Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVII. Jahrgang, 1906. (17)

awa. Die Bedeutung der letzteren Bezeichnungen 
entgeht mir. 
Die aufgezählten Nachbarstämme der Baininger 
sind fast alle weniger unter sich, als vom Baininger 
verschieden. Der Taulll ist kaum vom Küsten- 
bewohner zu unterscheiden. Der Nakanai, zumal der 
am Fuße der feuerspeienden Berge ansässige, nähert 
sich zwar schon bedeutend dem Papuatypus, doch hat 
er im Laufe der Zeiten und im steten Verkehr mit 
dem Bewohner des nordöstlichen Teiles der Goazelle 
#an Ursprünglichkeit erheblich eingebüßt. Der Bal- 
ninger ist von allen an Körperbau, Sprache und 
Sitten verschieden. Er hat ohne Zweifel das un- 
vorteilhafteste Kußere von allen. Sein Wuchs ist 
gedrängt, der Leib dick; der übermäßig vorstehende 
„Bauch“ ist bei seinen Nachbarn sprichwörtlich ge- 
worden; der Kopf ist viereckig, die Nasenflügel weit, 
die Nasenwurzel stark plattgedrückt, der Mund, be- 
sonders bei älteren Männern, unästhetisch weit, so 
doß er beim Sprechen stets die schmutzig roten, vom 
Betel gefärbten Zähne erblicken läßt; die unteren 
Lippen sind zuweilen etwas dick. Die Beine sind 
gespreizt nach außen stehend. Die breiten, nichts 
weniger als graziösen Füße haben weit voneinander 
getrennte Zehen. Die Waden sind wie bei allen 
Bergvölkern stark entwickelt, die Füße platt, und der 
Gang infolge des beständigen Bergsteigens verrät 
wenig Grazie und ist im Vergleich zu dem des 
Uferbewohners wie der Gang eines Bauern zu dem 
eines Offiziers. Auch seine plumpen, schwieligen 
Hände und die muskulösen, unästhetischen Arme 
dürfen bei der Skizzierung seines Bildes nicht über- 
sehen werden. - 
Die Statur des Nordwest-Bainingers bleibt 
durchschnittlich unter Mittelgröße, im Osten und 
Süden dagegen ist der Wuchs höher und das Außere 
vorteilhafter. Die Ursache mag darin liegen, daß 
der Ost- und Süd-Baininger infolge seiner Tapfer- 
keit, besonders aber wegen der weiten Entfernungen, 
die ihn von seinen Feinden trennen, seine Unab- 
hängigkeit besser zu wahren verstanden hat. Die 
Stirne des Bainingers ist flach und schmal, sein 
Auge matt, wie umflort, sein Blick schüchtern und 
surchtsam, ja zaghaft. Die Haut ist von schmutzig 
brauner Farbe und fühlt sich sehr rauh an. Auch wenn 
die Leute dem Bade entsteigen, gewinnt sie nicht an 
Glanz und Geschmeidigkeit. Die neugebornen Kinder 
haben stets einen weißen Teint, der aber schnell ins 
Dunklere übergeht. Albinos sind wenigstens bel den 
Nordwest-Bainingern zlemlich häufig. Das Kopfhaar 
ist dicht kraus und wird kurz getragen. Die Sitte, 
aeeinhuölen oder mit Ocker oder Kalk einzureiben, 
wur nur in geringem Umfang und bel gewissen 
elegenheiten geübt. Der siruppige Bart, wird nicht 
ang getragen; meistens reißen sie ihn ganz aus. 
Arme und Bruft sind oft dicht mit Haaren bet und 
verleihen dem Baininger dadurch ein wildes Außere. 
Für Bart, Haar und Gesicht hat er wenig Pflege übrig. 
Er ist überhaupt kein Freund von Schmucksachen 
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und Reinlichkelt. Es ist sonderbar, welche Scheu 
der Baininger vor Wasser hat. Fast in allen 
Schluchten sprudelt ein Quell oder braust ein Wild- 
bach und ladet ihn zu einem erfrischenden, relnigenden 
Bade, allein dazu kann er sich nur selten entschließen. 
Er fühlt sich wohl in seinem Schmutze, und sein 
ästhetisches Empfinden ist nicht beleldigt, wenn er 
am Morgen ungewaschen und ungereckt der warmen 
Asche entsteigt, und ihm später bei der Arbelt der 
Schweiß wie in Rinnsalen über den Körper läuft 
und seine Person uns zum ekelhaften Anblick wird. 
Die Frau kocht mit schmutzigen Händen, Vater und 
Kinder hocken mit unreinlichem Außern am Boden 
bei der Mahlzeit und fühlen sich wohl. 
Nur bei gewissen Gelegenheiten, z. B. vor elnem 
Tanze öder beim Fischfang erkühnt sich einer, den 
Leib zu waschen, oder gießt eine Freundin an der 
Quelle mit dem wassergefüllten Bambusrohr Schweiß 
und Schmutz mitleidig vom Körper der Nachbarin. 
Ohren und Nasenflügel, die sich der Balninger 
durchsticht, schmückt er mit Knochen von Fleder- 
mäusen. Bei den Frauen dienen die durchbohrten 
und erweiterten Ohrlöppchen zur Aufnahme von 
kurzen Bambusröhrchen, die als Zigarrenspitze be- 
nutzt werden. Brust, Arme und Rücken zeligen oft 
kleine Anschwellungen und Narben, die in gewisser 
Symmetrie stehen. Sie werden beigebracht, indem 
man einen trennenden Grashalm oder eine solche 
Kokosblattrippe auf die Haut stößt. Gewöhnlich 
vertreiben sich Kinder damit die Zeit. 
Der erste Anblick eines Bainingers, zumal eines 
echten, der noch wenig mit zivilisierten Individuen 
anderer Stämme verkehrt hat, ist geradezu häßlich. 
Sogar die Kinder haben selten etwas Gewinnendes 
in ihren Gesichtszügen oder Anmutiges in ihren 
Körperformen, und vergebens suchen wir nach ein- 
zelnen Ausnahmen, wie z. B. solche unter den 
Uferleuten sich finden, noch mehr aber unter den 
Neu-Mecklenburgern und besonders auf den Admira- 
litätsinseln, wo wir Typen von klassischer Schönheit 
antreffen. 
Der Hauptzug im Charakter des Bainingers, 
die Schüchternheit und das stumpfsinnige Gebahren, 
äußert sich nicht nur auf seinem Gesichte, sondern 
auch in selnen Bewegungen und seiner Rede. Er 
braucht wenig Gebärden, um seine Worte zu unter- 
stützen. Das lebhafte Temperament, die Sicherheit 
des Austretens, die Augensprache versteht er nicht 
geltend zu machen. Er spricht gewöhnlich gelassen, 
ruhlg und fast leise, gleich als ob er beständig 
fürchte, seine Gegenwart zu verraten. Sein Lachen 
und der Ausdruck der Freude oder des Erstaunens 
werden erst natürlich, laut und herzlich, wenn er sich 
außer Gefahr weiß, oder er in Gesellschaft zahlreicher 
Nachbarn und Freunde arbeitet oder abends am 
lodernden Feuer die Tagesereignisse bespricht. Sogar 
beim Tanz, wo doch die verschiedenen Gemütsbewe- 
gungen sich am leichtesten äußern, kehrt das Melan- 
cholische in den Melodien, das Rohe, Ungeschlachte
	        
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