Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVI. Jahrgang, 1905. (16)

Jinja, Minoniu in diesen Beziehungen vornehmen, 
reden hlerfür eine deutliche Sprache. So haben 
sich die Engländer wiederholt bereit erklärt, den 
Stationen zum Eindecken guter und trockener sowie 
feuersicherer Zollschuppen das Dachmaterial zu 
liefern. Sie haben ferner, wie ich schon andeutete, 
sieben große Leichter von Kilindini ouf den See 
geschafft und haben den deutschen Stationen einige 
davon für die Verladung zur Verfügung gestellt. 
Was die Arbeiten der Engländer in ihren Häfen 
anbelangt, so ist zunächst von Port Florence zu 
sagen, daß derselbe zur Zeit eline hölzerne Pier- 
anlage von 45 Fuß Brelte und 370 Fuß Länge 
hat. Mehrere Gleise der Eisenbahn führen die von 
Mombassa heraufkommenden Züge direkt auf dieselbe 
und vor die Dampfer. Ein dreh= und fahrbarer 
Kran von 5 Tons Tragfähigkeit ist vorhanden, und 
jetzt ist man eifrig damit beschäftigt, die Pler um 
100 Yards zu verlängern. Unweit von der Pler- 
anlage ist man daran, ein Trockendock zu bauen. 
Dasselbe erhält eine Länge von 210 Fuß, eine 
Breite von 50 Fuß und eine Tiefe von 14 Fuß in 
der Docksohle und wird in spätestens 6 Monaten 
fertig sein. Die Fertigstellung begegnet infolge des 
Auftretens der Pest in Kisumu zwar zur Zeit großen 
Schwierigkeiten, und auch hier hält es wie in unseren 
Gebieten schwer, genügend Arbeitskräfte aufzu- 
bringen; aber die Herstellung des Docks ist für den 
Dampferbetrieb von der größten Wichtigkeit. Die 
Schiffe müssen notwendigerweise in ihren Unter- 
wasserteilen besichtigt und konserviert werden; außer- 
dem ist kürzlich die „Sybil“ auf ein unbekanntes 
Riff aufgelaufen und hat die Schraubenflügel be- 
schädigt, während „Winifred“ nun schon zwei Jahre 
im Wasser liegt, ohne daß man etwas an seinen 
Unterwasserteilen hätte tun können. Die Aushebungs- 
arbeiten beim Dock leitet ein Ingenieur von der 
Eisenbohn, und das Hauptkontingent an Arbeitern 
stellen die Kavirondo. Dieselben erhalten einen 
monatlichen Lohn von 3 bis höchstens 4 Rup. 
Ich erwähnte bereits die geringe Tiefe der Bucht 
von Kisumu, die nur 9 Fuß tief ist, und an dieser 
geringen Tiefe scheitert zunächst der Bau größerer 
Dampfer. Diese zu bauen, scheinen aber die Eng- 
länder große Lust zu haben. Offenbar versprechen 
sie sich von größeren Schiifen mit insbesondere 
größeren Laderäumen mehr Vortell, was auch durch- 
aus richtig sein mag; denn die Vermehrung des für 
die Indiensthaltung größerer Dampfer erforderlichen 
Personals steigt bei den hier in Frage kommenden 
Dimensionen nicht in demselben Verhältnis, wie die 
Größe der Schiffe zunimmt, und es gestalten sich 
daher die Ausgaben für Gehälter usw. nicht so hoch, 
als wenn mehrere kleine Dampfer den Dienst ver- 
sehen müßten. Die jetzigen Dampfer gehen, voll 
beladen, berelts 8 Fuß tief und haben damit für die 
Kisumubucht ihre Maximaltauchung erreicht. Nun 
weist die nordwestlich von der Kisumubucht liegende 
Bat, der die Insel Sigulu vorgelagert ist, bedeutend 
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günstigere Wassertiefen auf, und daher erörtern die 
Engländer in neuester Zeit lebhaft die Frage: 
1. entweder die Bahn nach dem in jener Bucht 
gelegenen Port Viktoria, welches zur Zeit indes nur 
aus einigen wenigen Hütten der Kavirondo besteht 
und nicht eine einzige Europäer-Niederlassung hat, 
weiter zu führen und Kisumu wieder aufzugeben, oder 
2. die Klsumubucht durch einen auszubaggernden 
Kanal entsprechend zu vertiefen. 
Das erste Projekt hat weniger Wahrscheinlichkelt 
auf Verwirklichung; denn zwlschen Kisumu und dem 
in Luftlinie 45 Meilen entfernten Port Viktoria liegt 
ein Gelände, welches im Bahnbau elnerseits durch 
sumpfige Strecken, anderseits durch gebirgige Höhen- 
züge ganz erhebliche Schwierigkeiten bietet. Die 
Uganda-Elsenbahnverwaltung hat denn auch die Kosten 
der Weiterführung der Bahn von Kisumu bzw. be- 
reits 40 Meilen von dieser Endstation nach Port 
Viktoria auf mindestens 1 000 000 K veranschlagt. 
Es sei nur nebenbel erwähnt, daß die Bahn auf 
dieser Strecke allein über 26 große Viadukte geführt 
werden müßte. Dazu kommt, daß die Stadtanlage 
von Kisumu heute bereits ganz beträchtliche Werte 
in sich birgt. Es ist eine Anzahl öffentlicher und 
privater Gebäude, neuerdings z. B. erst ein großes 
Hospital und ein Polizeigebäude, errichtet und in der 
städtischen Wasserleitungsanlage, der Pieranlage und 
dem Trockendock besitzt Kisuma Objekte, die man 
doch nur sehr ungern aufgeben würde. 
Das andere Projekt hat mehr Aussicht auf Aus- 
führung. Letzterem steht erschwerend eigentlich nur 
der Umstand entgegen, daß die Beschaffenheit des 
Seebodens in der Kisumubucht der Baggerung eines 
Kanals nicht grade günstig ist. Der Seeboden ist 
hier meist loser Schlick und es würde sich wohl als 
nötig erweisen, daß fortwährende Baggerarbeiten im 
Gange gehalten werden müßten, um den Kanal für 
eine sichere Schiffahrt immer offen zu halten. Dieses 
ist natürlich mit größeren Kosten verknüpft. Es 
scheint aber der einzige Weg zu sein, der den Eng- 
ländern bleibt, und ich bin überzeugt, daß mit der 
weiteren Entwicklung des Handels und Verkehrs und 
mit der dadurch nötig werdenden Vergrößerung der 
Dampferflotte auf dem See die Inangriffnahme dieser 
Arbeiten nicht lange auf sich warten lassen wird. 
III. Die Produktions= und Handelsverhältnisse 
am Viktoria-Njansa. 
In den vorigen Adschnitten habe ich vorzuführen 
versucht, wie zur Zeit die Verkehrs= und Schiffahrts- 
verhältnisse auf dem Viktoria-Niansa liegen. 
In diesem Abschnitt sei der gegenwärtige 
Stand und die Entwicklungsmöglichkeit der Pro- 
duktions= und Handelsverhältnisse der einzelnen an 
dem See gelegenen Gebiete in Kürze dargestellt. 
Es ist heute eine auch unter den Engländern 
allgemein verbreitete und durch viele Tatsachen er- 
härtete Ansicht, daß von den direkt an die Ufer des 
Viktoria-Rjanfahinanreichenden Territoriendie deutsch-
	        
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