Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVI. Jahrgang, 1905. (16)

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rechte näher. Der Versuch, dies durch Kaufverträge mit den Eingeborenen über große Landgebiete zu 
bewirken, konnte um deswillen nicht zum Ziele führen, weil diese Verträge, als den geltenden Vorschriften?) 
nicht entsprechend, von der Verwaltung nicht genehmigt werden konnten. Die Gesellschaft wandte sich unter 
diesen Umständen an die Kolonialverwaltung mit der Bitte, ihr bei Ausübung ihrer konzessionsgemäßen 
Okkupationsrechte behilflich zu sein. Die hauptsächliche Schwierigkeit, welche dieser Ausübung im Wege 
stand, lag in der Umständlichkeit der Beschaffung von Kronland, wie sie die unten angeführten Verord- 
nungen regeln. Die notwendige Ausscheidung des Eingeborenenlandes macht die Einsetzung von Land- 
kommissionen nötig, mit der nicht nur außerordentlich hohe Kosten verbunden sind, sondern deren Arbeiten 
auch eine längere, ihrer Dauer nach unbestimmte Zeit beanspruchen. - 
Den Verhandlungen, welche zwischen Verwaltung und Gesellschaft eingeleltet wurden, kam der 
Umstand zu statten, daß inzwischen durch die Reisen des Verwaltungschefs des Sanga-Ngoko-Gebietes, 
Hauptmanns Freiherrn v. Stein, das Vorhandensein einer größeren Anzahl von unbewohnten Strecken 
Landes — sogenannte tote Zonen — festgestellt worden war. Während das gesamte Konzessionsgebiet 
eine Ausdehnung von 81 597 qkm hat, umfassen die toten Zonen nach dem Steinschen Gutachten ein 
Areal von 46 307 qkm. Bei der Unbewohntheit dieser toten Zonen hatte man es bei denselben mit 
Kronland zu tun, und es war möglich, mit der Uberlassung derselben zu Eigentum an die Gesellschaft auf 
Grund ihrer Konzessionsrechte ohne weiteres vorzugehen. Hätte die Gesellschaft ohnehin im Prozeßwege 
ihre Rechte mit Erfolg geltend machen können, so hätte auch die Nichtanerkennung dleser Rechte seitens der 
Verwaltung den Grundsätzen der Billigkeit in keiner Welse entsprochen. Dabel handelte es sich für die 
Verwaltung in diesem Zeitpunkt besonders auch darum, auf dem Wege der Verhandlung durch ein Ent- 
gegenkommen gegenüber den Interessen der Gesellschaft den Inhalt der Konzession selbst in der Richtung 
einer örtlichen und zeitlichen Beschränkung zugunsten des allgemeinen Handels des Schutzgebietes zu 
modifizieren. 
Das Ergebnis der Verhandlungen liegt in den Anlagen 2 und 3 vor. Dieselben bestehen in 
einem Schreiben des Kaiserlichen Gouverneurs von Kamerun vom 19. August d. J. an die Gesellschaft, in 
welchem er ihr das Eigentum an einer fast allseitig durch natürliche Grenzen eingeschlossenen toten Zone 
überträgt und die Uberlassungsbedingungen festsetzt, und in einem Schreiben der Gesellschaft vom 
3. November d. J., durch das sie auf alle weiteren Landrechte aus der Konzession, abgesehen von einigen 
kleinen Plantagenterrains, verzichtet. 
Danach ist die Gesellschaft nunmehr Eigentümerin eines etwa 15 000 qkm großen, zusammen- 
hängenden unbewohnten Urwaldes geworden, den sie in Gemäßheit der Bestimmungen der Konzession und 
der neu übernommenen Überelgnungsbedingungen zu erschließen hat. Ihre weiteren Landrechte auf etwa 
5/6 des Konzessionsgebietes sind durch den Verzicht erloschen. Der Möglichkeit, die übereigneten Ländereien 
zu spekulativen Zwecken zu verwenden, ist durch den Kultur= und Betriebszwang vorgebeugt worden. Die 
Nichterfüllung der Inkulturnahme des Landes innerhalb eines Zeitraumes von 40 Jahren seit Erteilung 
der Konzession, von dem 7 Jahre bereits abgelaufen sind, zieht den unentgeltlichen Rückfall der betreffenden 
Ländereien an den Landesfiskus des Schutzgebietes nach sich. Die Gesellschaft hat sich ferner verpflichtet, 
das übereignete Land in ratloneller, die Produktionsfähigkeit möglichst erhaltender und steigernder Weise 
zu bewirtschaften. Die Regierung hat es in der Hand, diese Verpflichtung durch Erlaß allgemeiner Vor- 
schriften sicherzustellen. Weitere Rechte hat der Landesfiskus durch die Bedingungen erhalten, nach denen 
die Verfügung über unterirdische Bodenschätze durch die Ubereignung unberührt bleibt und das Eigentum 
an allen Wasserläufen und stehenden Gewässern von mehr als 1 km Umfang an die Gesellschaft nicht übergeht. 
Die Pflicht der Gesellschaft zur unentgeltlichen Rückgabe von Land zu fiskalischen Zwecken ist auf 
die Abgabe zu Kirchen-, Missions= und Schulzwecken ausgedehnt worden. 
Für den wenig wahrscheinlichen Fall, daß die Feststellungen der Lokalverwaltung über die Un- 
bewohntheit des Gebietes sich doch als irrig erweisen sollten, hat die Bestimmung Aufnahme gefunden, 
daß auf Kosten der Gesellschaft ausreichende Reservate auszuscheiden und den Eingeborenen Holzschlag, 
Jagd und Fischerei zu gestatten sind. 
Dem Verkehr in dem übereigneten Gebiete, insbesondere dem zur Zeit im Handel üblichen Kara- 
wanenverkehr darf die Gesellschaft Hindernisse nicht in den Weg legen; sie muß vielmehr auch die von ihr 
neu angelegten Wege auf Verlangen der Regierung für öffentliche Benutzung zur Verfügung stellen und 
Errichtung von Lagerplätzen nebst den erforderlichen Lagerbedürfnissen gestatten. · 
Einer besonderen Statuierung der Handelsfreiheit bedurfte es nicht, da dieselben durch die Kongo- 
akte, welche auch für das übereignete Gebiet gilt, bereits festgelegt worden ist. 
Damit dürfte auf dem Boden der erteilten Konzession ein billiger Ausgleich zwischen den berechtigten 
Interessen der Gesellschaft und den Interessen des allgemeinen Handels gefunden sein. Auch ist dabel den 
Interessen der Eingeborenen in vollem Maße Rechnung getragen worden. 
  
*) Anmerkung. Allerhöchste Verordnung über die Schaffung, Besitzergreifung und Veräußerung von 
Kronland und über den Erwerb und Veräußerung von Grundstücken im Schusgebiete von Kamerun vom 15. Juni 1896 
sowie Ausführungsverfügung des Reichskanzlers hierzu vom 17. Oktober desselben Jahres.
	        
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