Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

G 925 20 
Geschosse ab, und allmählich wurde eine Art be- 
waffnete Neutralität hergestellt. Mit einer Be- 
deckung von vier Eingeborenen und einem Weißen 
konnte ich nun schon ein weiteres wagen. 
Ich hatte am Morgen beobachtet, daß die 
Eingeborenen alle aus einer Richtung kamen, und 
dort das Dorf vermutend, schickte ich mich an, 
dieses aufzusuchen. Vorerst hielt ich es jedoch 
für geraten, den Insulanern eine kleine Schieß- 
probe vorzuführen, und feuerte einige Schüsse 
auf einen am Strande liegenden angetriebenen 
Baumstamm ab. Bei jedem Schuß duckte sich 
das ganze Volk wie auf Kommando, die Probe 
war jedoch von Erfolg, denn als ich nun nach 
dem Dorfe aufbrach, folgte mir der ganze Haufe 
in respektvoller Entfernung. Nach einem Marsch 
von etwa zehn Minnten erreichte ich das Dorf. 
Dieses liegt hinter einem Streifen von Gebüsch 
und Bäumen dicht am Strande und bildet eine 
lange Straße mit den Hütten der Eingeborenen 
an beiden Seiten. Die Hütten waren sehr pri- 
mitiv und bestanden aus auf dem Boden ruhen- 
den blattbedeckten Dächern, unter denen die 
Schlafpritschen der Eigentümer angebracht waren. 
Neben diesen Wohnhütten waren jedoch auch zahl- 
reiche kleinere Gebände vorhanden, welche zur 
Aufbewahrung von Nahrungsmitteln dienten; 
diese waren auf vier Anannshohen Pandanus- 
pfählen errichtet, etwa 2 bis 3 Meter lang und 
1 bis 1½ Meter breit. Die Dächer bestanden 
aus Pandanusmatten. Die Pfähle waren mit 
Pandanusblättern umwickelt, deren Glätte ver- 
hinderte, daß die auf der Insel zahlreich vor- 
kommenden Ratten die Ausbewahrungsräume 
heimsuchen konnten. Ahnliche Hütten sind aus 
Matty und Durour wie aus den Palauinseln 
bekannt. Fischgerät in ziemlicher Anzahl, Senk- 
netze, Handnetze und Hamen waren in großer 
Anzahl vorhanden, sonst enthielten die Häuser 
nichts von Belang. 
Nachdem das Dorf durchwandert, schickte ich 
mich an, einige photographische Aufnahmen zu 
machen. Die Aufstellung der Kamera wurde 
jedenfalls mit großem Mißtrauen betrachtet, meine 
Bedeckung deckte mir den Rücken, mein Revolver 
lag auf der Kamera, so daß ich nach allen Seiten 
gesichert war, und nach Verteilung kleiner Ge- 
schenke gelang es mir, einige brauchbare Auf- 
nahmen zu machen. Die offenbare, wenn auch 
nicht zu Tätlichkeiten gediehene Feindschaft der 
Eingeborenen bewog mich jedoch, meinen Besuch 
abzukürzen. Der Knall meiner Flinte hatte un- 
zweifelhaft die Leute eingeschüchtert; ich durfte 
jedoch annehmen, daß man die tödliche Wirkung 
der Feuerwaffen nicht kannte, und weiß aus 
Erfahrung, wie leicht in diesem Falle sich Ein- 
geborene verleiten lassen, einen Angriff zu unter- 
  
nehmen, sobald die erste Scheu überwunden ist. 
Wir zogen uns daher in guter Ordnung nach 
dem Landungsplatz zurück, und ich war bereits 
ins Boot gestiegen, als die Eingeborenen, die 
uns gefolgt waren, den Bootsmann, der am 
Strande noch einige Perlen verteilen wollte, mit 
Knütteln überfielen. Einer meiner Farbigen 
feuerte sofort einen Schreckschuß, und dieser hatte 
den gewünschten Erfolg, denn der Haufe stob 
schleunigst auseinander. Ich hatte jedoch noch 
einen unerwarteten Aufenthalt dadurch, daß einer 
der mich begleitenden Sankt-Matthias-Leute, der 
mit einem Speer bewaffnet war, plötzlich ein 
lautes Kriegsgeschrei anstimmte und in langen 
Sätzen, seinen Speer schwingend, hinter den Insu- 
lanern hersetzte. Der Bootsmann und zwei meiner 
Leute mußten nun hinterhergeschickt werden, um 
den tapferen Krieger zurückzubringen. Dieser 
hatte den ganzen Haufen bis zu dem Dorfe vor 
sich her gejagt, hier machten die Eingeborenen 
jedoch Halt, und ein wahrer Steinregen dämpfte 
den Heldenmut des Verfolgers dermaßen, daß er 
sich schleunigst zurückzog. Dies ermutigte wiederum 
die Insulaner zu einem Gesamtangriff, und ich 
war froh, als ich endlich alle Leute in den Booten 
hatte und durch die Brandung gehen konnte. 
Einige Schüsse hielten zwar die Angreifer in 
respektvoller Entfernung; dennoch erreichte uns 
eine Anzahl ihrer Wurfgeschosse, glücklicherweise 
ohne Schaden anzurichten. 
75 
Deutsch-Ostafrika:. 
Vom eisenbahnbau Daressalam—corogoro. 
Dem Bericht des Daressalamer Baubureaus 
der Firma Philipp Holzmann & Co. über den 
Fortschritt der Bauarbeiten an der Eisenbahn 
Daressalam—Morogoro vom 1. April bis 30. Juli 
1907 ist zu entnehmen: 
Die Erdarbeiten sind bis Kilometer 188 ganz 
fertiggestellt. Auf der Endstrecke bis Morogoro 
sind nur noch etwa 30 000 chm eines im allge- 
meinen leichten Bodens zu bewegen. Es ist 
anzunehmen, daß diese Arbeiten Anfang Sep- 
tember d. Is. beendet sein werden. 
Von Daressalam bis Kilometer 100 sowie in 
der Sektion IV sind alle Brücken fertig. Das 
Manerwerk für die Brücken in den Sektionen III 
und V ist in der Ausführung begriffen und wird 
voraussichtlich in etwa zwei Monaten fertiggestellt 
sein. Stellenweise werden diese Arbeiten durch 
den gegemwärtig herrschenden Wassermangel sehr 
erschwert, da das Wasser bis zu 7 km weit nach 
den Baustellen gebracht werden muß.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.