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An die Erreichung des Tanganyikasees dürfte
vorerst noch nicht gedacht werden. Man müßte in
Tabora Halt machen, um den Verkehr auf der letzten
Strecke von da bis zum See durch Waniamwesi-Esel
oder durch das alte System der Träger zu bewäl-
tigen.
Es müssen noch Untersuchungen angestellt werden,
wo der Surraherd sich befindet. Da nach Beob-
achtungen anzunehmen ist, daß Surraherde immer
nur kleine Gebiete umfassen und somit leicht zu um-
gehen sind, wenn man ihre Lage genau kennt, so
könnte man burch einen einzigen Nachtmarsch das
gefährliche Gebiet leicht überwinden, da die Tietse-
fliege nur bei Tage auftritt.
Von dem viehreichen und gesunden, für Vieh-
zucht und Ackerbau gleich günstigen Uhehe ist es
bisher leider noch nicht gelungen, Dar#es-Saläm un-
gefährdet zu erreichen, und zwar weder auf dem
Wege von Iringa— Kilossa, noch auf dem Wege
Iringa—Kisakki, noch auf dem Wege Iringa—Pan-
ganifälle—Schugulifälle.
Man kann daher vorerst nur bis Kilossa mit
Thieren kommen. Erst später, wenn es feststeht, daß
das Ruaha= und das Ulangathal die Infektions-
quelle abgiebt, wird man auch hier des Nachts durch
das gefährdete Gebiet ziehen können. Diese That-
sache ist um so betrübender, als Uhehe für Ackerbau
sehr geeignet ist, und die Hoffnungen, die Resultate
der Viehzucht an der Küste zu verwerthen, vorläufig
noch illusorisch bleiben müssen.
Auf der zweiten großen Karawanenstraße, welche
von Kilwa nach dem Nyassasee führt, findet man
Surraherde auf der Strecke 23 bis 50 km, die
durch einen Nachtmarsch überwunden werden kann.
Auf dem Wege vom Kilimandjaro liegen mehrere
Herde am Südabhange des Usambaragebirges und
ein Herd am Djipesee, obwohl das Hochgebirge von
Usambara selbst surrafrei ist. Es wollte deshalb
bisher nicht gelingen, ungefährdet durch diese Land-
striche hindurch zu kommen. Die einzige Zugang-
stelle zum Kilimandjaro findet sich von englischer
Seite von Mombassa aus, wenn man die Vorsicht
gebraucht, die Thiere in Mombassa von der Dhau
bezw. dem Dampfer direkt in den Eisenbahnwagen
zu verladen und sie noch an demselben Tage bis
nach Voi zu schaffen, von wo aus sie in fünf Tage-
märschen den Kilimandjaro erreichen. Die Tsetse-
fliege verliert jedoch für Ostafrika wesentlich an
Bedeutung, nachdem es Koch gelungen ist, durch
zweimaliges Passirenlassen der Surraparasiten durch
den Hund, die Wirkung derselben so abzuschwächen,
daß die mit diesen abgeschwächten Parasiten ge-
impften Rinder gegen Surraparasiten immun wurden.
Auch mir ist es gelungen, Rinder mit Erfolg gegen
Surra zu immunisiren. Sofern diese Versuche im
Großen durchgeführt werden, hat die Tsetsefliege
ihre Bedeutung auf den Strecken, auf denen sie vor-
kommt, verloren, indem man künstlich immunisirte
Thiere für diese Gegenden benutzt, während man
nach wie vor auf den surrafreien Strecken gewöhn-
liche Thiere gebraucht.
Da meine Kameelversuche auf der Bafts der
beiden großen Vorbedingungen, 1. baß daß Kameel
nicht dem Texasfieber unterliegt und 2. daß die
Strecke Dar-es-Salm— Kilossa— Mpapua—Kilima-
tinde — Tabora— Victoria Nyanza surrafrei ist, auf-
gebaut sind, sind alle Nebenumstände, die noch
hinzukommen, wie die Ueberwindung von Terrain-
schwierigkeiten und die Ernährungsfähigkeit des
Kameels, nur von nebensächlicher Bedeutung. Sie
sind bedeutungslos im Hinblicke auf die Kenntniß
und Würdigung dieser beiden Krankheiten, sie er-
scheinen aber in den Augen des Laien als die Haupt-
sache in Anbetracht der großen Anstrengungen, die
bei der Durchführung der Versuche an die Leistungs-
fähigkeit des Leiters gestellt wurden, zumal umfang-
reiche Versuche dieser Art in ihrer Durchführung
neu sind und den Stempel der Originalität an sich
tragen. Ich habe allerdings nicht vom grünen
Tische, sondern mehrere Jahre aus dem lebendigen
Buche der Natur meine Erfahrungen gesammelt.
Danach schien das Kameel allen anderen in
Betracht kommenden Nutzthieren bei Weitem über-
legen zu sein durch seine Billigkeit, durch seine
Immunität gegen Texasfieber, durch seine leichte Er-
nährungsfähigkeit und durch seine überlegene Leistungs-
fähigkeit sowohl hinsichtlich der Vielseitigkeit der
Leistung als auch hinsichtlich der Kraftentfaltung.
Am naheliegendsten war es für mich, Tragver-
suche mit Kameelen anzustellen.
Meinen ersten derartigen Versuch machte ich ge-
legentlich einer Dienstreise nach der Mafisifähre,
wobei ich zum ersten Male keine Träger verwendete.
Ich packte die zwei Zeltlasten, eine Kochlast, eine
Bettlast, eine Tischlast, eine Medizinlast und zwei
Eßlasten, Summa acht Lasten, auf den Rücken eines
Kameels und wandte mich, nur von einem Jungen
und einem Kameelführer begleitet, dem Innern zu.
Der erste Reisetag von Dar-es-Salüm bis Puga
wurde in fünf Stunden zurückgelegt. Das Terrain
war eben, bot keine Hindernisse und konnte von
vornherein als überwunden angesehen werden.
Anfangs fehlte mir natürlich die Erfahrung, und
wie leicht erklärlich, wurden die Gurte des Trag-
sattels bei einer Belastung von rund 5 Centnern schon
nach wenigen Schritten lose und mußten nachgesattelt
werden.
Am zweiten Tage ging es durch das bergige
Terrain von Kisserawe. Es war mir vollkommen
neu, wie sich das Thier in diesem gebirgigen Ge-
lände bewegen würde. Es wurde die Strecke bis
Kola (27 km) in 7 Stunden zurückgelegt. Aller-
dings ging es ohne Kunstgriffe nicht ab. Da die
Lasten ihrer Beschaffenheit wegen nach vorn und
nach hinten über das Thier hinausragten, machten
sie beim Abstieg bedenkliche Schwankungen; und da
diese Schwankungen mit den Bewegungen des Thieres
nicht übereinstimmten, so soh sich dasselbe veranlaßt,