Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVII. Jahrgang, 1906. (17)

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Ihre Stämme sind voll von Narben, Abschürfungen 
und Brandwunden. Am schlimmsten ergeht es den 
Brotfrucht= und Mandelbäumen zur Reifezeit ihrer 
Früchte. Mit Messern und Beilen bewaffnet steigen 
die Leute auf die Bäume und schlagen die Zweige 
und kleineren Aste ab; ja es ist sogor nichts Sel- 
tenes, daß der Eingeborene, um sich die Mühe des 
Kletterns zu sparen, den ganzen Baum fällt. Auf 
diese Weise erhält er die Früchte fast ohne Mühe 
und Gefahr. Die ihrer Zweige beraubten Bäume 
brauchen natürlich mehrere Jahre, bis sie sich wieder 
erholt haben und zu Asten gekommen sind. 
Die Kokospalme ist eigentlich nicht heimisch in 
Baining, sie stammt von der Küste, wie schon ihr 
Name im Bainingischen „lamesacha“, von „lama“ in 
der Küstensprache herrührend, andeutet. Am ver- 
breitetsten ist sie in Nord= und West-Baining, doch 
ist der Kokosbestand im Vergleich zu dem an der 
Küste ein ganz unbedeutender. t4g und Süd- 
Baining entbehrt derselben vollständig, ausgenommen 
einige Orte, wie Mandaren, im Gebiete des Karawat. 
Jetzt, wo sich infolge der relativ größeren Sicherheit 
ein starker Verkehr zwischen dem Nordstamm der 
Gazelle und dem Baininger zu entwickeln beginnt, 
dringt dieser wertvolle Baum immer mehr land- 
einwärts. Im Quellgebiet des Patongo erzählten 
die Leute auf meln Befragen, warum sie keine Kokos 
hätten, daß diese bei ihnen keine Früchte mehr zel- 
tigten. Doch kann ich dieser Behauptung keinen 
Glauben belmessen; denn das Fehlen der Seebrise, 
die man gewöhnlich als unumgänglich notwendig 
zum Gedeihen der Kokospalme angibt, halte ich nicht 
als genügenden Grund für das Nichtvorhandensein 
derselben. Es kommen ja auch Ortlichkeiten in 
Baining vor, wie z. B. die bereits erwähnte Gegend 
am Oberlauf des Karawat, wo sie vortrefflich fort- 
kommt, und wo doch von einer Einwirkung der 
Seebrise schlechterdings nicht die Rede sein kann. 
Der Eingeborne hatte, da die Kokos nicht in seinem 
Gebiet vorkam und ihre Nüsse auch keinen Bestand- 
teil seiner alltäglichen Nahrung bildeten, wenig Grund, 
sich dieselbe zu verschaffen oder anzupflanzen. Sie 
war ihm und ist ihm auch jetzt noch im größten 
Teil von Baining eine entbehrliche Delikatesse. Die 
Kultur der Palme würde ihm allerdings zwar nur 
wenig Mühe verursachen, allein er ist zu faul und 
gleichgültig und übrigens kann er sich, wenn sein 
Herz nach Nüssen lüstern ist, genug bei den Küsten- 
bewohnern um Taros erstehen. Dieselbe Bewandtnis 
hat es mit den Mandel-, Brotfrucht= und Areka- 
bäumen. Man begegnet diesen Baumarten nur in 
Nord= und West-Balning; in Ost-Baining, wo sie 
als große Seltenheit gelten, habe ich sie nur ganz 
vereinzelt angetroffen. 
Die elngeführten Fruchtbäume, wie Mango, 
Carica Papaya, Paradies= und Sauer-Apfel bürgern 
sich nur sehr schwer ein. Der Eingeborne ißt hin 
und wieder elne solche Frucht, lobt sie, aber an- 
pflanzen wird er sie nicht. Er ist zu träge und 
  
begnügt sich mit dem, was die Scholle selt seiner 
Väter Zeiten hervorbringt. Baumfrüchte bilden 
überhaupt nur einen ganz nebensächlichen Bestand- 
teil seiner Nahrung. 
Die weilaus wichtigste Nutzpflanze für den Bal- 
ninger ist die Taro; sie versteht er vortrefflich an- 
zubauen. Wer Gelegenheit hat, den Eingebornen bel 
dieser Arbelt zu beobachten, wird gestehen müssen, 
daß er Geschick zur Tarokultur hat und weder Mühe 
noch Arbeit scheut, um reiche Ernten zu erzielen. 
Der fette Boden Bainings ist überdies der besie, 
den man sich für diese Knollenart wünschen kann. 
Die Banane nimmt die zweite Stelle unter den 
Nährpflanzen ein. Bams und Süßkartofseln werden 
hie und da bloß der Seltenheit wegen zwischen den 
Taros gezogen, aber nicht gegessen, da sie auf dem 
fetten, feuchten Boden zwar üppig gedeihen, aber 
einen wässerigen Geschmack erhalten sollen. Sehr 
viel hält der Baininger dagegen auf Gemüse, teils 
eine eigene Gemüsepflanze, eine Art Kohl, teils auch 
das Herz der Taro und Blätter verschledener 
Straucharten. 
Ausführlicher werde ich die Nutzpflanzen der 
Baininger in dem Kapitel Feldarbeit und Tarokultur 
beschreiben. 
III. 
Die Baininger Küste. 
Die Westküste von Baining ist eine vielgestaltige 
und landschaftlich großartige. Die Gebirge erscheinen, 
da sie in geringer Entfernung vom Strande sich 
aufbauen, täuschend hoch und erinnern deshalb um- 
somehr an die Majestät der heimatlichen Bergmassen. 
Die zahlreichen Risse und die vielen Sandbänke, 
welche zerstreut in geringer und größerer Entfernung 
die Küste umlagern, erschweren die Schiffahrt un- 
gemein. Das Unglück des englischen Forschers Powell 
sowle das Auflaufen des Dampfers „Isabell“ in 
der Nähe des mit Risfen umgürteten Ellandes Urar 
sind hier noch in frischer Erinnerung. An guten 
Häfen ist die Küste arm, da die Buchten entweder 
zu klein oder wegen ihrer offenen Lage den hier 
herrschenden Winden zu sehr ausgesetzt sind. Größere 
Dampfer bleiben daher auf ihren Fahrken immer in 
respektvoller Entfernung von der gefährlichen Küste 
Neu-Pommerns ab. Jetzt, nachdem die „Möwe“ 
diese Strecke vermessen hat, und die vollständige 
Karte herausgegeben ist, wird das Befahren der- 
selben mit weniger Schwierigkeiten und Gefahren 
verbunden sein. Die größten Buchten, welche selbst 
wieder zahlreiche Zugänge ins Land bilden und 
kleinen Fahrzeugen Schutz und Ankergrund gewähren, 
sind der eigentlich unrichtig benannte „Weberhafen“ 
— es müßte heißen „Weberbucht“ —, ferner die 
Buchten von Loan und Lassul, Marangassik und ein 
Teil der offenen Bucht. Die besten und sichersten 
Hasenplätze sind im Weberhafen von Mandres, in 
der Massawa-Bucht und der Powell-Hafen an der 
Westküste. Das unmittelbare Ufergelände vom
	        
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