d. h. kleine weiße und rote Perlen, legt ihr zwischen
beide Hände zwei neue Pfeifen und zwei Stäbe
Tabak zum Rauchen auf der anderen Seite des salo-
monefischen Acheron; auch zwei allerprächtigste Jams
legt er zu beiden Seiten, zum Gastmahl drüben.
Run hüllt er das Ganze in eine weiße, mittels einer
Schlingpflanze zusammengehaltene Decke. Damit ist
die Toilette des Verstorbenen fertig.
Nun zur Beerdigung. Aller Augen sind auf
die kleine Offnung gerichtet, welche der königlichen
Hütte als Türe und Rauchfang dient; die Krieger
sind aufgestellt. Von seinen vornehmsten Unter-
tanen getragen, erscheint die Leiche Kapitius. Ein
Träger stößt einen Schrei aus: das ist das Signal
zum Wehklagen; aus tausend Kehlen erschallt
schauriges, an den Bergen wiederhallendes Jammer-
geschrei.
Der Zug setzt sich in Gang; einer der Nach-
barhäuptlinge, die Streitaxt auf der Schulter,
schreitet an der Spitze; ihm folgt die Leiche, ge-
tragen von 15 in gebückter Haltung voranschreiten-
den Männern, die die üblichen Schreie ausstoßen.
Die Leiche hült einen Augenblick, vor der Hütte des
Ulingsten Sohnes des Verstorbenen. Weiter geht der
ug. Die Verwandten kommen, die sterblichen
berreste ihres Oberhauptes ein letztesmal zu be-
rühren, während die Kinder unter der Leiche durch-
schlüpfen. Nach einem letzten Besuch bel der Hütte
des ältesien Sohnes, einem Aufenthalt bei der Luma
große, als Herberge für Reisende und Schutzdach
für Kähne dienende Hütte) trägt man dann die
Leiche auf den großen Stein am Eingange des
Dorfes.
Dort nähert sich der Teufelspriester, berührt die
Leiche und, sich leicht bückend, spricht er leise einige
orte, die in aller Stille angehört werden: „Großer
Häuptling,“ so lauten ungefähr seine Worte, „du
bist tot; dein Geist bleibe bei uns und gebe uns
fruchtbare Pflanzungen!“
Unterdessen spielen sich am Meeresufer zwei
orgänge ab, die tragisch wirken könnten, so aber
nur einen komischen Verlauf nehmen.
Zum Ausdruck ihres tiefen Seelenschmerzes und
zum Zeichen für alle Anwesenden, daß sie ihre
Trauer nicht überleben können, gehen der älteste
Sohn und eine der beiden Frauen des Verstorbenen
ins Meer mit dem schelnbaren Vorsatz, zu sterben.
Sobald dies bemerkt wird (die Sterbenslustigen
sorgen dafür, daß ihre Bewegungen vor aller Augen
geschehen), laufen Männer und Frauen den Ver-
zwelfelnden nach und bringen sie ohne große Mühe
r#/ Dorf zurück. Wir waren über die Natur dieses
organges berichtet worden und empfanden daher
enig Aufregung.
Ha Die Beerdigungsfeier geht zu Ende. Der große
8 uptling hat ein letztesmal alle Orte besucht, wo
sa zu verweilen pflegte; den letzten Abschied von
nen Verwandten und Kriegern genommen. Im
aufschritt wird nun seine Leiche in den Kahn ge-
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bracht, der sie ins Meer versenken wird, denn für
den Häuptling, wie für jeden gemeinen Küsten-
bewohner dieser Inselgruppe ist der Ozean die
Grabstätte.
Schon im Kahne llegend, muß er vor seiner
Ozeanreise noch die Vertrauensmittellungen der Alten
anhören. Die Häuptlinge und die Altesten kommen
der Relhe nach, neigen sich zu seinem Ohr, bitten
ihn im Flüsterton um reichliche Ernte und trennen
mit scharfem Steine eine Haarlocke von seinem
Haupte ab. Diese Locke wird in einer kleinen
Tasche aufbewahrt als ein Pfand des Schutzes,
welchen Kapitiu seinen ehemaligen Untertanen ge-
währt.
Zwei schwere Steine haben im Kahn Platz ge-
funden. An den Knieen des Verstorbenen befestigt,
werden sie die Leiche in die Tiefe ziehen und ein
Anschwemmen ans Ufer, wo sie von Hunden und
Schweinen verunehrt würde, verhindern.
Der Kahn wird gehoben; abermals wollen der
älteste Sohn und die Frauen des großen Häupt-
lings sich ins Meer stürzen, werden aber mit ge-
ringer Anstrengung zurückgehalten und der Kahn
entfernt sich. Ein Krieger springt ins Wasser, er
will sterben mit seinem Häuptling; ungefähr zehn
Männer springen ihm nach und bringen ihn ans
Ufer zurück. Einige Minuten nachher hören wir
ein dumpfes Geräusch; es ist die ins Wasser fallende
Leiche; sie geht unter, und der Ozean schließt sich
über dlesem Manne, der ehemals einen Tell dieser
Insel zittern machte. Auf die Beerdigung folgt das
Gastmahl. Zahlreiche, auf glühenden Stelnen mit
Jams gebratene Schweine werden vorgelegt. Einige
Wilde ziehen es vor, ihre Nahrung in ruhiger Ein-
samkeit zu genießen; sie ziehen den Fluß entlang
und heizen dort ihre Ofen. Es herrscht größte
Ruhe; kein Mißton, kein Wortwechsel. Die Krieger
haben ihre Lanzen und Streitäxte abgelegt. Nie-
mand stellt die berüchtigte Frage: Wer hat den
großen Häuptling getöteto? Ohne Zwelifel ist diese
Ruhe die Folge des Einflusses der Religion auf die
noch vor kurzem so wilden Naturen. Hätten wir
nur dieses erreicht, wir wären genügend belohnt für
unsere Bemühungen.
Nach dem Glauben der Eingeborenen ruhet
Kapitiu in der Tiefe des Meeres an dem Tage#
seiner Beerdigung von den Anstrengungen eines
langen Fastens aus. Aber morgen schon wird seine
Seele mächtig sein; als großer Häuptling wird er
Platz nehmen in den Reihen der Geister-Schutzgötter
des Stammes. Um dessen Macht zu erproben und
zugleich seine Einreihung in die Zahl der Götter zu
feiern, rusen ihn die Eingeborenen am Tage nach
der Beerdigung an in einer Zeremonie, die sie
Juasua Koko nennen. -