Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVI. Jahrgang, 1905. (16)

die weit ausgedehnten Odländereien des Westens 
auf systematischem Wege künstlich zu berieseln und 
dadurch für die Ansiedlung geeignet zu machen. Da 
ein derartiges umfangreiches Unternehmen weder 
von Privakkörperschasten noch von den Einzelstaaten 
mit Nutzen für die Allgemeinheit ausgeführt werden 
kann, wurde beantragt, daß die Regierung in 
Woshington die Durchführung des Werkes in die 
Hand nehmen möge. Nach mehrfachen Anstrengungen 
des oben erwähnten Irrigatlonskongresses und nach- 
dem der Präsident Roosevelt semen gewichtigen 
Einfluß für die Sache eingesetzt hatte, ließ sich der 
Bundeskongreß zur Annahme eines Gesetzes bewegen, 
durch welches die künstliche Bewässerung der dürren 
Gebiete nunmehr zu einem nationalen Unternehmen 
geworden ist. 
Dieses, am 17. Juni 1902 erlassene Gesetz führt 
den Titel: „An Act appropriating the receipts 
from the sale and disposal of public lands in 
Ccertaim States and Territories to the con- 
struction of irrigation works for the reclama- 
tion of arid lands. Es bestimmt, daß alles Geld, 
welches aus dem Verkaufe öffentlicher Länderelen 
in den beteiligten dreizehn Staaten und Territorien 
des Westens erlöst wird, zur Bildung eines Fonds 
zur Urbarmachung von Odland verwendet werden 
soll. Daraus sind die Kosten des Entwurfs, der 
Herstellung und Unterhaltung von Bewässerungs- 
anlagen zu bestrelten. Falls die in einem Staate 
erzielten Erlöse zur Deckung der hler entstehenden 
Kosten nicht ausreichen, so find sie einstweilen aus 
dem Fonds vorzustrecken. Diese Auslagen müssen 
jedoch ersetzt werden und zwar von den bereits vor- 
handenen Bewohnern innerhalb zehn Jahren, von 
neuen Ansiedlern nach erfolgter Durchführung der 
Bewässerung vor Ausfertigung des Besigtttels. 
Nach erfolgter Zurückzahlung der Auslagen übergibt 
die Regierung die fernere Verwaltung einer aus 
den Ansiedlern bestehenden Genossenschaft (Water 
Sers'’ Association), die auf der Grundlage der 
alten „Town Meetingss: errichtet werden soll. Um 
Spekulationen mit den zu verbessernden Ländereien 
du verhindern, ist vom Augenblick der Elnleltung 
der Votarbeiten ab die bellebige Besitznahme des 
andes verboten. Man hat sich dabei von dem 
Grundsatze leiten lassen, daß das Regierungsland 
nicht einzelnen Körperschaften, sondern dem Volke 
gehören soll, eine Auffassung, die auch bei der Ein- 
richtung der Forstreservationen zur Geltung ge- 
kommen ist. Ferner bestimmt das Gesetz, daß 
niemand für eine größere Fläche als 160 Acres 
(65 Hektar) Wasser= oder Berieselungsrechte er- 
werben kann. Auf Grund des Heimstättengesetzes ist 
solche Sicherung von Wasserrechten nur den wirk- 
lichen (bona Haie) Ansiedlern zugestanden, die auf 
ihrem Lande wohnen und es ganz oder teilweise 
Anbauen. Ein daͤuerndes Anrecht auf regelmäßigen 
Wesserbezug erhält der Ansiedler erst dann, wenn 
er für das von ihm erworbene Land volle Zahlung 
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geleistet hat. Wer bewöässertes Land kauft, muß 
mindestens die Hälfte der Fläche der Landwirtschaft 
zuwenden. 
Während die bisherige Bewässerungsmethode, 
die lediglich auf das Privatkapital angewiesen war, 
ch im allgemeinen damit begnügte, daß in einer 
Niederung aus einem Flusse entnommene Wasser 
über die nächstgelegenen und leicht zugänglichen 
Länderelen zu leiten, stellt sich die moderne amerka- 
nische Bewässerungswirtschaft die Aufgabe, mit Hilfe 
künstlicher Talsperren, Stauanlagen aller Art, durch 
Anbohrung unterirdischer Reservolrs, durch Her- 
stellung ausgedehnter Kanäle, die hier durch 
Aquädukte über Talsenkungen geführt, dort mittels 
Tunnels durch sich entgegenstellende Bergrücken hin- 
durchgeleltet werden, alle nur zugänglichen Trocken= 
ländereien zu bewässern und dadurch fruchtbar zu 
machen. 
Die betreffenden Arbeiten werden vom geologischen 
Vermessungsamte unter Aufsicht des Staatssekelärs 
des Inneren ausgeführt. Seit dem Erlasse des 
Bundesgesetzes sind Kommissionen ernannt worden, 
um die Flüsse und sonstigen Wasserquellen in den 
in Betracht kommenden Gebieten zu vermessen, Kosten- 
anschläge anzufertigen und von verschiedenen Projekten 
das praktischste auszuwählen. 
An dem Werke sind 400 sorgfältig ausgesuchte 
Ingenieure, Assistenten und sonstige Sachverständige 
beschäftigt. Ihm steht ein aus 15 Mitgliedern be- 
stehender -boarde von beratenden Ingenieuren zur 
Seite. Außerdem ist für jeden Staat, wo Be- 
wässerungsarbeiten geplant sind, ein Distriktsingenieur 
eingesetzt. Das von den Ingenieuren an Ort und 
Stelle gesammelte Informationsmaterlal, das sich auf 
die verfügungsfählge Wassermenge, die Lage der 
Reservoirs, die Größe der Staubecken usw. bezieht, 
ist bereits zu elinem beträchtlichen Umfange an- 
gewachsen. 
Drei Jahre nach der Annahme des Reklamierungs- 
gesetzes wurde der erste, unter Leitung der Regierung 
gebaute Bewässerungskanal eröffnet. Es ist dies 
die Truckee-Carson-Anlage in Nevada, durch die 
250 000 Acres der dortigen Küste mit Leitungs- 
gräben versehen werden. Mit jedem weiteren Jahre 
hofft man, wenigstens ein großes Projekt zu vollenden. 
Der Plan der Regierung umfaßt nicht weniger als 
50 Millionen Acres, die jetzt völlig ertraglos sind, 
im Laufe der nächsten Jahrzehnte aber besiedlungs- 
fähig gemacht werden könnten. Auf diese Weise 
würden Tausende neuer Heimstätten geschaffen und 
eine sehr. bedeutende Steigerung der landwirtschaft- 
lichen Erzeugung der Union bewirkt werden. 
Der für die Zwecke der künstlichen Bewässerung 
angesammelte Fonds beläuft sich zur Zeit auf nahezu 
80 Millionen Dollar. Er verteilt sich auf die ver- 
schiedenen Staaten und Territorien, welche die west- 
liche Hälfte des Landes bilden, nach Maßgabe der 
innerhalb ihres Gebletes vollzogenen Verkäuse öffent- 
licher Ländereien, wie folgt:
	        
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