Soweit sich in diesen Blocks herrenlose Länderelen
befinden, unterliegen diese dem Aneignungsrecht der
Interessenten. Auf diese Weise ist ermöglicht worden,
daß schon jetzt jeder sein Land vermessen lassen kann,
was sonst sehr viel Zeit in Anspruch genommen
und große Kosten verursacht hätte.
Die Verhandlungen über die Kalanlage in
Daressalam und das damit zusammenhängende
Leichtergeschäft waren in der ersten Hälfte des Be-
richtsjahres sowohl mit der Kolonialabteilung des
Auswärtigen Amtes als auch mit der Deutschen
Ost-Afrika-Linie in allen Hauptpunkten so weit ab-
geschlossen, daß wir auf Grund der wechselseitig
übernommenen Verpflichtungen am 1. Juli eine
„Hafenabteilung der Ostafrikanischen Eisenbahngesell-
schaft und der Deutschen Ost-Afrika-Linie“ zum Be-
triebe des hauptsächlich durch unseren eigenen Be-
darf versorgten Leichtergeschäfts provlsorisch ein-
richten und der Firma Hansing & Co. zur Ver-
waltung übertragen konnten. Als es jedoch zur
Zeichnung der Verträge kommen sollte, entstanden
— ohne Verschulden auf unserer Seite — uner-
wartete Schwierigkeiten, die völlig neue Verhand-
lungen nötig machten. Unberührt davon wurde der
Bau der Hafenanlagen stetig fortgeführt; ihre Voll-
endung wird noch für dieses Jahr erwartet.
Zwecks Verlänger ung unserer Bahn bis
Kilossa haben wir die weitere Strecke zunächst unter-
suchen und alles vorbereiten lassen, um bei einer
Vorlage an den Relchstag so gerüstet zu sein, daß
wir bei Bewilligung der erforderlichen Garantie un-
mittelbar weiterbauen können. Eine Unterbrechung
des Baues würde zum Schaden des Reiches und
der Kolonle sowohl den Bau der jetzigen Strecke
als auch den Weiterbau erheblich verteuern. An
der Notwendigkeit des Weiterbaues kann nach den
traurigen Lehren der letzten Zeit kaum ernstlich mehr
gezwelfelt werden. Das ist auch in der Denkschrift
des Gouverneurs Grafen v. Götzen über die Ur-
sachen des Ausstandes in Deutsch-Ostafrika 1905
eindringlich zum Ausdruck gebracht.
Die mit unserem Bahnbau verknüpften Er-
wartungen hinsichtlich der wirtschaftlichen Ent-
wicklung Deutsch-Ostafrikas werden sich, wie wir
hoffen, ähnlich wie bei der englischen Ugandabahn
bestätigen, umsomehr, da schon jetzt, noch ehe die
Bahn ihre eigentliche Wirkung entfalten kann, ein
lebhafter Ausschwung zu bemerken ist.
Der Gesamthandel hatte in den Jahren vor
1903 in den sich fast gleichbleibenden Zahlen kelne
Entwicklung gezeigt. Von da ab stiegen die
Zahlen für
Ausfuhr Einfuhr
von Mk. 5 283 290 8 858 460 i. J. 1902/08
auf - 7 054 207 11 188 052= 190304
: .8950 565 14 338 888- 1904/05
Hiervon gingen über die Binnengrenzen
Ausfuhr Einfuhr
Mk. 315 301 Mk. 499 246 i. J. 1903
1284 280 *. 1448 307= 10
398
Der auffallende Unterschied in den letzten Ziffern
ist hauptsächlich dem Umstande zuzuschreiben, daß
wegen der mangelnden Verbindung des Gebietes
am Viktorla Nyanza mit unserer Küste die Güter
durch die Ugandabahn über die englische Grenze
abgeleitet werden. Vor dem Bestehen der Uganda-
bahn konnten natürlich aus jener Gegend nur wenige
Produkte den Landtransport bis zur Küste ver-
tragen; von vielen unterblieb deshalb die Produktion
gänzlich. Auch der Handel mit den fruchtbaren
und stark bevölkerten Gebieten am Tanganyita= und
Nyassasee wird uns so lange verloren gehen, als
unsere Küste keine Verbindung mit den Seen besitzt.
Die besten Ergebnisse brachte von allen Plantagen-
betrieben die Sisalkultur, die sich in unserer
Kolonie außerordentlich schnell ausgebreitet und hohe
Gewinne abgeworfen hat; auch wenn sich diese bei
steigendem Angebote ermäßigen sollten, so würde
selbst bei niedrigeren Preisen die Kultur noch immer
lohnend sein. Dabel ist zu berücksichtigen, daß der
Bedarf des Marktes noch bei weitem nicht befriedigt
werden kann und sich immer neue Verwendungs-
zwecke für den Sisalhanf infolge selner Vorzüge vor
anderen Hanfarten bieten. Es ist begründete Hoff-
nung vorhanden, daß Deutsch-Ostafrika in einigen
Jahren bet intensiver Wirtschaft und genügendem
Arbeitermatertal sicher auf zehn Millionen Sisol-
pflanzen rechnen kann, die einen Jahresertrag von
mindestens 10 000 t Hanf im Werte von 7 bis
8 Millionen Mark geben und den ungefähren Be-
darf Deutschlands decken würden. "
Aus Deutsch-Ostafrika wurden an Faserpflanzen
(außer Baumwolle) exportiert:
im Jahre 1903 633 598 kg gleich Mk. 407 768.—
.!10904 1 164 116 711 908.—
und im ersten Vierteliahre 1905 für Mk. 260 597.—
gegen " 1904 150 602.—
Auch der Ertrag der Kautschukkultur ist im
Steigen begriffen, trotzdem sie noch immer unter
der als Raubbau zu bezeichnenden unwirtschaftlichen
gsnhniel der Eingeborenen zu leiden hat.
Man hofft aber, daß die Kautschukproduktlon durch
einen rationell betriebenen Plantagenbau, wie er jetzt
an einigen Stellen begonnen ist, bedeutend gehoben
wird.
Die Ausfuhr über die Küstengrenze hatte
im Jahre 1902 einen Wert von Mk. 1 210 017.—
- 3 - 1 993 848—
1904 2225 670.—.
Die zur Einführung des Baumwollbaues auf-
gewandte Mühe zeigt bereits Erfolge, die Anregungen
zu einer größeren Pflege dieser Kultur an vielen
Orten gegeben haben. Wenn auch z. Zt. noch nicht
an eine große Volkskultur gedacht werden kann, so
ist es doch erfreulich, daß sich in verschiedenen
Küstengebieten eine nennenswerte Anzahl Eingeborener
selbständig mit dem Baumwollbau beschäftigte.
Während 1908 über die Küstengrenze nur
9272 kg für Mk. 7313.—
- -
-Ê 150 ---
-
- s