Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVII. Jahrgang, 1906. (17)

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Clearance Certificate“ erhalten hat. Zu diesem Zweck 
muß er dem Immigration Osffscer eine Liste vor- 
weisen von allen abgemusterten Seeleuten, allen 
Deserteuren und allen in einer Krankenanstalt oder 
in Gefangenschaft zurückgelossenen Mannschaften sowie 
von den Seeleuten, die er an Stelle der Ausge- 
schiedenen angemustert hat. 
Für jeden fehlenden, in der „Prohibited List“ 
ausgeführten Seemann sind 10 8 zu hinterlegen. 
Für das Fehlen anderer Seeleute hat der Schiffs- 
führer nicht aufzukommen, sofern er nur dem Immi- 
gration Officer den Nachweis erbringt, daß er die 
gleiche Anzahl von Seeleuten bei der Ausfahrt an 
Bord hat wie bei der Ankunft des Schiffes. Sollte 
indessen ein Seemann, der nicht in der „Prohibitable 
List“ aufgeführt war, nachträglich als „prohibitable“ 
bezeichnet werden und bei der Abfahrt des Schiffes 
sehlen, so muß sich der Schiffsführer durch ein von 
dem Agenten seiner Reederel mitgezeichnetes Schrift- 
stück verpflichten, gegebenenfalles später für die Fort- 
schaffung des Mannes Sorge zu tragen, ohne daß 
der Regierung der Kapkolonie Unkosten dadurch 
erwachsen. 
Die Erteilung des „Clearance Certificate“ soll. 
den Schiffsführer der Verantwortlichkeit für spätere 
Desertionen bis zur Abfahrt nicht entheben. Auch 
soll er bis zur Abfahrt auf Verlangen des Immi- 
gration Officer verpflichtet sein, das „Clearance 
Certtficate“ bei diesem zu hinterlegen, um dadurch 
eine nochmalige Musterung und etwaige Maßregeln 
zu ermöglichen, die nachträgliche Desertionen oder 
Entweichungen erforderlich machen. 
Abschnitt VI weist noch besonders auf die strengen 
Strafen hin, mit denen das Gesetz das Einführen 
von Chinesen bedroht. 
Suchtversuche in den punzab- Rolonien. 
Die Schlagfertigkeit des indischen Transport- 
wesens hängt in allererster Linie von den Erfolgen 
ab, welche die Pferde-, Kamel= und Maultlerzucht 
in den Punjab-Bewässerungs-Kolonien zeltigen. Was 
die letztgenannte betrifft, so ist mon mit ihr schon 
aus dem Versuchsstadlum heraus und man hat einen 
Weg gefunden, der zu sicherem Erfolge führen wird. 
Man betreibt die Maullierzucht, indem man dem 
Cambadar oder Dorfältesten einen besonderen Land- 
antell zuweist, unter der Bedingung, daß er eine 
bewährte Stute zu weiterer Aufzucht hält. In der 
Chenab-Kolonie belief sich die Zahl solcher Camba- 
dars, die diese Bedingung eingegangen sind, im 
letzten September auf 1113. Doch die Zahl ver- 
mehrt sich von Tag zu Tag. 
Die Aufzucht von Maultieren ist keineswegs 
teuer und schon aus dem Grunde wird sie gern 
betrieben, da eine Stute, die zur Weiterzucht als 
geelgnet gefunden wird, dem Züchter einen Preis 
von 150 bis 200 Rup. bringen kann. 
  
Es ist schon jetzt eine ganze Anzahl junger Maul- 
tiere in der erwähnten Kolonie vorhanden, denn im 
allgemeinen liebt der Bauer nicht, sich sofort von 
dem jungen Nachwuchs zu trennen. Er wartet 
lieber, bis sie älter geworden find und verkauft sie 
dann natürlich zu höherem Preise. 
Die indische Regierung beratschlagt augenblicklich 
über einen Vorschlag, in Zukunft nur solchen An- 
siedlern Landantelle in der Kolonie zu gewähren, 
welche die Maultierzucht als damit verbundene Be- 
dingung auf sich nehmen wollen. 
In einigen geeigneten Teilen der Chenab-Kolonie 
ist auch Baluchis Land bewilligt worden zur Be- 
treibung der Kamelzucht. Doch mit Recht ist man 
besorgt, daß, je mehr die Kolonie sich entwickelt und 
je wertvoller der Boden wird, die Kamelzucht desto 
mehr in den Hintergrund gedrängt wird. 
In der Thelum-Kolonie betreibt man die Pferde- 
zucht unter denselben Bedingungen, wie die Maultier- 
zucht in der Chenab-Kolonie. Man gewährt Extro- 
Landanteile für das Halten einer bewährten Zuchtstute. 
Das Risiko der Pferdezucht für den Bauer ist natürlich 
ein größeres, denn der Verlust, der durch Krank- 
beiten, die früher in dieser Kolonie häufig waren, 
durch Eingehen der Tiere oder durch Diebstahl ein- 
treten kann, ist ein empfindlicher. Mon sieht aber 
auch inbetreff der Pferdezucht hoffnungsvoll in die 
Zukunft. 
Sollte eine Thelum-Remonte den Anforderungen, 
die in den britischen Kavallerie-Regimentern gestellt 
werden, nicht genügen, findet sie melstens in einem 
Native-Kavallerle-Regiment Aufnahme. 
  
Bau einer Eisenbahn in Norduigerta. 
In England wird beabsichtigt, das Eisenbahnnetz 
in Nigeria nordwärts auszudehnen, um insbesondere 
die Landschaften Gando und Sokoto in Nordnigeria 
außzuschließen, die einen vorzüglichen Markt für die 
englische Einfuhr abzugeben versprechen. Im Unter- 
hause erklärte der Unterstaatssekretär des Kolonial= 
amts auf eine Anfrage, daß demnächst genaue Pläne 
für den Bau dieser Bahn ausgearbeitet würden. 
Dem Jahreebericht von Bvitisch-Nordnigeria 
flr das Jahr 1904“) 
wird folgendes eninommen: 
Die Organisation der Verwaltung hat sich im 
laufenden Jahre weiter ausgedehnt. Der Gouver= 
neur hat eine Rundreise durch die Kolonie gemacht, 
hierbei die herrschenden Emirs, die mit Bewilligung 
der Regierung eingesetzt waren, förmlich in ihr Amt 
eingeführt und ihnen zum ersten Male den Treueid 
abgenommen. Das System, die Eingeborenenhäupt- 
linge zu belassen, hat befriedigende Ergebnisse ge- 
*) Für 1903 vgl. D. Kolontalblatt 1905 S. 331.
	        
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