Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIII. Jahrgang, 1902. (13)

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An die Erreichung des Tanganyikasees dürfte 
vorerst noch nicht gedacht werden. Man müßte in 
Tabora Halt machen, um den Verkehr auf der letzten 
Strecke von da bis zum See durch Waniamwesi-Esel 
oder durch das alte System der Träger zu bewäl- 
tigen. 
Es müssen noch Untersuchungen angestellt werden, 
wo der Surraherd sich befindet. Da nach Beob- 
achtungen anzunehmen ist, daß Surraherde immer 
nur kleine Gebiete umfassen und somit leicht zu um- 
gehen sind, wenn man ihre Lage genau kennt, so 
könnte man burch einen einzigen Nachtmarsch das 
gefährliche Gebiet leicht überwinden, da die Tietse- 
fliege nur bei Tage auftritt. 
Von dem viehreichen und gesunden, für Vieh- 
zucht und Ackerbau gleich günstigen Uhehe ist es 
bisher leider noch nicht gelungen, Dar#es-Saläm un- 
gefährdet zu erreichen, und zwar weder auf dem 
Wege von Iringa— Kilossa, noch auf dem Wege 
Iringa—Kisakki, noch auf dem Wege Iringa—Pan- 
ganifälle—Schugulifälle. 
Man kann daher vorerst nur bis Kilossa mit 
Thieren kommen. Erst später, wenn es feststeht, daß 
das Ruaha= und das Ulangathal die Infektions- 
quelle abgiebt, wird man auch hier des Nachts durch 
das gefährdete Gebiet ziehen können. Diese That- 
sache ist um so betrübender, als Uhehe für Ackerbau 
sehr geeignet ist, und die Hoffnungen, die Resultate 
der Viehzucht an der Küste zu verwerthen, vorläufig 
noch illusorisch bleiben müssen. 
Auf der zweiten großen Karawanenstraße, welche 
von Kilwa nach dem Nyassasee führt, findet man 
Surraherde auf der Strecke 23 bis 50 km, die 
durch einen Nachtmarsch überwunden werden kann. 
Auf dem Wege vom Kilimandjaro liegen mehrere 
Herde am Südabhange des Usambaragebirges und 
ein Herd am Djipesee, obwohl das Hochgebirge von 
Usambara selbst surrafrei ist. Es wollte deshalb 
bisher nicht gelingen, ungefährdet durch diese Land- 
striche hindurch zu kommen. Die einzige Zugang- 
stelle zum Kilimandjaro findet sich von englischer 
Seite von Mombassa aus, wenn man die Vorsicht 
gebraucht, die Thiere in Mombassa von der Dhau 
bezw. dem Dampfer direkt in den Eisenbahnwagen 
zu verladen und sie noch an demselben Tage bis 
nach Voi zu schaffen, von wo aus sie in fünf Tage- 
märschen den Kilimandjaro erreichen. Die Tsetse- 
fliege verliert jedoch für Ostafrika wesentlich an 
Bedeutung, nachdem es Koch gelungen ist, durch 
zweimaliges Passirenlassen der Surraparasiten durch 
den Hund, die Wirkung derselben so abzuschwächen, 
daß die mit diesen abgeschwächten Parasiten ge- 
impften Rinder gegen Surraparasiten immun wurden. 
Auch mir ist es gelungen, Rinder mit Erfolg gegen 
Surra zu immunisiren. Sofern diese Versuche im 
Großen durchgeführt werden, hat die Tsetsefliege 
ihre Bedeutung auf den Strecken, auf denen sie vor- 
kommt, verloren, indem man künstlich immunisirte 
Thiere für diese Gegenden benutzt, während man 
  
nach wie vor auf den surrafreien Strecken gewöhn- 
liche Thiere gebraucht. 
Da meine Kameelversuche auf der Bafts der 
beiden großen Vorbedingungen, 1. baß daß Kameel 
nicht dem Texasfieber unterliegt und 2. daß die 
Strecke Dar-es-Salm— Kilossa— Mpapua—Kilima- 
tinde — Tabora— Victoria Nyanza surrafrei ist, auf- 
gebaut sind, sind alle Nebenumstände, die noch 
hinzukommen, wie die Ueberwindung von Terrain- 
schwierigkeiten und die Ernährungsfähigkeit des 
Kameels, nur von nebensächlicher Bedeutung. Sie 
sind bedeutungslos im Hinblicke auf die Kenntniß 
und Würdigung dieser beiden Krankheiten, sie er- 
scheinen aber in den Augen des Laien als die Haupt- 
sache in Anbetracht der großen Anstrengungen, die 
bei der Durchführung der Versuche an die Leistungs- 
fähigkeit des Leiters gestellt wurden, zumal umfang- 
reiche Versuche dieser Art in ihrer Durchführung 
neu sind und den Stempel der Originalität an sich 
tragen. Ich habe allerdings nicht vom grünen 
Tische, sondern mehrere Jahre aus dem lebendigen 
Buche der Natur meine Erfahrungen gesammelt. 
Danach schien das Kameel allen anderen in 
Betracht kommenden Nutzthieren bei Weitem über- 
legen zu sein durch seine Billigkeit, durch seine 
Immunität gegen Texasfieber, durch seine leichte Er- 
nährungsfähigkeit und durch seine überlegene Leistungs- 
fähigkeit sowohl hinsichtlich der Vielseitigkeit der 
Leistung als auch hinsichtlich der Kraftentfaltung. 
Am naheliegendsten war es für mich, Tragver- 
suche mit Kameelen anzustellen. 
Meinen ersten derartigen Versuch machte ich ge- 
legentlich einer Dienstreise nach der Mafisifähre, 
wobei ich zum ersten Male keine Träger verwendete. 
Ich packte die zwei Zeltlasten, eine Kochlast, eine 
Bettlast, eine Tischlast, eine Medizinlast und zwei 
Eßlasten, Summa acht Lasten, auf den Rücken eines 
Kameels und wandte mich, nur von einem Jungen 
und einem Kameelführer begleitet, dem Innern zu. 
Der erste Reisetag von Dar-es-Salüm bis Puga 
wurde in fünf Stunden zurückgelegt. Das Terrain 
war eben, bot keine Hindernisse und konnte von 
vornherein als überwunden angesehen werden. 
Anfangs fehlte mir natürlich die Erfahrung, und 
wie leicht erklärlich, wurden die Gurte des Trag- 
sattels bei einer Belastung von rund 5 Centnern schon 
nach wenigen Schritten lose und mußten nachgesattelt 
werden. 
Am zweiten Tage ging es durch das bergige 
Terrain von Kisserawe. Es war mir vollkommen 
neu, wie sich das Thier in diesem gebirgigen Ge- 
lände bewegen würde. Es wurde die Strecke bis 
Kola (27 km) in 7 Stunden zurückgelegt. Aller- 
dings ging es ohne Kunstgriffe nicht ab. Da die 
Lasten ihrer Beschaffenheit wegen nach vorn und 
nach hinten über das Thier hinausragten, machten 
sie beim Abstieg bedenkliche Schwankungen; und da 
diese Schwankungen mit den Bewegungen des Thieres 
nicht übereinstimmten, so soh sich dasselbe veranlaßt,
	        
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