranda lag die Leiche des 
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Säuglings; Fräulein Cos hatte sich retten können. 
An der Treppe etwas rechter Hand lag ein — 
von den Eingeborenen anscheinend zum Verkauf an- 
gebotenes — Schwein. In den Zimmern des 
Wohnhauses waren alle Möbel umgestürzt, die 
Kasten ausgekramt, alles war durch einander ge- 
worfen, zerbrochen, zerrissen, das Klavier demolirt, 
die Tasten waren einzeln zerschlagen. Visitenkarten 
und sonstiger, von den Eingeborenen wieder weg- 
geworfener Kram zeigten den Weg, den sie bei ihrem 
Rückzuge genommen: nach Paparatava. Den Ein- 
geborenen sind nach Angabe des Herrn Wolff auch 
eine Anzahl von Gewehren und Munition in die 
Hände gefallen. 
Um 12 Uhr erschien die Polizeitruppe. In- 
zwischen waren einige von den Arbeitern des Herrn 
Wolff im Alang-Alang verwundet aufgefunden 
worden. Zwanzig Mann wurden deshalb zur 
Durchsuchung des Geländes nach weiteren Ver- 
wundeten zur Verfügung des inzwischen ebenfalls 
erschienenen Dr. Wendland zurückgelassen. Die Haupt- 
truppe ging sofort unter Führung des Kaiserlichen 
Richters gegen die Dorfschaft Paparatava vor. Der 
Ort war vollständig verlassen; die Hütten wurden 
zerstört. Dann wurde die Missionsstation St. Joseph 
am Abhange des Varzingebirges aufgesucht: beim 
Herannahen fah man Farbige flüchten; da es 
Missionszöglinge sein konnten, wurde nicht geschossen: 
es waren thatsächlich Paparatavaleute. Nach er- 
gebnißlosen Versuchen, Gefangene zu machen, zogen 
die Polizeijungen in die Nachtquartiere. 4 
Am 5. April wurde mit einigen zwanzig Mann 
ein Marsch in die Umgegend des Paparatavageländes 
unternommen, um die Ausbreitung des Aufstandes 
festzustellen; mit dem anderen Theile der Polizei- 
truppe griff der Kaiserliche Richter die Paparatava= 
Eingeborenen in ihren neuen, von langer Hand 
vorbereiteten, im tiefen Busch gelegenen Gunans 
überraschend an und vertrieb sie daraus. — Sonntag, 
den 6. April und Montag, den 7. April wurden 
die Pflanzungen der Paparatavaleute mit Hilfe einer 
Anzahl von Seiten der größeren Firmen zur Ver- 
fügung gestellten Arbeiter zerstört. Am 11. April 
besetzte die Truppe Tomainisiki, dessen Leute sich 
ebenfalls bei der Ermordung betheiligt hatten und 
dessen Häuptling To Vagira als erbitterter Gegner 
der Weißen bekannt ist. Die Wege dorthin waren 
verhauen, doch wurde nur am Ende des Dorfes 
etwas Widerstand geleistet, und zwar, wie man 
jett weiß, von den Leuten des Tokilan. Man 
übernachtete in Tomainisiki. Nunmehr flüchtete 
Tokilan mit seinen drei Söhnen und sonstigem 
Gefolge, sowie To Vagira nebst Sohn und Gefolge 
in den sehr schwer zugänglichen Busch zwischen 
Tomainisiki und Taulil. Von hier aus ging — 
nach Angabe der Eingeborenen — ein Trupp von 
sieben Leuten, unter ihnen die drei Söhne des 
Tokilan, mit drei der Wolffschen Mausergewehre 
nach Taulil, anscheinend, um die Gesinnungen der
	        
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