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dieserhalb in Verhandlungen mit ihnen einließ, aus
denen sie so gut wie ungeschädigt hervorgingen.
Am 19. Dezember hatte ich in Wiedhafen ein
Telegramm des Kaiserlichen Gouverneurs erhalten
des Inhalts, daß die vereinigten Abtellungen, Wan-
genheim und Grawert, am 13. Dezember von Kun-
gulio den Vormarsch auf Mahenge angetreten hatten.
Sie mußten nach melner Berechnung in Mahenge
eingetroffen sein, ehe die einzig in Betracht kommende
13. Kompagnie der Befehl zum Marsch nach Mahenge
erreichte.
Diese Tatsache und die oben angestellten Erwä-
gungen bewogen mich, die Verantwortung zu über-
nehmen, den stark verspätet eingetroffenen Befehl zum
Marsch einer Kompagnie nach Mahenge nicht sofort
auszuführen, sondern zum mindesten eine Klärung
der Lage in Kitanda abzuwarten.
Die 13. Kompagnie erhielt Befehl, in die Land-
schaft Kitanda einzumarschleren. Sie sollte von dort
aus versuchen, durch die Bewohner der angeblich treu
gebliebenen Landschaft Matumbi Verbindung mit der
Militärstation Mahenge und der Mitssionsstation
Lupemba aufzunehmen. Den Posten bei Niamtumbo
besetzte die Polizeiabteilung Ssongea. In dem bis-
herigen Lager der 13. Feldkompagnie am Likuyn
sollte die Kompagnie einen Posten zurücklassen.
Am 24. Dezember traf ich auf dem Militär-
posten Liganga ein. Dort fand ich eine Meldung
des Militärpostens Njamtumbo vor, daß starke
Haufen Aufständischer, Wangoni und Wangindo,
unter Chabruma Hanga, selinem Bruder Mohama-
kiro und dem berüchtigten Omari Kingalla, diesen
Posten bedrohten. Zur Verstärkung des Postens
sandte ich elne Abteilung der 13. Kompagnie unter
Oberleutnant Hudemann, die die Post von Mbaran-
gandu abgeholt hatte, in Eilmärschen dorthin. Ich
selbst gab meinen Abstecher zum Lager der 8. Feld-
kompagnie am Luhereha auf und kehrte direkt nach
Ssongea zurück.
Um den Eingeborenen nicht den Erfolg zu
gönnen, durch ihr Vorgehen meine Operationen
nachhaltig gestört zu haben, anderseits aber eine
Abteilung bei Njamtumbo einsetzen zu können, beließ
ich die 8. Feldkompagnie trotz der bedrohlichen
Nachrichten vorläufig in ihrem Gebiet und nahm
die bisherige Besatzung des Ruandapostens unter
Oberleutnant Frhrn. v. Wangenheim mit nach Ssongea.
Am 26. Dezember traf ich in Ssongea ein.
Am 28. erhielt ich die Meldung, daß Oberleutnant
Hudemann bei Njamtumbo allen Eventualitäten ge-
wachsen sel.
Die Truppenverteilung im Ssongea-Bezirk war
um diese Zeit folgende: 8. Feldkompagnie mit dem
Gros im festen Lager bei Luhereha, die 13. Feld-
kompagnie mit dem Gros bel Mohamakiro (Kitanda).
Die Straße Mbarangandu—Ssongea—Wiedhafen
gesichert durch Posten der 13. Feldkompagnie am
Likuyu, der Polizeiabtellung Ssongea bei Njamtumbo,
der 8. Feldkompagnie bei Liganga am Rovuma, der
Polizelabteilung Neu-Langenburg in Ruanda am
Njumassi. Wiedhafen, das längere Zeit verlassen,
aber merkwürdigerweise von den Aufständischen nicht
zerstört worden war, hatte Oberleutnant Albinus
sofort wieder besetzt. In Ssongea standen außer
dem Rest der Polizeiabteilung mit etwa 50 Askaris
mein Stab und der Zug des Oberleutnants Frhrn.
v. Wangenheim (insgesamt 6 Europäer, 65 Askaris,
25 Irreguläre).
Die Lage in Süd-Ungoni erschien mir so, daß
das Hauptgewicht der militärischen Operationen nach
Norden verlegt werden konnte. Die im Süden
herrschenden Sultane waren bis aus Mputa, der
aber auch nicht fähig schien, einen nachhaltigen
Widerstand zu organisieren, sämtlich ergrissen und
die Wangoni in diesem Gebiet anscheinend alle zur
Unterwerfung geneigt. Die auf hartnäckigen passiven
Widerstand stoßende Waffenablieferung konnte auch
von den einzelnen Posten durchgeführt werden.
Die 8. Feldkompagnie konnte jetzt also ihre
Nordwärtsbewegung antreten. Oberleutnant Flrhr.
v. Wangenheim marschierte am 30. Dezember mit
seiner Abteilung zur Besetzung des Postens Luhereha
dorthin ab. Nach seinem Eintreffen sollte die
8. Feldkompagnie in Chabruma Hangas eigentliches
Gebiet nördlich des Rutuktra vorgehen.
Ich selbst erledigte in Ssongea das Notwendige
und marschierte am 4. Januar 1906 mit meinem
Stabe zur 13. Feldkompagnie. Auf diesem Marsch
besichtigte ich die Militärposten Njamtumbo und
ikuyu.
Sowohl diese belden Posten als auch die anderen
bisher von Teilen des Expeditlonskorps erbauten
sind durchweg sehr gewandt angelegt und aufs
zweckmäßigste ausgebaut, so daß sie mit 15 zuver-
lässigen, mit Hinterladern bewaffneten Leuten besetzt,
dem Angriff jeder hier in Betracht kommenden Ab-
teilung widerstehen können. Eine stärkere Besetzung
wird dadurch nötig, daß die Posten imstande sein
müssen, Furaglerungen zu unternehmen. Es ist
Vorsorge getroffen, daß die Posten stets ausreichend
verproviantiert sind, um eine Einschließung zu über-
stehen.
Die zahlreichen kleinen Posten entziehen der in
der Front fechtenden Truppe wohl elne größere
Anzahl Streiter, sind aber, wie ich ausgeführt habe,
meines Erachtens das einzige Mittel, unbotmäßige
Landschaften völlig zu unterwerfen.
Am 12. Januar traf ich mit der 13. Feld-
kompagnie in der Landschaft Kitanda bei der Unter-
jumbin Mkomanire zusammen. Diese Mkomanire
hat im Aufstand eine große Rolle gespielt. Sie
soll die Verhandlungen zwischen Chabruma Hanga
und den Wangindo geleitet haben und hat während
des Aufstandes deren Oberhaupt, den Omart! Kingalla,
geheiratet.
Nach den Meldungen des Führers der 13. Feld-
kompagnie mußte ich annehmen, daß auch die Ein-
wohner Nord-Ungonis herzlich kriegsmüde selen.