Bericht über die Tätigkeit des Rolonial-Wirtschaftlichen
Romitees, Berlin.
In Verbindung mit dem Auswärtigen Amt,
Kolonial-Abteilung, und mit der Deutschen Kolonial-
gesellschaft wirkt das Kolonial-Wirtschaftliche Komitee
durch wirtschaftliche Unternehmungen zur Nutzbar-
machung unserer Kolonten und überseeischen Inter-
essengebiete für die heimische Volkswirtschaft. Seine
Tätigkeit erstreckt sich auf:
1. Schaffung von national-wichtigen Rohstoffen
und Produkten; · .
2. Förderung des Absatzes deutscher Industrie-
erzeugnisse;
3. Vorarbeitung für deutsche Siedlung;
4. Vorbereitung des Eisenbahnbaues;
5. Allgemeine Arbelten im Interesse der Kolonien.
1. Schaffung von national-wichtigen
Rohstoffen und Prod ukten.
Die Ausfuhr der deutschen Kolontlen betrug im
Jahre 1904 insgesomt 45 Millionen Mark.
Baumwolle bezog Deutschland im Jahre 1904
im Werte von 470 Millionen Mark vom Auslande.
Die Vergewaltigung des Baumwollmarktes durch
amerikanische Spekulanten und die dadurch drohende
volkswirtschaftliche und soziole Gefahr veranlaßte den
Baumwollkulturkampf, in welchem Deutschland bahn-
brechend und für die kolonialen Industriestaaten vor-
bildlich gewirkt hat.
Vorbereitende Studien der Kultur und maschinellen
Erntebereitung wurden durch die Sachverständigen
J. H. G. Becker, John Booth, Dr. Endlich, Fr. R.
Holzmann und Prof. Dr. Zimmermann in Amerika,
Agypten und Kleinasien unternommen.
Das bisherige Ergebnis der deutsch-kolonialen
Baumwoll-Unternehmungen ist: die Produktion von
2 Mill. Pfund Baumwolle in guter amerikanischer
und ägyptischer Qualität in Togo und Deuisch-
Ostafrika und die Sicherstellung einer weiteren Aus-
breitung der Baumwollvolkskultur und Plantagenkultur
durch eine ständige Organisation, umfassend Baumwoll-
inspektionen, Baumwollschulen, Versuchsplantagen,
Einstationen und Aufkaufmärkte.
Sisal= und Bananenhanf. Die Gewinnung
von Faserstoffen aus Sisalagaven und Bastbananen
wurde durch vorbereitende Studien und Maßnahmen
zur Verbesserung der maschinellen Erntebereitung
gefördert. Neuerdings ist das Studium der Jute-
frage ausgenommen.
Die deutschen Kolonien lieferten Baumwolle und
Faserstoffe im Jahre 1904 im Werte von 991.000
Mark (1903 584 co0 Mark).
Kautschuk und Guttapercha bezog Deutsch-
land im Jahre 1904 im Werte von 109 Millionen
Mark vom Auslande.
Die Verteuerung dieser Rohstoffe — eine Folge
des Raubbaues der Eingeborenen und des enorm
gesteigerten Bedarfs der Kautschukwaren-, elektrotech-
nischen, Automobll= und Kabelindustrien — veranlaßte
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Kaut perch gen in den älteren
Produktionsgebieten und in den deutschen Kolonien.
Zu diesem Zweck wurden die Sochverständigen
H. Baum, C. Großmann, Prof. Dr. Preuß und Dr.
Schlechter nach Zentral= und Südamerika, Nieder-
ländisch-Indien, Neukaledonlen, Südangola und dem
Kongostaat entsandt.
Das Ergebnis der deutsch-kolontalen Kautschuk-
und Guttaperchaunternehmungen ist: die Feststellung
wilder Kautschukbestände und die Einführung der
Kautschukplantagenkultur in West= und Ostafrika und
in den Südseekolonien sowie die Entdeckung der
wildwachsenden Guttaperchapflanze Palaquinm
Sumpfianum in Neu-Guinea.
In Neu-Gulnea wird nunmehr ein auf Jahre
berechnetes Unternehmen ins Werk gesetzt, welches
die allmähliche Heranziehung der eingeborenen Be-
völkerung zur Gewinnung von Kautschuk und Gutta-
percha und die Förderung der Plantagenkultur bezweckt.
Die deutschen Kolonien lieferten Kautschuk im
Jahre 1904 im Werte von 6 324 000 Mk. (1908
46490 0o0 Mk).
Olprodukte bezog Deutschland im Jahre 1904
im Werte von 200 Mill. Mark vom Auslonde.
Die große Aufnahmefähigkeit Deutschlands an
Olprodukten und deren verlustreiche Bereltungsweise
durch die Eingeborenen veranlaßte die Erfindung der
deutschen Olfruchtbereitungsmaschinen und ihre Ein-
führung in den Hlfrüchte produzierenden deutschen
Gebieten. Maschinenanlagen des Komitees sind in
Togo und Kamerun versuchswelse im Betrieb.
Die Gewinnung der Olpalmprodukte, Sesam und
Erdnüsse ist bis jetzt ausschließlich Eingeborenenkultur.
In der Plantagenkultur der Kokospalme sind Fort-
schritte auf Neu-Guinea und Samoa zu verzeichnen.
Die deutschen Kolonien lieferten Olfrüchte im
Jahre 1904 im Werte von 8 499 000 Mk. (19038
9 092 000 Mk.).
Tropische Nahrungs= und Genußmittel
bezog Deutschland im Jahre 1904 im Werte von
etwa 500 Millionen Mark vom Auslande.
Der fortgesetzt steigende Bedarf Deutschlands an
diesen tropischen Produkten veranlaßte die Studien-
reisen der Sachverständigen Bernegau, Dr. Gruner,
Prof. Dr. Preuß, Dr. Schlechter, Dr. Stuhlmann und
Prof. Dr. Wohltmann nach West= und Ostindien,
Zentralamerika, Lagos und der Goldküste, Samoa
und Nordafrika. .
Das Ergebnis der Unternehmungen zur Förderung
der Produktion von Nahrungs= und Genußmitteln ist
die Einführung neuer nutzbringender Kulturen und
Spielarten und einer verbesserten Technik der Ernte-
bereitung in den deutschen Kolonien. Die Anbau-
versuche der verschiedenartigen langfristigen Kulturen
liesern fortgesetzt neue Ergebnisse hinsichtlich der
Erhöhung des Ertrags und der Verbesserung der
. Qualitäten.
Die deutschen Kolonien lieferten u. a. Kakao im
Jahre 1904 im Werte von 1 074 000 Mk. (1903