Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVII. Jahrgang, 1906. (17)

Systemwechsel beantragt, als eine von den Weißen 
gewählte Deputation an Stelle des bisherigen 
militärischen Distriktschefs einen Zivil-Distriktschef 
wünschte. 
Auf die Klage der Weißen, daß die Bastards 
in Rehoboth keine Bauplätze verkaufen, sondern nur 
auf 5 Jahre verpachten wollten, wurde den Bastards 
angeraten, den Weißen die Möglichkelt zu gewähren, 
sich in Rehoboth Grund und Boden zu erwerben 
und hierfür womöglich ein bestimmtes Gebiet zu 
bestimmen, wozu das Gelände am zukünftigen 
Bahnhof als geeignet bezeichnet wurde. 
An dem südwestlich von Rehoboth befindlichen 
Flusse ist vom Distriktsamt viel Wasser ausgemacht 
worden, das anscheinend sehr viel besser ist als das 
der Quellen auf dem Platze und hinreichend für 
den späteren Bahnbetrieb sein dürfte, wofür es in 
Aussicht genommen ist. 
Nach meinen eigenen Beobachtungen, die mit 
denen des Distriktschefs, der Weißen am Platze, 
insbesondere auch der Mission übereinstimmen, sind 
die Bastards mit der Neuordnung der Dinge 
durchaus einverstanden. Sie sehen es offenbar selbst 
ein, daß angesichts der grundlegenden Umgestaltung 
der Dinge im Schutzgebiete das Festhalten an der 
Kapitänschaft zwecklos und ihren eigenen Interessen 
nicht dienlich sein würde. Die durchaus freundliche 
Gesinnung gegen dle deutsche Regierung und Zu- 
friedenheit mit dem gegenwärtigen Zustande erhielten 
auch dadurch Ausdruck, daß Vorsteher und Rat auf 
meine bezüglichen Darlegungen ohne jegliches Be- 
denken einstimmig erklärten, daß das für den Bahn- 
bau und die Stationen usw. erforderliche Land un- 
entgeltlich hergegeben werden sollte. 
Ein Besuch der Schule zeigte mir, daß die 
Bastardskinder unter Missionar Blecher recht gute 
Fortschritte im Deutschen gemacht haben. 
An Großvieh befindet sich im Bastardlande nach 
zuverlässiger Schätzung noch 10000 bis 11000 Stück, 
troydem vor einiger Zeit der Viehbestand durch 
Milzbrand und jetzt durch Lungenseuche nicht un- 
bedeutend gelitten hat. Es ist nicht anzunehmen, 
daß sehr viel Vieh durch Verkauf aus dem Bastard- 
land in die Hände weißer Ansiedler gelangen wird, 
immerhin bildet es eine höchst wertvolle Reserve für 
das von Muttervieh nahezu entblößte Schutzgebiet. 
Ganz besonders zu erwähnen ist unter den 
Bastards der energische und tüchtige Bastardrichter 
Dirk van Wyk in Kobus wegen seines großen Vieb- 
bestandes und seines Dammbaues, in den er viel 
Geld hineingesteckt und auf den er viel Mühe ver- 
wandt hat. Er ist der fortschrittlichste unter den 
Bastards, was Vieh- und Ackerwirtschaft betrifft, und 
züchtet rationell, indem er sich Simmenthaler Bullen 
und Rambouillet und Böcke aus Deutschland 
kommen läßt. 
Am 1. März wurde über Kobus nach Areb und 
Nauchas geritten, wo sich das Landeshauptgestüt 
befindet. 
  
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Der Bestand an Stuten ist bei dem Gestüt ein 
günstiger zu nennen. Doch ist außer dem Ankauf 
eines Hengstes, worüber besonders berichtet wird, 
eine Erhöhung der dauernden Stutenzahl von 100 
bis 120 auf 200 von mir in Aussicht genommen. 
Es liegt jederzeit dlie Möglichkeit vor, daß der 
afrikanische Pferdemarkt einmal geschlossen wird, 
nachdem er infolge Ausverkaufs jetzt schon so gut 
wie versagt, und die Farmer werden frühestens in 
6 bis 7 Jahren so weit sein, den Bedarf für die 
Schutztruppe in ihrer zukünftigen Stärke annähernd 
zu decken. Es mag hilerbei erwähnt werden, daß 
das Stutenmaterlal des Gestüts ein ganz vor- 
zügliches ist. 
In Nauchas und Areb wurde das Aufmachen 
von Wasserstellen angeordnet, um das treffliche 
Weidefeld besser auszunützen. 
Auf dem Rückweg nach Windhuk wurden ver- 
schiedene Farmen, die unter militärischer Bedeckung 
wieder in Betrieb genommen worden sind, be- 
sichtigt. . 
Selt meiner letzten Anwesenheit vor 7 ½2 Jahren 
ist gar manches in der Erschließung von Wasser 
getan worden. Farmer Maiburg errichtete mit 
Regierungsßunterstützung einen Damm, um den von 
seinem Brunnen weiter abgelegenen Teil seiner Farm 
für Weidezwecke nutzbar zu machen, Farmer Rusch 
in Lichtenstein und der Verwalter des Herrn Erd- 
mann in Aris, Herr Schulz, haben Windmotore 
aufgestellt und damit große, sehr gut gedeihende 
Gartenanlagen und Kartoffelfelder geschaffen. In 
Lichtenstein ist in großer Höhe viel Wasser gefunden, 
das ein für Gartenbau sehr geeignetes Tal voll- 
ständig bewässert, so daß auf guten Erfolg gehofft 
werden kann. Auch andere Farmer haben mit 
Gartenanlagen begonnen. Man darf es als eine 
immerhin erfreuliche Folge des Krieges bezeichnen, 
daß die Farmer mehr als früher auf den Land= und. 
Gartenbau hingefährt worden sind. 
Die besichtigten 8 Farmen wlesen einen Bestand 
von etwas über 1300 Stück Großvieh, meist Mutter- 
vieh, und dreimal soviel Kleinvieh auf, doch ist 
denselben die Erhaltung dieses für den Wiederbeginn 
der Zucht so wichtigen Viehs nur dadurch möglich 
gewesen, daß die betreffenden Farmer meistens ander- 
weitig in Schulden gerieten. Es ist daher eine 
Fortführung ihres Farmbetriebes nur bei vollster 
Entschädigung möglich, andernfalls ein Zusammen- 
bruch so gut wie gewiß. 
Die Weide war auf dem ganzen von mir durch- 
reisten Gebiet vorzüglich. Auch die am entferntesten 
gelegenen Farmen waren seit mehreren Monaten 
nicht mehr von Hereros oder Hottentotten heim- 
gesucht oder belästigt worden.
	        
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