Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIII. Jahrgang, 1902. (13)

419 
bisherigen Erlasse sollen von der Regicrung in einer 
amtlichen Sammlung mit der Maßgabe vereinigt 
werden, daß nur das so codificirte Material in 
Kraft bleibt. 
Der bisherige Rechtszustand in der Kolonie war 
nach dem Kommissionsbericht ein wenig klarer. 
Ein Gesetz vom 1. Juli 1890 hatte gewisse be- 
schränkte Rechtsgebiete — insbesondere das Immo- 
bilien= und das Eingeborenenrecht — der selbst- 
ständigen Regelung durch die Regierung überwiesen 
und sie im Uebrigen für befugt erklärt, die heimischen 
Gesetze in der Kolonie mit den durch die dortigen 
Verhältnisse gebotenen Modifikationen in Geltung 
treten zu lassen. Die Regierung hatte jedoch hier- 
von nur in sehr bescheidenem Umfange Gebrauch ge- 
macht. Das wirthschaftliche Leben aber forderte die 
Schaffung bestimmter Rechtsformen. Die juristische 
und Verwaltungspraxis mußte dem Rechnung tragen 
und that es, unterstützt durch ein Königliches Dekret 
vom 5. Mai 1892, mittelst theilweiser analoger An- 
wendung der heimathlichen Rechtsgrundsätze. Dabei 
konnten Meinungsverschiedenheiten nicht ausbleiben, 
der höchste Gerichtshof selbst kam zu keiner festen, 
prinzipiellen Stellungnahme und schließlich wußte 
Niemand mehr, was in der Kolonie eigentlich 
rechtens sei. 
Während die Regierungsvorlage wesentliche 
Aenderungen in dieser Beziehung nicht brachte, schlägt 
der Kommissionsentwurf folgende Reformen vor: 
Die Regierung soll gehalten sein, binnen 18 Mo- 
naten nach Erlaß des Gesetzes das italienische Privat-, 
Straf= und Prozeßrecht in einer den kolonialen Be- 
dürfnissen angepaßten Form in der Kolonie zur Ein- 
führung zu bringen. Sie soll auch befugt sein, 
neue gesetzgeberische Maßnahmen zu treffen. Nur 
darf das Personenstands= und Familienrecht der 
Italiener nicht angetastet werden. 
Vor Erlaß der entsprechenden Verordnungen ist 
der Gouverneur und der Kolonialrath zu hören. 
Gleichfalls innerhalb des erwähnten Zeitraums 
müssen die rechtlichen Beziehungen zwischen Ein- 
geborenen und Nichteingeborenen geordnet sein. 
Das Personen= und Privatrecht der Eingeborenen 
soll unter Berücksichtigung der lokalen Gewohnheiten, 
religiösen Anschauungen und Namenseigenthümlich- 
keiten einer Regelung unterzogen werden. 
Das besondere Strafrecht der Eingeborenen soll 
in Kraft bleiben, vorbehaltlich von Modifikationen, 
die der Gouverneur durch eine mit Gründen ver- 
sehene Verfügung einführen darf. 
Das Staatsland (demanio dello Stato italiano) 
und diejenigen Grundstücke, die vom Staate in rechts- 
gültiger Form an Europäer oder diesen gleichgestellte 
Personen übertagen sind, müssen in die Grundbücher 
der Kolonie eingetragen werden. Dem italienischen 
Immobilienrecht insbesondere dem Grundbuchzwange 
sind auch die Ländereien zu unterwerfen, welche 
Europäer und Gleichgestellte von Eingeborenen er- 
worben haben. 
  
tretung stattfinden, 
Die Regierung hat für die Vermessung des dem 
italienischen Recht unterliegenden Grund und Bodens 
Sorge zu tragen, desgleichen für eine Auftheilung 
des Staatslandes in Lose (lotti) zur Vergebung an 
Privatleute. Durch solche Maßregeln soll die Ein- 
wanderung befördert und ungesunden Spekulationen 
vorgebeugt werden, die bei der Anhäufung von großen 
Terrains und anderen Produktionsmitteln im Besitz 
Einzelner leicht vorkommen könnten. 
Für die Ländereien der Eingeborenen bleibt das 
örtliche Gewohnheitsrecht maßgebend. Auch die nach 
dem nationalen Recht der Eingeborenen für solche 
an Grundstücken Weißer begründeten Servituten 
bleiben an und für sich erhalten, können aber durch 
eine Verfügung des Gouverneurs beseitigt werden. 
Die Veräußerung von Grundstücken Eingeborener 
an Weiße bedarf zu ihrer Gültigkeit der Genehmi- 
gung des Gouverneurs, der unter Anhörung der 
italienischen Lokalbehörden dabei zu prüfen hat, ob 
auch alle nach Stammesrecht Betheiligten der Ver- 
äußerung und deren Bedingungen zugestimmt haben 
und ob ihnen noch so viel übrig bleibt, als zu ihrer 
wirthschaftlichen Existenz erforderlich ist. Besonders 
hervorgehoben wird, daß die Genehmigung des Gou- 
verneurs etwaige Rechte dritter Personen unberührt 
läßt. 
Das neue Gesetz, betreffend die verwaltung der 
Pbilippinen. 
Der Senat und das Repräsentantenhaus der Ver- 
einigten Staaten haben sich endlich über die Fassung 
des neuen Gesetzes betr. die Verwaltung der Phi- 
lippinen geeinigt. Ueber den Inhalt ist Folgendes 
zu bemerken: 
Die bisherigen Amtshandlungen des Präsidenten 
und der Philippinenkommsssion werden ausdrücklich 
genehmigt. 
Die in den letzten Jahren erörterte Frage, ob die 
Verfassung der Flagge folge, ist für die Philippinen 
insofern in verneinendem Sinne entschieden worden, 
als die neue Bestimmung für die Philipvinen lautet: 
The Constitution and all laws of the United 
States which are not locallr inapplicable shall 
have the same force and effect within all the 
organized Territories and in ebverr Territory 
here after organized as elsewhere within the 
UCnited States. 
Die Einwohner der Philippineninseln, die nicht 
für Spanien optirt haben, werden als „Bürger der 
Philippinen“ (citizens of the Philippine Islands), 
nicht als amerikanische Bürger anerkannt (Sektion 4). 
Es wird ferner eine Volkszählung auf den Inseln 
in Aussicht genommen, nachdem die ausständische Be- 
wegung unterdrückt und der Friede auf den Inseln 
hergestellt sein wird. Zwei Jahre nach Beendigung 
dieser Volks)ählung soll im Falle andauernden 
Friedens eine allgemeine Wahl für eine Volksver- 
die den Namen „Philippine
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.