Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIII. Jahrgang, 1902. (13)

einem schönen Baobab mit 6 m Durchmesser und 
heute Morgen erreichten wir ziemlich frühe die herr- 
lichen Höhen von Kilimatinde. Bereits in Makengo 
konnten wir die Kaiserliche Station wahrnehmen, die 
in einer leichten Einsattelung des Gebirges ihre ge- 
schmackvoll gebauten Flügel ausdehnt und den Wagogo 
und den Wahehe sagt, wer Herr des Landes ist. 
Die Stufengebirge, welche die Ebene von Ugogo und 
Unyamwesi trennen und die in zwei Abstusungen in 
zwei Tagereisen erstiegen werden, haben eine Höhe 
von 300 bis 400 m, sie bilden die Grenze zwischen 
unserer Mission und Nord-Sansiboar. 
Aus fremden KHolonien und 
Produktionsgebieten. 
Rolonialgesetzgebung in Italien. 
Am 13. März d. Is. wurde der italienischen De- 
putirtenkammer von dem Ministerium der auswärtigen 
Angelegenheiten der Entwurf zu einem Gesetz über die 
Verfassung der Kolonie Eritrea vorgelegt. Er wurde 
einer Kommission überwiesen, von dieser gründlich um- 
gestaltet und mit einem Bericht des Abgeordneten 
Franchetti am 7. Juni d. Is. wiederum dem Parla- 
ment unterbreitet. Dieser Arbeit (erschienen in den 
Atti parlamentari, Legisl. XXI, Camera dei de- 
putati N. 57 àA) entnehmen wir das Nachstehende: 
Die Kolonialverwaltung ist grundsätzlich dem 
Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten unter- 
stellt; das Finanzwesen wird jedoch mitgeleitet von 
dem Ministero del tesoro, das in der Kolonie eines 
seiner Schatzämter unterhält. Außerdem wird die 
Finanzkontrolle durch den Rechnungshof in Rom 
ausgeübt. Dem Ministerium steht eln Kolonialrath 
zur Seite, der, wie der Kommissionsbericht hervor- 
hebt, dem deutschen nachgebildet ist. Vorsitzender ist 
der Unterstaatssekretär der auswärtigen Angelegen- 
heiten; ständig gehören ihm ferner an: der Direktor 
des Kolonialamts, der Auswanderungskommissar, ein 
Mitglied der militärischen und eins der Finanzver- 
waltung, sowie neun andere vom Könige berufene 
Persönlichkeiten „von anerkannter Sachkunde“. Die 
außerordentliche Heranziehung von Autoritäten in 
Spezialfragen für besondere Fälle bleibt vorbehalten. 
Die Thätigkeit des Kolonialraths ist lediglich eine 
begutachtende und soll, wie der Bericht betont, poli- 
tischen Fragen regelmäßig fernbleiben. 
Eine besonders organisirte Kolonialtruppe scheint 
nicht vorgesehen zu sein, sondern nur die Stationirung 
eines den jeweiligen Bedürfnissen entsprechenden 
Kontingents der heimischen Armee in der Kolonie. 
Was die Stellung des Gouverneurs anlangt, so 
verfolgt namentlich der Kommissionsentwurf das Ziel, 
ihm möglichste Selbständigkeit zu sichern. « 
Nach der Regierungsvorlage sollte die Organi- 
sation der lokalen Verwaltung im Einzelnen zwar 
dem Gouverneur übertragen werden, die Genehmigung 
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seiner Maßnahmen aber der Regierung vorbehalten 
bleiben. Die Kommission hat das Erforderniß der 
Genehmigung gestrichen und dem Gouverneur nur 
die sofortige Berichterstattung über das von ihm 
Veranlaßte zur Pflicht gemacht. 
Das, so führt der Bericht aus, müsse genügen, 
um etwaige Differenzen zwischen grundsätzlichen An- 
schauungen des Gouverneurs und solchen der Re- 
gierung in angemessener Weise auszugleichen. Die 
natürlichen Grenzen für die Machtvollkommenheit 
des Gouverneurs seien außer in den Gesetzen, in 
seiner Kenntniß des Landes, seiner Begabung und 
seinem Takt zu finden. Insbesondere wird nach dem 
Kommissionsentwurf dem Gouverneur auch eine ge- 
wisse Freiheit in der Verwendung der für die Kolonie 
bewilligten Staatsmittel insofern zugestanden, als er, 
von ganz apodiktischen Weisungen abgesehen, an die 
Zweckbestimmungen der einzelnen Etatspositionen nicht 
unbedingt gebunden sein soll. 
Die ganze Verwaltung wünscht die Kommission 
auf den Grundsatz zu stellen, daß allen wirthschaft- 
lichen Kräften Gelegenheit zu freier Bethätigung 
gegeben werden solle. Im Gegensatz zur Regierungs- 
vorlage tritt daher ihr Entwurf dafür ein, daß 
Monopole zur Ausbeutung von Naturschätzen während 
der nächsten fünf Jahre überhaupt nicht und später 
nur auf Grund eines Gesetzes bewilligt werden sollen. 
Der Berichterstatter bemerkt, er persönlich sei für ein 
immer währendes Monopolverbot. 
Die Regierungsvorlage wollte dem Ministerium 
und in gewissen Grenzen auch dem Gouverneur das 
Recht einräumen, in Einzelfällen zu Gunsten wirth- 
schaftlicher Unternehmungen Steuer= und Zollnach- 
lässe eintreten zu lassen. 
Die Kommession schlägt dagegen vor, diese Aus- 
nahmen zur Regel in der Weise zu machen, daß für 
einen längeren Zeitraum alle Pflanzungen, gewerk- 
lichen Gründungen und Versuche, die auf die wirth- 
schaftliche Entwickelung der Kolonie gerichtet sind, 
von direkten Staatssteuern nicht nur, sondern auch 
von Stempel= und Sportelgebühren für Rechtsakte 
frei sein, und daß die Einfuhr von Maschinen und 
Geräthschaften italienischer Herkunft und in bestimmtem 
Umfange auch von Halbfabrikaten zu den bezeichneten 
gemeinnützigen Zwecken einer Zollabgabe nicht unter- 
liegen solle. 
Der dadurch zunächst bedingte Ausfall an fiska- 
lischen Einnahmen werde — meint der Bericht — 
durch den zu erwartenden allgemeinen wirthschaft- 
lichen Aufschwung der Kolonie reichlich wieder ein- 
gebracht werden. 
Ganz besondere Aufmerksamkeit widmet der Ent- 
wurf der Gesetzgebung und Rechtspflege. 
Alle die Kolonialverwaltung betreffenden Verord- 
nungen der heimischen Regierung sollen in der amt- 
lichen Gesetzsammlung publizirt werden, und die 
Gültigkeit der behördlichen Erlasse in der Kolonie 
soll in Zukunft von ihrer Veröffentlichung im „Bolle- 
tino ufliciale della Colonia“ abhängig sein. Die
	        
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