Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVI. Jahrgang, 1905. (16)

habe ich stets den Gegenwert für die entnommenen 
Nahrungsmittel in dem betreffenden Dorf niederlegen 
lassen. Dieser Gegenwert bestand in Stoffen und 
Perlen; denn Geld ist in den von mir durchzogenen 
Landschaften unbekannt und wird gar nicht ange- 
nommen. 
Trotz aller Maßnahmen, die Träger in Zucht zu 
halten, bin ich mir nicht sicher, ob nicht doch von 
denselben geplündert und gestohlen worden ist. Der 
Mheia neigt nach allgemeiner Ansicht sehr zu der- 
artigen Ausschreitungen. Mit dem schwachen Begleit- 
kommando und den wenigen Katikiros konnte ich 
eine gänzliche Unterbindung des Plünderns und elne 
völlige Schonung der Pflanzungen nicht erreichen. 
Wo ich derartige Fälle zu meiner Kenninis erhielt, 
habe ich streng gestraft, und wenn ich die Beschä- 
digten erlangen konnte, diese entschädigt. Da mir 
eine Annäherung der Eingeborenen schon deswegen 
von Wert war, weil ich bereits drei Tage ohne 
Führer marschierte, eines solchen aber dringend be- 
durfte, versuchte ich mit ihnen dadurch Fühlung zu 
bekommen, daß ich einige von ihnen, die im hohen 
Grase versteckt dem Zuge der Karawane folgten, 
greifen und zu mir bringen ließ, sie dann reich- 
lich beschenkte und ihnen die Freiheit wiedergab. 
Anfangs war auch hier kein Erfolg zu verzeichnen; 
endlich aber, am 14. April, näherte sich mir ein 
Miuale mit etwa 120 Leuten, und als er von mir 
reich beschenkt wurde, begleitete er mich mit seinem 
Gefolge etwa zwei Stunden lang und gab mir auch 
zwei Führer. Hiermit war der Verkehr mit den 
Leuten angebahnt. Von nun ab kamen meist die 
Altesten der Dorsschaften zu mir und brachten für 
die Expedition Lebensmittel, allerdings nicht genug, 
so daß ich immer noch nebenher gezwungen war, 
die Requisitionen fortzusetzen. Da aber alles gut 
bezahlt wurde und die Leute auch gelegentlich sahen, 
daß Ausschreitungen der Träger bestraft wurden, 
störte es das Einvernehmen mit der Bevölkerung 
nicht. Es fanden sich immer Eingeborene, die mich 
führten. 
Ich möchte hier gleich anschließen, daß ich irgend- 
welche feindselige Haltung der Bevölkerung Urundis 
nie habe konstatieren können. Wenn die Eingeborenen 
vor der Karawane flohen und nur furchtsam und 
zaghaft herankamen, so war das melnes Erachtens 
nur die dem Neger allgemein innewohnende Angst 
vor dem Europäer. 
Ich habe den Eindruck gewonnen, und Haupt- 
mann v. Grawert als vieljähriger und gründlicher 
Kenner von Land und Leuten bestätigt das durch- 
aus, daß man Feindseligkeiten von den Warundis 
nicht zu befürchten hat, wenn man sie nicht selbst 
sucht und herausfordert. 
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Tog#. 
vernichtung der Glpalmenkulturen seitens der 
Eingeborenen. 
Wie unfähig die Eingeborenen zu nutzbringender 
Bewirtschaftung ihres Eigentums sind, solange ihnen 
eine energische Anlektung fehlt, zeigt wieder ein 
Bericht des stellvertretenden Bezirksamtmanns von 
Misahöhe, des Oberleutnants Smend, dem wir 
folgende Ausführungen über den Raubbau an Ol- 
palmen entnehmen: 
Jeder Mann am Agu tötet jährlich etwa 40 
Palmen zum Palmwelnmachen. Die gefällte Palme 
gibt etwa zwei Monate lang Wein, und zwar mor- 
gens für etwa 5 bis 10 Pf., der verkauft wlrd, 
und abends für etwa 5 Pf. den der Elgentümer 
trinkt. Dazu kommen noch einige Palmen für Toten- 
feste usp. Der gelieferte Palmwein hat somit einen 
Wert von 8 bis 9 Mk. pro Palme. 
Zu berücksichtigen bleibt, daß außergewöhnliche 
Verhältnisse, z. B. Verschuldetseln, eine sehr große 
Anzahl von Palmen jährlich erfordern, deren Zahl 
schwer zu schätzen ist. 
In palmenarmen Gegenden ist die Anzahl der 
gefällten Palmen natürlich nur zahlenmäßig, nicht 
aber prozentual geringer. Die Palme trägt in 
normalen Jahren dreimal, und zwar, abhängig von 
Art, Alter und Güte des Standbodens, ein bis 
fünf Fruchtbündel, also im Durchschnitt jedesmal drei, 
d. h. im Jahre neun. Als verschiedene Arten wurden 
mir folgende bezeichnet: 1, edé, 2. sedé, 3. klud, 
4. avhäde oder abehini ober abakaidé (die Fetisch- 
palme), 5. dseku. 
Bei Nummer 1 und 2 sind wieder je zwei 
Varietäten unterschieden, und zwar dechla und 
detsu, die ihre Namen den charakteristischen Merk- 
molen verdanken, nämlich dechla hat viel Fleisch, 
während detsu (etwa „Mannpalme") wenig Fleisch 
hat. „Die Frauen haben mehr Fett wie der 
Mann, der härter arbeiten muß!“ Bei beiden 
Arten hat also dechla mehr Fleisch und kleinere 
Kerne, und detsu weniger Fleisch und größere 
rne. 
Bei sede haben die einzelnen Früchte etwas 
grüne Köpfe, die, zu Asche gebrannt, als Wundheil- 
mittel Verwendung finden. 
Der Palmweln von ede wird als der beste be- 
zeichnet, während der von sede etwas bitter ist und 
sehr schnell berauschen soll. 
Nr. 3 hat viel Fleisch und kleine Kerne. 
Nr. 4 hat umgekehrt wenig Fleisch und große 
Kerne und ist sehr selten. ·
	        
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