Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIV. Jahrgang, 1903. (14)

der kanachischen Sprache, die seine Muttersprache ist, 
spricht er deutsch, französisch und englisch. Seine 
Frau Antonia ist mit zwei anderen Frauen beständig 
bei uns zur Arbeit. Sie find alle drei von den 
Schwestern erzogen worden und in allen Haus= und 
Gartenarbeiten sehr gut ausgebildet. August und 
Antonia sind die Perlen der Mission. 
  
Aus fremden Rolonien und 
Produktionsgebieten. 
lachrichten über den Betrieb der Lagos-Bahn. 
II.*) 
Landesprodukten= und Stückgutverkehr. 
Die Stückgutbeförderung war unbedeutend. Der 
Landesproduktenverkehr bestand tatsächlich aus Er- 
zeugnissen des ganzen Landes. Um denselben zu be- 
leben, machte man sich die bei der Sierra-Leonebahn 
gewonnenen Erfahrungen zu nutze. Sämtliche 
unter dieser Bezeichnung zu verfrachtenden Güter 
müssen nämlich vom Eigentümer begleitet sein und 
dürfen das Gewicht von 5 Zentner nicht überschreiten. 
Die Tarifsätze sind sehr niedrig und sind nicht nach 
Gewicht aufgestellt, sondern den landesüblichen 
Maßen angepaßt. So werden unter anderem Bam- 
busrohr als Baumaterial in Bunden zu 40 Stäben 
zum Preise von 17 Pfennigen per Bund, Tabika 
zum Preise von 34 Pfennigen pro Korb, rohes Ge- 
treide zum Preise von 25,5 Pfennigen pro Sack 
auf 102 ½ km (64 englische Meilen) Entfernung 
befördert. Bei einer größeren Entfernung als 
102½ km werden die Frachtsätze verdoppelt. 
Durch diese niedrigen Frachtsätze und unter Zu- 
grundelegung landesüblicher Maße hat man erreicht, 
daß die kleinen eingeborenen Farmer zur Arbeit er- 
mutigt werden, denn sie können die selbstgebauten 
Landeserzeugnisse mit sich nehmen und je nach ihrem 
Belieben — ohne Zwischenhändler — verkaufen. 
Der Erfolg wird von der Lagosbahn in der Be- 
richtsperiode als „befriedigend“ bezeichnet. Es wur- 
den 800 t innerhalb sechs Monate befördert, und 
die dafür erzielten Einnahmen belaufen sich auf 
30,000 Mk. Man nimmt an, daß ohne dieses 
Lockmittel nur wenig von dieser Fracht der Eisen- 
bahn zugeflossen sein würde. 
Güter. 
Das gesamte Gut wird mit Ausnahme einzelner 
besonderer Gegenstände und von Palmöl und Palm- 
kernen in 3 Tarifklassen eingeteilt und zu folgenden 
Frachtsätzen befördert: 
Klasse 1. 48 Pfennig pro Kilometertonne 
* IIL. " " 32 - 2 □ 
= IHIII. 16 - - 
Bei Aro (km 96) berührt die Bahn den Ogun- 
fluß und ist daher an diesem Orte sowie bei Abeo- 
*) Vergl. Deutsches Kolonialblatt 1903, S. 279. 
305 
  
  
kuta, dem Endpunkt der Zweiglinie, dem Mitbewerb 
der Wasserstraße ausgesetzt; um diesem zu begegnen, 
sind zwischen Iddo einerseits und Aro und Abeo- 
kuta andererseits Spezialtarife eingeführt, und zwar 
sind die Frachtsätze herabgemindert: 
für Klasse 1 auf 24 Pfennig pro Kilometertonne 
- 2 II = 16 2 "4 
III = 14 - - - 
Jenseits Aro kommen die normalen Sätze wieder zur 
Anwendung. Für einen hinter Aro gelegenen Ort 
wird also der Frachtsatz nach Aro berechnet und 
diesem der gewöhnliche Klassentarif pro Kilometer 
der Entfernung von Aro hinzugefügt. 
Man hält das Prinzip, auf welchem diese Tarife 
basiert sind, nicht für zweckmäßig, namentlich geben 
sie hinsichtlich der Strecken, auf welche sie zur An- 
wendung kommen, unter anderen bei Abeokuta 
wegen seiner hohen geographischen Lage, Veran- 
lassung zu Einwänden. 
Palmkerne und Palmöl werden von der oberen 
Strecke zu einem Spezialtarifsatz von etwa 13 Pfenni- 
gen pro Tonnenkilometer befördert, da für volle 
Wagenladungen von 9 und 12 Tonnen von Ibadau 
eine Ermäßigung von 7½ und 10% eintritt. 
Die Gütereinnahmen betrugen durchschnittlich im 
halben Jahre 14 Pfennige pro Tonnenkilometer. 
Diese Ziffer wird als der Wirklichkeit nahe kommende 
Schätzung der Förderkosten angesehen, und da nicht 
zu erwarten steht, daß vor der Erweiterung der 
Bahn eine wesentliche Herabminderung der Betriebs- 
kosten eintritt, so liegt es auf der Hand, daß die 
Tarissätze erhöht werden müssen, wenn an eine 
Amortisation des Anlagekapitals gedacht werden soll. 
Ein höherer Finanzbeamter (Shelford) hat in dem 
Aussichtsbericht über die Lagosbahn die Vermutung 
ausgesprochen, daß der Verkehr den Tarissatz von 
26½⅛ Pfennig pro Tonnenkilometer vertragen würde. 
Diese Annahme soll auf wissenschaftlichen Grund- 
sätzen und einleuchtenden Tatsachen beruhen, und da 
sie auch dem Einfluß des Mitbewerbs der Ogunfluß- 
straße Rechnung trägt, so dürfte sie bei Neure- 
gelung der Tarife Berücksichtigung finden. Während 
der 6 Monate sind 1 753 679 Tonnenkilometer ge- 
leistet werden, welche bei 26½ Pfennig pro Tonnen- 
kilometer eine Einnahme für Güter von rund 
465 000 Mk. oder 274 660 Mk. an Überschuß über 
die wirklichen Einnahmen ergeben haben würden. 
Das für die Eisenbahn aufgewandte Kapital beträgt 
17 000 000 Mk.7). Bei einer 1½ prozentigen Ver- 
zinsung würden sich für das halbe Jahr 255 000 Mk. 
Zinsen ergeben; fügt man die tatsächlich entstandenen 
Beförderungskosten dieser Summe hinzu, so erhält 
man annähernd die oben angegebene Zahl für Güter- 
einnahme. Unter Zugrundelegung des Durchschnitts- 
satzes von 26½⅛½ Pfennig pro Tonnenkilometer würde 
- 
*) Die Kosten der doppelt so langen Bahn Swakop= 
mund—Windhoek belaufen sich auf 15 000 O000 Mk. Der 
Kilometer Bahn hat also ungefähr nur die Hälfte gekostet 
als von der Lagosbahn.
	        
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